Auswahldiskografie: Trotz und Träume (Eigenverlag, 1979) Maurenbrecher (CBS, 1982) Feueralarm (CBS, 1983) Nichts wird sein wie vorher (CBS, 1989) Das Duo live (mit Richard Wester; Monopol, 1990) LieblingsSpiele (Bellaphon, 1997) Weiße Glut (mit Puls; Conträr Musik, 1999) Hey, Du - Nö! (mit Richard Wester; Conträr Musik, 2001) Gegengift (Lamu, 2002) Ende der Nacht (Lamu, 2004) Glück (Reptiphon, 2007) www.maurenbrecher.eu |
Glück heißt Manfred Maurenbrechers jüngste Platte. Sie betrachtet aus unterschiedlichsten Blickwinkeln jenen mysteriösen Zustand, den wohl keiner genau definieren kann. Maurenbrecher jedenfalls weiß immer erst hinterher, dass er gerade glücklich war. Dann versucht er, in Liedern der Erinnerung an die vergangene Liebe oder Reise Dauer zu verleihen. Und er singt davon, wie wir dem Glück oft selbst im Weg stehen. Zum Beispiel, indem wir nach dem Motto „Erst brennen, dann löschen“ handeln. So verfahren wir nicht nur mit Dateien auf Computerfestplatten, sondern auch mit unseren Gefühlen. Und in der großen Politik, meint Maurenbrecher, geht es nicht anders zu: „Wir zünden fremde Kulturen regelrecht an, um ihnen die so genannte Freiheit zu bringen. Wenn wir dann merken, dass der Brand außer Kontrolle gerät, müssen wir löschen und löschen und löschen. Ich glaube, man sollte sich so wenig wie möglich einmischen. Selbst in schrecklichsten Diktaturen wachsen Gegenkräfte heran, die das System von innen aushöhlen, mehr als jede ‚Hilfe‘ von außen. Die ist oft verheerend, weil nur Gewinninteressen dahinterstehen. Es geht ja gar nicht um Freiheit, sondern um die Eroberung neuer Marktgebiete.“
„Ich glaube, man sollte sich so wenig wie möglich einmischen. Selbst in schrecklichsten Diktaturen wachsen Gegenkräfte heran, die das System von innen aushöhlen, mehr als jede ‚Hilfe‘ von außen. Die ist oft verheerend, weil nur Gewinninteressen dahinterstehen. Es geht ja gar nicht um Freiheit, sondern um die Eroberung neuer Marktgebiete“ |
In „Erst brennen, dann löschen“ zeigt Manfred Maurenbrecher auch musikalisch, dass er, wenn ihn die Wut packt, lospowern kann – zu großem Instrumentarium, von Geige und Mandoline über Gitarre und Fender Rhodes bis zu energischem Schlagzeug. Für die meisten seiner Lieder aber schreibt er balladesk-melancholische Melodien, die er auf der Bühne wie beiläufig dem Flügel entlockt. Er ist sein Lieblingsinstrument geworden, obwohl es anfangs gar nicht danach aussah.
Manfred Maurenbrecher (Jahrgang 1950) wuchs in einer bildungsbürgerlichen Familie auf. Die Eltern, beide Bibliothekare, lehnten die „Modeneuheit“ Fernsehen kategorisch ab. Ihr Sohn war verständlicherweise anderer Ansicht, und auch seine Begeisterung für den obligatorischen Klavierunterricht hielt sich in Grenzen. Doch sein Lehrer war ein kluger Mann und wusste, was zu tun war, als der kleine Manfred immer lustloser am Klavier saß: Er schlug vor, ihn in die Geheimnisse von Harmonielehre und Quintenzirkel einzuweihen. Da erwachte sein Interesse von Neuem, denn er hatte erste pathetische Gedichte geschrieben und wusste nun, wie man dazu Melodien erfindet. Traurig machte Maurenbrecher nur, dass er nicht singen konnte. Jedenfalls glaubte er das, bis er Bob Dylan hörte und von ihm lernte, dass man Unbeholfenheit nicht verstecken muss, sondern sie kultivieren und gar zur Methode erklären kann.
Textlich fühlte sich Maurenbrecher zur rebellischen Melancholie der Romane von Hans Henny Jahnn hingezogen. Aus Trotz und Träumen bestanden seine frühen Lieder, und „Trotz und Träume“ hieß auch die Band, die er mit Freunden gründete. „Wir kommen!“, riefen sie dem Land zu und wagten Anfang der Siebziger manche Spontantournee ins Ungewisse, quer durch ein Deutschland, das für engagierte junge Musiker immer ein offenes Ohr, ein warmes Abendessen und ein Dach überm Kopf bereithielt, ein Deutschland, das Manfred Maurenbrecher so nicht mehr findet. Und noch eine andere Veränderung fällt ihm auf, wenn er heute unterwegs ist: Das Interesse junger Leute gilt jetzt häufig Rätseln und lustigen Spielen, während früher vor allem Botschaften gefragt waren.
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