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Es erhob sich im Norden des kanadischen Québec ein Wind, der sich in gerade einmal zweieinhalb Jahren von einer Brise zum Sturmwind entwickelte, wie ein Hurrikan über die kanadische und nordamerikanische Folkmusikszene hinwegfegte, um dann auch im fernen Europa die Herzen der Musikfans im Sturm zu nehmen. Zwei CDs hat das Quartett eingespielt und mit seinem Debütalbum Maudite Moisson! aus dem Stand einen Juno Award (das kanadische Äquivalent des Grammy) für das beste traditionelle Album des Jahres gewonnen. In Saint-Chartier räumte das Quartett im vergangenen Sommer mit einem Auftritt der Sonderklasse die Sympathien des Publikums ab. Mit Powersound und mitreißenden Rhythmen, die vor allem durch das traditionelle foot tapping und das Klappern der bones elektrisiert wurden, brachte die Band das Publikum zum Tanzen und übertrug das, was ihr am wichtigsten ist: Spaß an der Musik und la joie de vivre.
Von Ulrich Joosten
Olivier Demers spielt hauptsächlich Geige, außerdem Gitarre und Mandoline. Dazu singt er und schafft es gleichzeitig auch noch, ein Brett auf dem Boden mit den Füßen zu „betrampeln“ und so die rhythmische Basis für die Bandkollegen zu bilden. Geboren wurde er Ende der 70er Jahre in Montréal. „Ich lernte Musik schon in jungen Jahren, zunächst Klavier, die ganze Familie spielte Klavier. Mit zehn Jahren wollte ich Geige spielen, klassische Musik. Im Cégep-College [vgl. a. den Québec-Artikel in diesem Heft; Anm. d. Red.] traf ich Nicolas Boulerice. Wir waren damals etwa 18, als wir uns lustigerweise bei einer Feuerlöschübung kennen lernten. Ich hatte meine Geige dabei und er fragte mich, ob ich auch ein paar Reels spielen könne. ‚Klar!‘, antwortete ich, und Nicolas schlug vor: ‚Lass uns doch zusammen spielen - traditionelle Musik!‘ Seitdem - es sind jetzt zehn Jahre - spielen wir zusammen. Wir haben viele Sachen zusammen gemacht, als Duett, aber auch in anderen Projekten. Wir spielten mit Daniel Thonon von Ad Vielle que Pourra, mit dem wir das Trio MontcorbieR bildeten, begleiteten Chansonniers, spielten Jazzmusik ... Wir experimentierten zusammen mit vielerlei Musikrichtungen. All das ist heute sozusagen ein Teil dessen, was wir an Einflüssen in die Band einbringen.“ In seiner musikalischen Vita verzeichnet Demers darüber hinaus Auftritte mit der wohl berühmtesten Band aus Québec, La Bottine Souriante, und eine Tour mit Musa Dieng Kala aus dem Senegal.
Nicolas Boulerice spielt hauptsächlich Drehleier, ein Instrument, das in kanadischen Bands - von Ad Vielle que Pourra einmal abgesehen - eher selten vorkommt und einen Teil des eigenen Vent-duNord-Sounds ausmacht, der den Québecer Wurzeln der Musik einen besonderen, französischen Touch gibt. Geboren wurde Boulerice „vor 30 Jahren im Tal des Richelieu, jenes Flusses, der nahe Montréal in den Sankt-Lorenz-Strom mündet. Ich komme aus einer Familie mit Singtradition, meine Großeltern waren Sänger und Tänzer. Diese Musik wurde mir sozusagen in die Wiege gelegt. Später habe ich auch viel Jazz gespielt, doch als ich beschloss, Drehleier zu lernen, habe ich mich regelrecht in unsere traditionelle Musik verliebt und entschieden, mein musikalisches Leben dieser Tradition zu widmen und Folkmusik zu spielen. Seit zehn Jahren spiele ich Folk.“
Für Boulerice war es nicht einfach, an eine Drehleier heranzukommen. „Als ich mich in das Instrument verliebte“, erzählt er, „war es in Québec nicht möglich, ein solches zu kaufen. Also beschloss ich, selbst eines zu bauen, nach einem Bauplan aus dem Nationalmuseum in Nürnberg. Es war keine schlechte Drehleier, aber eben eine selbstgebaute. 1998 lebte ich eine Zeit lang in Irland, um in Galway bei Paul Doyle das Drehleierbauen zu lernen. Später lernte ich Piano, Akkordeon und ein bisschen Snaredrum. Und ich singe.“
Zurück in Québec wurde für Boulerice ein Traum wahr: Daniel Thonon von Ad Vielle que Pourra hatte irgendwie von seinen Experimenten mit der Drehleier erfahren und fragte, ob er nicht bei Ad Vielle einsteigen wolle. Die Band wollte mehr als eine Leier einsetzen, und so hatte Boulerice das Glück, zwei Jahre lang bei dieser großartigen Gruppe spielen zu können und von Thonon viel auf der Drehleier zu lernen. Es folgten musikalische Stationen bei Les Batinses und mit Olivier Demers und Daniel Thonon zusammen bei MontcorbieR „Wir wurden damals von dem Spielzeugwarenhauskette Toys’R’Us gesponsert!“; grinst Nicolas, auf das kapitale „R“ am Ende des Bandnamens angesprochen, um dann mit ernsthafter Miene hinzuzufügen: „Nee, Quatsch, das haben wir einfach so gemacht, um die Aufmerksamkeit von Journalisten zu erwecken - du siehst, es wirkt!“
Nicolas Boulerice und Olivier Demers repräsentieren die „mittlere Generation“ in der Band, der Nestor der Gruppe ist Benoit Bourque. „Ich bin mit 48 Jahren der alte Mann in der Band. Geboren wurde ich in Montréal, und damals, als ich anfing, fulltime Musik zu machen, war ich der Youngster in meiner ersten Band - nun bin ich der Älteste. Nun ja, ich bin noch immer dabei, alle meine alten Partner sind keine Vollzeitmusiker mehr - ich tu’s noch immer und liebe es!“ Bourque spielt diatonisches Akkordeon, bones, Löffel, Gitarre, Mandoline, Blockflöte und ist ein hervorragender Sänger - wie übrigens alle Mitglieder von Le Vent du Nord. Seine musikalische Karriere als einer der einflussreichsten Musiker in Québec begann in den frühen 80er Jahren bei Éritage, einer Band, die sich auf traditionelle kanadische Folkmusik konzentrierte und heute in Kanada fast ebenso legendären Ruf hat wie der Produzent ihrer ersten LP La Ronde Des Voyageurs, die 1982 von dem Singer/Songwriter Stan Rogers produziert wurde. Éritage spielte zahlreiche Konzerte, veröffentlichte fünf Alben und hatte drei Jahre lang sogar eine eigene Fernsehshow.
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