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Töne aus dem hohen Norden

Schäl Sick Brass Band

Offener Blick über den rheinischen Tellerrand

go! www.ssbb.de
Discographie
(Auswahl)

Maza Meze (Westpark Music, 2000)
Kesh Mesh (Westpark Music, 2002)
Prasti Music (Westpark Music, 2006)
     Prasti Music

unterwegs:
16.01.07: Kassel, Schlachthof
17.01.07: Jena, Rosenkeller
18.01.07: Halle, Objekt5
19.01.07: Ansbach, Kammerspiele
20.01.07: Erlangen, E-Werk
21.01.07: Regensburg, Leerer Beutel

Bislang schipperte die Multikultiband von Kölns rechter Rheinseite auf ihren Alben am liebsten in afrikanischen und Schäl Sick Brass Band orientalischen Gefilden herum. Exotische Boote auf den ersten vier CD-Covern der Schäl Sick Brass Band standen als Symbol für Mobilität und Reise. Auf ihrer aktuellen CD Prasti Music sind die Boote im Hafen geblieben. Stattdessen stolzieren zwei bleichhäutige Hirsche über grüne Flur. Die Band ist eine andere geworden, die Musik auch. Zumindest in gewisser Hinsicht. Lieder von Schweden bis Usbekistan werden kredenzt, stilsicher intoniert von Anna Lindblom, der neuen schwedischen Sängerin der Band. Und die bleibt ihrer eigentlichen Herkunft wie immer treu: der „Schäl Sick“. Gemäß ihrem Motto: Global denken - lokal blasen.

Von Sylvia Systermans

Die Schäl Sick Brass Band ist reiseerprobt. Mehr als einmal hat sie sich auf den Weg gemacht, weit über den rheinischen Tellerrand hinaus bis nach Marokko und Slowenien, Ungarn und in die Türkei. 2004 ging es auf dreiwöchige Tour durch den Nahen Osten: Iran, Libanon, Syrien, Jordanien, Ägypten, Israel und Palästina. In direkter Tuchfühlung mit der anderen Kultur, unter Bedingungen, die schon manchmal an den Nerven zerrten. Die SSBB ist nicht die erste Band, die sich nach einer solchen Tour einer besetzungstechnischen Verjüngungskur unterzogen hat. Der bislang radikalste Einschnitt in der 15-jährigen Bandgeschichte, erinnert sich Udo Moll: „Vorher war es so, dass immer nur ein einzelner Musiker gegangen ist und dafür dann ein neuer kam. Da Anna Lindblom waren es auf einmal mehrere, die gleichzeitig weggefallen sind, und mehrere, die dann mehr oder weniger gleichzeitig neu dazugekommen sind.“

Die vier neuen Mitglieder sind die Klarinettistin Annette Maye, der Posaunist Matti Muche, der Schlagzeuger Mirek Pyschny und die Sängerin Anna Lindblom. Vom alten Stamm sind nach wie vor der Tubist Joachim Gellert, Trompeter Udo Moll und - last but not least - Bandleader Raimund Kroboth dabei. Der Wahlkölner aus Bayern hat bei allen Veränderungen seine obligatorische Samtkrone nie aus der Hand gegeben. Ist Prasti Music ein indirekter Reflex auf die Reise in den Nahen Osten? „Die Reise war für uns eher der Abschluss einer Phase. Der neue Anfang kam danach. Und diese Platte ist ganz klar ein Produkt dieses Neuanfangs.“ Für die Band ein großer Schritt nach vorne. „Für mein Gefühl hat sich musikalisch vor allem die stilistische Ausrichtung deutlich geändert. Der Sound ist moderner, transparenter, internationaler geworden. Allein schon durch die Änderung in der Besetzung. Vor dem Wechsel gab es zwei Saxophone und zwei Blechbläser. Jetzt spielen wir mit Tuba, Trompete, Posaune und einer Klarinette. Das klingt einfach kammermusikalischer, schlanker. Die Saxophone erinnern immer gleich so ein bisschen an 70er Jahre Soul. Das ist jetzt eigentlich ganz weg. Es ist für mich vom Sound her viel aktueller.“

Kroboth, der alle Stücke für die Band arrangiert, nimmt die neue Besetzung als Chance: „Ich kann nicht sagen, dass mir Saxophone gerade fehlen, ich kann auch nicht sagen, dass mir Saxophone nicht gefallen haben. Aber das Beste an dem Sound finde ich, dass er tatsächlich transparenter ist; auch ein bisschen chaotisch, und das gefällt mir, weil plötzlich bewegt man sich in einer neuen Richtung, und viele sagen Schäl Sick Brass Band dann: ‚Was ist denn jetzt los? Ist ja irre, dass ihr euch immer wieder neu erfindet.‘“

Skandinavischer Groove

Seit gut einem Jahr weht Anna Lindblom nordischen Wind durchs musikalische Konzept. Stilistische Kursschwankungen, wie es sie immer schon gegeben hat, wenn eine neue Sängerin zur Band stieß, etwa als sich Mitte der 90er Jahre Maryam Akhondy aus dem Iran der Schäl Sick Brass Band Schäl Sick Brass Band anschloss oder Iwanka Iwanowa mit ihrer durchdringenden Stimme dem Brasssound eine balkaneske Note verlieh. Jetzt zeigt die Kompassnadel also gen Norden. Natürlich in bandeigener Manier. „Prasti“, das Titelstück der neuen CD, ist symptomatisch für den Stil des jüngsten Machwerks: Auf eine bulgarische Melodie ließ die Schwedin Anna Lindblom von ihrer brasilianischen Kollegin Myriam Chebabi einen portugiesischen Text dichten. „Also, diese Reiseroute ist schon ein bisschen chaotisch, muss man sagen“, räumt Raimund Kroboth freimütig ein. Fans kommen aber bei diesem Album voll auf ihre Kosten. Denn wieder hebt die Schäl Sick Brass Band leichten Mutes volksmusikalische Klischees aus den Angeln, paart usbekische Folklore mit portugiesischer Lyrik, türkische Baglama mit böhmischer Waldzitter und tanzbaren Sounds aus dem Computer. Ein gelungener Multikultimix aus skandinavischer Schwermut, orientalischen Grooves, jazzigen Kaskaden und einem ironischen Schuss bayerischer Volksmusik. Und wer zur schillernden Mixtur weitere Farbnuancen beisteuern konnte, wurde für die Produktion als Gast eingeladen, wie die griechische Sängerin Kristi Stassinopoulou und der Sänger Andreas Grötzinger aus Schweden, der Bouzoukispieler Mustapha Zekirov aus Mazedonien, der türkische Percussionist Fethi Ak, der polnische Geiger Radek Stawarz und der Akkordeonist Martin Kübert aus hiesigen Gefilden.


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im Folker! 1/2007