In der Ausgabe Mai/Juni 2007 findet Ihr:
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Liebe Musikfreundinnen und -freunde, von weiten Teilen der Folk- und Weltmusikszene wahrscheinlich unbemerkt ging Ende März in Berlin die diesjährige Echo-Verleihung über die Bühne. Der Echo wird im Unterschied zu anderen Musikpreisen nicht aufgrund eines Juryvotums vergeben, sondern ist das Ergebnis von Hitparadenplatzierungen und damit ein relativ präzises Abbild des deutschen Musikgeschmacks. Wobei - zu diesem Ergebnis kommt die Süddeutsche Zeitung - die Zeiten des „besinnungslosen Spaßterrors von Schnappi-Krokodilen und Artverwandten“ offensichtlich vorbei sind. Ging es doch - vom Preis für die WM-Einpeitscher Sportfreunde Stiller abgesehen - dieses Mal betont ernsthaft zu. So wurden von den beiden großen Gewinnern des Abends Silbermond und LaFee beispielsweise große Liebe, Angst und Verzweiflung besungen.Der Deutsche, zu diesem Fazit kommt die SZ mit Blick auf die vergangenen zwölf Musikmonate, „... mag es melancholisch - brasilianische WM-Verhältnisse hin oder her. Sie tanzten eben doch nur einen Sommer.“ Und mit der Auszeichnung für Cat Stevens’ alias Yusufs „Lebenswerk als Musiker und Botschafter zwischen den Kulturen“ kam bei der Preisverleihung sogar ein Hauch von Folkmusik auf. Und schließlich konnte sich U2-Sänger Bono mit dem „Echo-Sonderpreis für globales Engagement“ eine weitere Ehrennadel als Aktivist für die gute Sache ans Revers heften. Bono unterstützt natürlich auch die von Herbert Grönemeyer, dem aus seiner Wahlheimat London Hoffnung verbreitenden „Hymnendichter der Nation“ (Die Zeit), und deutschen Nichtregierungsorganisationen geführte Kampagne „Deine Stimme gegen die Armut“. Damit er selbst nicht arm wird, hat Bono bekanntlich den Steuersitz seiner Firma U2 Ltd. von Dublin nach Amsterdam verlegt, wo es sich prächtig an Geld sparen lässt, weil dort die so genannten royalties, die Lizenzeinnahmen von Künstlern nicht besteuert werden. Doch auf solche Widersprüche kommen zumindest die Massenmedien kaum zu sprechen. Im vergangenen Heft habe ich an dieser Stelle die Unsitte beklagt, dass Politiker und Stars der Unterhaltungsbranche verlangen, dass sie mit Ihnen geführte Interviews vor Abdruck autorisieren lassen. Neuester Trend ist offensichtlich, jetzt schon bevor ein Interview überhaupt stattfindet, bestimmte Fragen auszuschließen. So hätte eigentlich in diesem Heft ein Poträt von Rickie Lee Jones abgedruckt werden sollen. Dass es dazu nicht gekommen ist, hat folgenden Hintergrund: Bereits im Vorfeld wurde dem Folker! mitgeteilt, dass Jones keine Fragen zu Tom Waits, zu ihrem Hitsong „Chuck E’s In Love“ und überhaupt zur Vergangenheit zulassen würde. Allein das ist Anlass genug für mehr als ein unverständliches Kopfschütteln angesichts dieser offensichtlichen Egoprobleme der Künstlerin. Nichts wäre doch einfacher, als zu einer Frage, die man nicht beantworten will, zu sagen: „Kein Kommentar.“ Doch das war noch nicht alles. Der Fragenkatalog für das geplante eMail-Interview wurde vom US-Management an den deutschen Promoter mit dem Verweis zurückgeschickt, einige Fragen ließen sich aus der Biographie erschließen und müssten gestrichen werden. Als Beispiel wurde die Frage genannt, warum Rickie Lee Jones sich auf ihrer aktuellen CD The Sermon On Exposition Boulevard auf einmal der Bibel zuwende, obwohl der „Ugly Man“, der auf ihrem letzten Album heftig kritisierte US-Präsident Bush, noch immer im Amt sei. Eine Frage, die sich mitnichten aus dem Pressematerial der Künstlerin beantworten lässt. Um das Interview nicht zu einer Farce werden zu lassen, haben wir es abgesagt. Der Qualität dieser Folker!-Ausgabe tut dies keinen Abbruch. Ob mit der Titelgeschichte über Ry Cooder, den Berichten über die Rückkehr ULMANs, den panafrikanischen Traum Dobet Gnahorés, das aktuelle deutsche Volksliedrevival, die vielfältigen Aktivitäten Andreas Heusers oder über Johnny Cleggs Suche nach neuen Zielen sowie einer Darstellung der neuen Schweizer Volksmusikszene, Eindrücken von einem Eisfestival in Norwegen und einem Interview mit Götz Widmann über seine Lieben und Laster - auch dieses Mal liegt vor Ihnen wieder eine bis an den Rand mit informativen und unterhaltsamen Beiträgen vollgepackte Folker!-Ausgabe. Bevor ich Sie jedoch in die Lektüre des neuen Heftes entlasse, will ich noch einen Geburtsglückwunsch nachholen, der eigentlich Anfang des Jahres hätte erfolgen müssen: Im Februar wurde Harry Belafonte 80, ein Künstler der schon immer auch ein radikaler Bürgerrechtler war (s. Folker! Heft 2/2003). In diesem Sinne Ihr Folker!-CvD PS: Was gibt es Neues aus dem „Land der Mutigen und der Freien“? Nun, es ist ja schon lange kein Geheimnis mehr, dass weite Bereiche der Musikindustrie von Menschen gesteuert werden, die mit Musik rein gar nichts am Hut haben. Denen es nur um eins geht: Profitmaximierung. Weniger um Musik als darum, neue Zielgruppen für ihre überteuerten Cappuccinos und Latte macchiatos zu finden, dürfte es auch der Kaffeehauskette Starbucks mit ihrem neuen Label Hear Music gehen. Ausgerechnet Paul McCartney ist der erste Künstler, der bei Starbucks/Hear Music einen Vertrag für seine nächste CD unterschrieb. Da man in seinen Kreisen wahrscheinlich kaum für einen Espresso im Kaffee um die Ecke einkehrt, weiß der Ex-Beatle wohl nicht, dass Starbucks mitverantwortlich für das Sterben unzähliger kleiner Coffehouses in den USA ist, in denen so mancher Musiker seine Karriere begonnen hat. Starbucks folgt mit seiner Labelgründung den Supermarktketten Wal-Mart und Target, die Exklusivverträge mit Musikern wie Garth Brooks und den Eagles bzw. Kenny Loggins und David Cassidy abgeschlossen haben. |