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Korruption im Musikbetrieb Brasiliens - Künstler lehnen sich auf

„Payola“ in den USA,
„Jabaculê“ in Brasilien -
und in Deutschland?

Die Brasilianer, man weiß es, sind musikbesessen, bekommen indessen per Radio und TV ähnlich wie in Deutschland keineswegs nur Qualität zu hören. Denn im Musikbetrieb des Tropenlandes grassiert Bestechung, hat BNegão nur ein Bruchteil der Künstler Auftrittschancen. Viele interessante Produktionen werden nie oder kaum gespielt. Das heikle Problem fällt direkt in die Zuständigkeit des Komponisten, Sängers und Kulturministers Gilberto Gil. Zahlreiche Künstler werfen ihm vor, in der vierjährigen Amtszeit entgegen den Versprechen weitgehend untätig geblieben zu sein.

Von Klaus Hart

Gemäß einer neuen internationalen Studie ist Brasilien das korrupteste Land Lateinamerikas. Auch im Musiksektor spricht man ganz offen darüber: Musikkonzerne, Plattenfirmen zahlen an Redakteure und Chefs von Radio- und Gilberto Gil Fernsehstationen hohe Summen, schenken ihnen Luxusreisen, Autos und Häuser, damit bestimmte Musiktitel so lange gespielt und angepriesen werden, bis sie zum Verkaufshit avancieren. Diese Art von Korruption heißt in den USA Tom Zé „Payola“, in Brasilien „Jabaculê“. Der Besitzer eines großen brasilianischen Jugendradios sagt, für das Lancieren einer einzigen Sängerin habe er eine Million Dollar bekommen. In Hitparaden liegen jene Titel vorne, für die am meisten bezahlt wird. Musiker Arnaldo Antunes aus São Paulo, der seine avantgardistische Poesie bereits in Kassel und München präsentierte, gegenüber dem Folker!: „Jabaculê gibt es mehr als je zuvor, gehört zu den festen Beziehungen zwischen Sendern und Plattenindustrie - der Künstler hat damit gar nichts zu tun.“ Der Bassist und Produzent Rodolfo Stroeter komponierte sogar mit Gilberto Gil, tritt regelmäßig in Europa auf: „Die Plattenfirmen kaufen unter der Hand einfach Sendezeiten - und das ist Korruption, moralisch absolut verwerflich. Von einem Tag zum anderen hört man einen Titel in fast sämtlichen Radio- und Fernsehstationen. Da wird den Leuten Musik regelrecht aufgedrängt, man kann ihr nicht entfliehen. Mit meinen CDs passiert das Gegenteil - da habe ich hier in São Paulo nur im Universitätsradio und in einem kleinen Kultursender eine Chance. Wegen der Jabaculê-Abmachungen in den großen Radios bin ich dort regelrecht ausgesperrt.“


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im Folker! 1/2007