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Woanders - nicht in Frankreich

Mittelmeermischkultur „Made in Marseille“

Termintipp:
29.-31.03.07: Marseille, babel méd music 2007,
     www.dock-des-duds.org

Das kulturelle Schaffen in Marseille ist vom kosmopolitischen Flair der Stadt beherrscht. Schriftsteller nutzen die Stadt als Kulisse für ihre Romane, Filme werden in Marseille gedreht (die Taxi-Streifen 1-3 von Produzent Luc Besson, Comme Un Aimant David Walters von Rapper Akhenaton, Marius und Jeanette und die meisten anderen Filme von Robert Guédiguian). Fußballweltmeister Zinédine Zidane ist aus Marseille, sein Porträt schmückt eine riesige Hausmauer an der Küstenstraße Corniche, mit dem Titel „Made in Marseille“. Seit IAM mit Rap aus Marseille internationale Karriere gemacht haben, ist die Stadt auch auf der Musikkarte kein weißer Fleck mehr. Es gibt zahlreiche Festivals, zum Beispiel im Herbst die Fiesta du Sud mit Musik aus Marseille und der Welt, im Sommer das Festival des Cinq Continents mit Jazz. Die neuesten Trends aus Marseille sind jedes Frühjahr auf der Musikmesse babel méd music zu sehen. Martina Zimmermann ist schon lange Marseille-Fan.

So kosmopolitisch wie Paris

Akhenaton

Die Stadt am Mittelmeer ist von ausländischen Künstlerinnen und Künstlern oder solchen mit Migrationshintergrund geprägt, nahe und ferne Einflüsse mischen sich auf erstaunliche Weise zu einer vielseitigen, typisch Marseiller Szene. Ihr neuester, von allen Medien gefeierter Liebling heißt David Walters. Awa heißt sein erstes Album. Ganz allein sitzt der Karibikfranzose auf der Bühne, mit Instrumenten, die er zum Teil selbst gebaut hat, singt auf Englisch, Französisch und Kreolisch. Der in Paris geborene Mischling hat einen englischsprachigen Großvater von der Karibikinsel St. Kitts, seine französische Großmutter stammt aus Martinique. Er lebte auch in Südwestfrankreich, und die Suche nach seinen Wurzeln führte David Walters nach Afrika und in die Karibik. Dann warf er seinen Anker in Marseille. „Ich wollte nicht in einem sterilen Umfeld leben“, so der Künstler, der in seinem über 30 Jahre jungen Leben u. a. bereits Bruno Allary Profisportler, Barmann, DJ war. „Marseille ist so kosmopolitisch wie Paris, aber in Paris gibt es keine Sonne.“

Pforte zu Afrika

Marseille besteht aus 111 Dörfern, und das 112. Dorf, so heißt es, sei das Meer. Der Vieux Port, der Alte Hafen mit seinen Segelbooten, den zwei DVD-Cover Akhenaton Festungen an der Einfahrt, die „Corniche“, die Küstenstraße mit ihren versteckten Buchten und Fischerhäfen, und über allem strahlt die Sonne im blauen Himmel ... Die Sonne und das südländische Savoir-vivre besingen die Rapbands aus Marseille, die schon lange in ganz Frankreich Erfolg haben. Die Besonderheit am HipHop aus Marseille ist die Vermischung mit orientalischen oder okzitanischen Klängen, und natürlich der Marseiller Akzent.

Selbst die modernen Mischungen zwischen Elektrojungle und HipHop sind in Marseille mit Mittelmeergesängen gespickt. Watcha Clan heißt die IAm Speerspitze dieser jungen Szene. Sängerin Karine, Künstlername Sista Ka: „Marseille ist eine super Quelle für die Inspiration, Marseille ist die Pforte zu Afrika.“ Wer mit offenen Ohren in der Stadt spazieren gehe, höre die ägyptische Diva Oum Kalsoum, dann traditionelle Gesänge aus dem Senegal. „Das ist hier Alltag.“

Rassegna heißt ein Kollektiv aus Sängerinnen und Sängern aus dem Mittelmeerraum, die alle in Marseille leben. Sie machen traditionelle Musik, singen in ihrer jeweiligen Sprache ein Lied aus dem Spanischen Bürgerkrieg, das vom Flamenco in algerische Rhythmen übergeht. Bruno Allary spielt Gitarre und ist künstlerischer Leiter des Kollektivs: „Wir sind repräsentativ für das, was in Marseille passiert, nicht nur in der Musik, sondern auch in der Lebensart.“ In der traditionellen Einwandererstadt leben
Massilia Sound System Watcha Clan
Menschen aus aller Welt zusammen. „Wenn man sich hier auf einer Caféterrasse trifft, dann sind da ein Armenier, jemand, der vor Jahren aus Italien kam, ein Algerier und viele andere Leute, die seit jeher zusammenleben. Rassegna Rassegna bedeutet, dieses auf eine Bühne zu bringen mit Musik.“

Multikultureller Alltag als Normalität

Zwei arabische Frauen stellen ihre Plastiktüten ab, um sich zu unterhalten. Die eine ist in eine graue Dschellaba gekleidet, die andere auf europäische Art. Ein Afrikaner verkauft Erdnüsse an einer Ecke, er diskutiert mit zwei Landsleuten. Ein Mädchen mit blond gefärbten Haaren wirft einen Blick in eine der Boutiquen. Zwei junge Schwarze in T-Shirt und Jeans eilen den Boulevard entlang. Hinter ihnen läuft ein Mann mit modischem Pferdeschwanz, er dürfte von der Réunioninsel im Indischen Ozean stammen. Multikultureller Alltag auf dem Cours Belsunce: eine Normalität in Marseille.


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