In der Ausgabe Januar/Februar 2007 findet Ihr:


Töne aus dem hohen Norden
--Schäl Sick Brass Band
Offener Blick über den rheinischen Tellerrand

Von Sylvia Systermans
Folker 1/2007

„Ich setze mich nicht mehr unter Druck“
-- Mary Black
2007 wieder in Deutschland unterwegs

Von Markus Dehm

Phantasie auf allen Ebenen
-- Dikanda
Weltfolklied aus Stettin

Von Luigi Lauer

„Für die, die ohne Stimme sind“
-- Der Dichter Theodor Kramer
Ein Porträt zum 110. Geburtstag

Von Sylvia Systermans

Berliner in Brasilien
-- Schnaftl Ufftschik
Kollege Kuddelmuddel oder Hinterhof goes weite Welt

Von Michael Laages

Adios for now!
-- Steve Skaith
Die Stimme von Latin Quarter kehrt nach Europa zurück

Von Willi Rodrian

Korruption im Musikbetrieb Brasiliens - Künstler lehnen sich auf
-- „Payola“ in den USA,
Jabaculê“ in Brasilien -
und in Deutschland?

Von Klaus Hart

Exklusiv auf www.folker.de:
Mehr argentinischer Woody Guthrie als Bob Dylan
-- León Gieco
Ehrung durch die Latin Recording Academy

Von Martin Steiner

Der Weg zurück nach vorne
-- Richard Bargel - Bluesmusiker

Von Achim Hennes
Woanders - nicht in Frankreich
-- Mittelmeermischkultur „Made in Marseille“

Von Martina Zimmerman

Raus aus dem Mittelalter
-- Qntal
Eine Band erfindet immer bessere alte Musik

Von Christian Rath

Mit Charme und Tiefgang auf Erfolgskurs
-- Die Strottern
Das Wiener Lied im neuen Gewand

Von Suzanne Cords

Wo die kulturelle Identität noch existiert
-- Québecs new-trad-Musik
Die Tradition lebt weiter

Von Dana Whittle

Frischer Nordwind aus Kanadas Osten
-- Le Vent du Nord
La joie de vivre
in der Musik

Von Uli Joosten

-- Gastgedanken
„Magische Wirkungen...“

Von Jan Reichow

Labelporträt (26):
-- Jaro

-- Heimspiel
Volksmusiktage

Plattenprojekte
-- O bittre Zeit - Lagerlieder 1933 bis 1945

-- Noten ohne Quoten
Eine Stimme für das deutschsprachige Lied

Von Nikolaus Gatter

-- Charts
go editorial
--> Ferner liefen...  
-- Impressum

Editorial

Liebe Musikfreundinnen und -freunde,

wenn Sie in dieser Ausgabe den lange überfälligen Bericht über die polnische Band Dikanda lesen - ihre CD Usztijo wurde vor genau einem Jahr an dieser Stelle zur Folker!-CD des Jahres 2005 gekürt - werden Sie wahrscheinlich fragen: „Genau, was ist eigentlich mit der im letzten Heft sogar noch angekündigten Folker!-CD des Jahres 2006?“ Die Redaktion hat sich kurzfristig entschieden, dieses Mal von der Wahl einer CD des Jahres abzusehen. Das heißt nicht, dass sie damit abgeschafft wurde. Wir glauben jedoch, zunächst noch einmal eine eingehende Diskussion zum Thema führen zu müssen, bei der u. a. folgende Fragen auf der Tagesordnung stehen: 1. Wie lässt sich sicherstellen, dass alle wichtigen CDs auch in Betracht gezogen werden? Die Auswahl der CDs aus den im Laufe eines Jahres zur „Besonderen“ gekürten Produktionen war unter einigen Jurymitgliedern, aber auch in der Leserschaft umstritten. 2. Ist die Form der Wahl durch eine Jury richtig? Oder soll die Leserschaft die CD küren? 3. Welche Rolle kann die Wahl einer CD des Jahres für die entsprechenden Musiker und für den Folker! spielen? Sie alle sind herzlich eingeladen, sich an dieser Diskussion zu beteiligen.

Kommen wir damit zu einigen aktuellen Ereignissen im Musikgeschäft. Bono von der irischen Rockband U2 führt sich gerne als politischer Moralapostel auf - am liebsten ist es ihm, wenn er seine Gedanken zur Weltpolitik bei privaten Zusammenkünften mit Staatsführern vortragen kann. Auch Noten für politisch korrektes Verhalten vergibt der Ire gerne. So lobte er jüngst Japan für seinen Kampf gegen Armut und Aids. Doch auch Idealisten steht offensichtlich das Hemd näher als die Hose. Obwohl weder Großbritannien noch Irland im europäischen Vergleich als Hochsteuerländer gelten, haben sich Bono und seine Mitmusiker vor wenigen Monaten entschieden, den Steuersitz ihrer Firma U2 Limited von Dublin nach Amsterdam zu verlegen. Sie folgten damit dem Beispiel der Rolling Stones, die bereits seit Anfang der 70er Jahre an der Amsterdamer Herengracht registriert sind. In den Niederlanden werden die so genannten royalties, die Lizenzeinnahmen von Künstlern nicht besteuert. Weltstars haben von ihren Kollegen in der Welt der Unternehmer gelernt. Der Stahlbaron Lakshmi Mittal entschied sich ebenso für die Niederlande als offiziellen Firmensitz für sein Imperium wie der europäische Flugzeugbauer EADS. Und auch das italienische Modehaus Gucci hatte vor der Übernahme durch den französischen Handelskonzern PPR seine Zelte im Königreich hinter den Deichen aufgeschlagen. Auf Kritik ihrer Fans reagierten U2 gelassen: Man sei schließlich in der Vergangenheit ausgesprochen spendabel für soziale Zwecke gewesen.

Stichwort doppelte Moral: Vor einigen Jahren zierte Peter Maffay das Cover einer Folker!-Ausgabe. Dafür musste die Redaktion reichlich Häme und Kritik aus der Ecke so mancher selbst ernannter Weltmusikexperten einstecken. Obwohl es in dem Interview mit Maffay um nichts anderes ging als um sein Interesse an Klängen aus anderen Ecken dieser Welt. Heute, einige Jahre später, steht Peter Maffay mit seiner CD Begegnungen - Eine Allianz für Kinder, auf der u. a. Cesária Évora und Shantel zu hören sind, in den World Music Charts Europe. Die Kritiker von damals schweigen betreten. DJ Shantel und Vesna Petkovic, die Sängerin seines Bucovina Club Orkestars, werden, wie es heißt, in diesem Jahr sogar gemeinsam mit Maffay auf große Hallentournee gehen. Da war der Folker! der Szene offensichtlich um Jahre voraus! Wobei es der Redaktion allerdings gar nicht darum geht, vermeintliche Trends zu entdecken. Sind Trends doch meist nur kurzfristige Entwicklungen, die mehr mit Marketing und finanziellen Interessen zu tun haben als mit Kunst. Vieles von dem, was heute als letzter Schrei in vielen Clubs und auf zahlreichen Konzertbühnen angepriesen wird, ist morgen schon vergessen.

Der Zufall will es, dass unsere Zeitschrift jedoch auch in diesem Heft wieder einmal hochaktuell ist, mit dem Porträt der kanadischen Gruppe Le Vent du Nord und dem Beitrag über Musiktraditionen in Québec. Hat die französischsprachige Provinz doch seit November offiziell den Status einer eigenen Nation innerhalb Kanadas. Das Parlament in Toronto verabschiedete eine entsprechende Entschließung der konservativen Regierung, mit der Ministerpräsident Stephen Harper einem geplanten Vorstoß der Partei Bloc Québecois zuvorkam. Allerdings hat die mit großer Mehrheit erfolgte Entscheidung vor allem symbolische Bedeutung. Die Unabhängigkeitsbefürworter in der Provinz streben daher eine erneute Volksabstimmung in dieser Frage an. Zuletzt hatte die Bevölkerung von Québec 1995 mit knapper Mehrheit eine Unabhängigkeit von Kanada abgelehnt.

In der üblichen Fülle und Variationsbreite der Themen finden Sie dieses Mal eine neue Rubrik: „Gastspiel im Folker!“. In jeder Ausgabe können von diesem Heft an in den Bereichen Folk, Lied und Weltmusik erfahrene Fachleute - das müssen nicht immer Journalisten sein - ihren Gedanken freien Lauf lassen. Den Anfang macht Jan Reichow mit einem fast schon musikphilosophisch zu nennenden Beitrag.

Und damit entlasse ich Sie in die Lektüre des ersten Heftes des nunmehr zehnten Folker!-Jahrgangs.

Ihr Folker!-CvD
Michael Kleff

PS: „Les Barker kennt hierzulande fast niemand“, hieß es in einer CD-Rezension im Folker! (Heft 05/2006). Das dachten die hohen Herren von der US-Sicherheitsbehörde Homeland Security wohl auch und beschieden den Visaantrag des Briten für eine Tour in den USA abschlägig: „Notice of Intent to Deny Entry.“ Begründung: Les Barkers künstlerische Qualität sei nicht einzigartig genug. Mit dieser Allzweckwaffe ist im Land der Mutigen und Freien schon so mancher Künstler abgewiesen worden. Les Barker musste seine Novembertour absagen. Vielleicht sollte der Folker! dem Dichter eine englische Übersetzung der Rezension seiner CD Guide Cats For The Blind zur Verfügung stellen. Denn die bescheinigt Les Barker die künstlerischen Qualitäten, die ihm doch die Einreise in das Kulturland USA eigentlich ermöglichen sollten: „... das muss man einfach gehört haben! [...] Das sind keine gedrechselten Poesieergüsse, sondern extreme Ausbünde skurrilsten britischen Humors.“ Wobei zumindest das offizielle Washington allerdings kaum Verständnis für intelligenten Humor besitzt. Dort regiert mehr der dumpfe Witz.


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