In der Ausgabe Mai/Juni 2008 findet Ihr:
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Liebe Musikfreundinnen und -freunde, das TFF.Rudolstadt 2008 wirft seine Schatten voraus. Allerdings anders als es sich die Veranstalter wohl erhofft hatten. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem Israel den Länderschwerpunkt beim Festival bildet, muss sich die Stadt mit dem Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit auseinandersetzen. „Mama, was ist ein Nigger?“ Unter dieser Überschrift berichtete die Frankfurter Rundschau am 1. April über eine Pfarrersfamilie, die in Rudolstadt Opfer von Fremdenfeindlichkeit geworden sei. Die Vorgänge haben sowohl in der Politik als auch innerhalb der Folk- und Weltmusikszene heftige Debatten ausgelöst. Wobei vor allem die erste Reaktion von Rudolstadts parteilosem Bürgermeister Jörg Reichl auf Kritik stieß, der die Vorgänge laut FR so kommentierte: „Mir sind außergewöhnliche Vorkommnisse nicht bekannt. Es wird manches übertrieben. Hier herrscht keine Ausländerfeindlichkeit.“ Seitdem versuchen Stadt und Festivalleitung die Wogen zu glätten. Aktuelle Informationen sowie eine von Luigi Lauer gleich nach dem Vorfall verfasste Glosse finden sich auf der Folker!-Website www.folker.de. Rudolstadt unterscheidet sich wahrscheinlich im Anteil an ausländerfeindlicher Einstellung seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger nur wenig von den meisten anderen Städten in Deutschland. Und ebenso wie die TFF-Festivalleitung lehnt die Folker!-Redaktion eine „Kollektivhaft für eine ganze Stadt und Region“ ab. Daher sind vereinzelt zu hörende Aufforderungen zum Boykott des Festivals angesichts seines enormen Beitrags für einen interkulturellen Dialog völlig unangebracht. Angesichts der Tatsache, dass Rudolstadt jedoch nicht zum ersten Mal im Zusammenhang mit rechtsextremen Vorkommnissen in den Medien stand, erwarten wir deutliche Worte des Bürgermeisters und der Festivalleitung bei der Eröffnung des TFF 2008 Anfang Juli. Was haben Musik und Postvertrieb miteinander zu tun? Wenig werden die meisten von Ihnen spontan vielleicht sagen. Mir aber war aufgefallen, dass einige Labels ihre CDs mit dem privaten Zustelldienst PIN Mail verschicken, was angesichts der arbeitnehmer- und gewerkschaftsfeindlichen sozialen Positionen dieses Unternehmens doch zu einigem Stirnrunzeln Anlass gibt. „Linke Lieder“ – wie im Fall pläne – und PIN? Wie sich herausstellt, ist eine vorschnelle Verurteilung bei genauerer Betrachtung des Dienstleistungsangebots der Deutschen Post eben am Beispiel pläne fehl am Platz: Vor einigen Jahren stellte das Unternehmen den kostenlosen Abholservice für Firmen ein. Daher brachten die pläne-Mitarbeiter ihre Briefe fleißig zum nächsten Briefkasten – bis die Post sich entschloss, diesen kommentar- und ersatzlos abzuhängen und kurze Zeit später auch die nächste Postfiliale zu schließen. Als Alternative blieb das Hauptpostamt am Bahnhof. Doch selbiges ist nur mit dem Auto zu erreichen. Für jemanden, der mit dem ÖPNV zur Arbeit kommt, ein fast unlösbares Dilemma. Die Post trägt also eine gehörige Portion Mitschuld daran, dass ein „politisch korrekter Versand“ nicht einfach ist. Johnny Cash, Wilco, Willie Nelson, Gillian Welch und Lyle Lovett sind einige der Künstler, die seit 1995 das Cover der US-Musikzeitschrift No Depression zierten. In diesen Tagen erscheint das Zweimonatsmagazin, das sich vor allem mit Folk, Country, Singer/Songwriter und Americana beschäftigt hat, zum letzten Mal. Im Editorial der aktuellen Ausgabe werden mehrere Gründe aufgeführt, die zur Einstellung des Magazins geführt hätten. Da sind die angesichts der Downloadwelt drastisch gesunkenen Anzeigenbudgets der Labels, die steigenden Druckkosten und die immer mehr abnehmenden Möglichkeiten, die Zeitschrift in Buchhandlungen zu platzieren oder bei Veranstaltungen und in Plattenläden zu verkaufen. Mit Blick auf mögliche Entwicklungen in unserem Land, sollten wir diese Einschätzung der Herausgeber von No Depression nicht unterbewerten. Bei allen Vorteilen, die das Internet bietet, ist es demnach „nicht gut für unsere Demokratie, wenn unabhängige Stimmen an den Rand gedrängt werden. Doch genau das geschieht. Das große Geld im Netz wird, was nicht überraschen kann, vom Big Business gemacht.“ Zum Abschluss eine Bitte zum Stichwort „Termine“. Mit dieser Ausgabe ist das Verfahren zur Erstellung der Terminseiten verändert worden. Mussten Sie früher Ihre Konzert- und Veranstaltungstermine an den Folker! schicken, um aufgenommen zu werden, kann seit 1. März 2008 jeder Künstler, jede Agentur usw. die entsprechenden Daten in unser neues Terminportal selbst eingeben. Alles was dort angelegt wird, steht quasi im selben Moment online auf www.folker.de. Die nötigen Informationen zu Anmeldung und Eingabe finden Sie unter www.folk-lied-weltmusik.de. Nachfragen hierzu jedoch bitte nicht an die Redaktions-E-Mail info@folker.de richten, sondern ausschließlich an info@folk-lied-weltmusik.de. (Siehe auch die Hinweise zu diesem Thema in den „Blauen Seiten“ dieser und der letzten Ausgabe.) Und damit entlasse ich Sie in die Lektüre der aktuellen Folker!-Ausgabe, die dieses Mal in gewisser Weise einen deutschen Schwerpunkt hat. Wobei mit Klaus Hoffmann, Lothar „Black“ Lechleiter und Manfred Maurenbrecher gleich drei unterschiedliche Facetten aufgezeigt werden, was „Liedermacher“ in Deutschland anzubieten haben. Und die Titelgeschichte über die Polkaholix zeigt nicht nur, dass es ein weltweites Polkarevival gibt, sondern auch, dass sich die deutsche Weltmusikszene dabei nicht verstecken muss. Bleibt zu hoffen, dass dies von Konzert- und Festivalveranstaltern im In- und Ausland endlich auch zur Kenntnis genommen wird. Ihr Folker!-Chefredakteur PS: Spätestens die Zusammenarbeit mit Ani DiFranco auf den Alben The Past Didn’t Go Anywhere und Fellow Workers machten den Sänger, Dichter und Schriftsteller Utah Phillips auch in Deutschland bekannt. Zeit seines Lebens ist der Barde als Stimme für die Gewerkschaft Industrial Workers Of The World (IWW) für eine bessere Welt aufgetreten. Phillips ist schwer erkrankt und kann nicht mehr auf die Bühne. Und da es im reichsten Land der Welt keine mit den meisten europäischen Systemen vergleichbare, auf dem Solidaritätsprinzip beruhende Krankenversicherung gibt, braucht der Künstler finanzielle Unterstützung. „Nun ist es an der Zeit“, wie es seine Freunde in den USA ausdrücken, „ihm zu zeigen, was wir von ihm gelernt haben, und die Solidarität, die er uns gelehrt hat, in die Praxis umzusetzen.“ Informationen zu Utah Phillips auf Englisch finden sich unter www.utahphillips.org. |