Rezensionen Bücher
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PETER NACHTNEBEL
For The Sake Of The Song – Amerikas neue Songwriter
Mainz: Ventil Verlag, 2009
234 S., mit s/w-Fotos
ISBN 978-3-931555-67-2
Wenn ein schreibender Kollege mal eben so fallen lässt, dass Frank Sinatra
„Scheiße“ sei, dann möchte ich eigentlich gar nicht weiterlesen. Aber da war ich
schon auf Seite 70, wo Martin Büsser am Ende seines Beitrags über Conor Oberst
und Bright Eyes mit eben dieser Behauptung Kritikerschelte betreibt, wenn er
schreibt: „Weil aber heute niemand mehr Scheiße als Scheiße benennt, ist
Musikkritik obsolet geworden.“ Und weiter: „Daher gibt es so viele
dahinplätschernde, lauwarm lobende Kritiken zu dahinplätschernden Platten.“ Nun
diesen Schuh will sich der Rezensent nicht anziehen. Und daher bezeichne ich den
vorliegenden Sammelband als das, was er meiner Ansicht nach ist: eine
dahinplätschernde Aneinanderreihung von Aufsätzen ohne Konzept. Zu
unterschiedlich ist die Herangehensweise der Autoren an die in diesem Band
porträtierten Künstler (Devendra Banhart, Bright Eyes, Cat Power, Ani DiFranco,
Lambchop, Nina Nastasia, Joanna Newsom, Will Oldham, Smog, Rae Spoon, Sufjan
Stevens, Gillian Welch). Nach dem durchaus informativen – wenn auch nicht
stringenten – Übersichtskapitel des Herausgebers zur Vorgeschichte dessen,
was heute unter anderem als Americana und Antifolk angesagt ist, hätte man eine
einheitliche Herangehensweise für die einzelnen Beiträge erwartet. Stattdessen
bleibt es dem Leser überlassen herauszufinden, was die einzelnen Musiker als
„Songwriter“ miteinander verbindet oder auch voneinander trennt. Da ist
beispielsweise Matthias Rauchs Frage an Nina Nastasia wenig hilfreich, welches
denn ihre Lieblingsadressen in Sachen Kulinarisches in New York seien. Und wenn
Christian Riedel vor lauter Begeisterung vom Objekt seiner Begierde sich selbst
im Weg steht bei der Auseinandersetzung mit Lambchop, bringt auch das keinen
Erkenntnisgewinn. Herausragend ist für mich Jörg Schellers Beitrag über Ani
DiFranco. Vielleicht auch deshalb, weil sie von den in Nachtnebels Buch
porträtierten Künstlern am ehesten in der Traditionslinie derjenigen steht, die
Folkmusik als ein Werkzeug verstanden, den Herrschenden auf die Finger zu
schauen und selbst dabei als Vorbild zu dienen.
Michael Kleff
Bezug: www.ventil.de
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VIC GAMMON
Desire, Drink and Death in English Folk and Vernacular Song: 1600-1900
Aldershot: Ashgate Publishing Ltd., 2007
264 S., mit Abb. [XVII]
ISBN 978-0-7546-6094-1
Der Titel ist extrem verlockend, der Preis wohl weniger, aber wissenschaftliche
Bücher sind nun mal teuer, hüben wie drüben. Der Autor ist jedoch nicht nur
Theoretiker an der Universität in Newcastle, sondern auch als Sänger und Musiker
aktiv, und das bekommt dem Buch gut. Entsprechend seinem sozialgeschichtlichen
Hintergrund macht Gammon vor allem eines klar: Die Rezeption und Bedeutung
jeglichen Liedes ist vor allem abhängig von der Epoche und dem sozialen
Hintergrund der Sänger und Hörer. Die zahlreichen Texte (selten mit Noten)
sorgen nachhaltig dafür, dass viele englische Folksongs in Zukunft nicht mehr so
naiv wie bislang gehört werden können. Unglaublich, wie oft es da verklausuliert
nur um „das eine“ geht! Selbst der Tanz ist oft lediglich eine Metapher für Sex,
es gibt phallische und vaginale Instrumente (wobei die Fiddle für beides stehen
kann) und meist ist die Verteilung: Der Mann spielt, die Frau wird gespielt.
Traditionell eben. „Desire“ ist ganz klar der Schwerpunkt, gefolgt von „Drink“,
wobei Gammon dankenswerterweise den Liedern über Alkoholmissbrauch und dessen
negativen Folgen einen großen Raum gibt. Interessanterweise sind gerade diese
Lieder weniger bekannt. Über das berühmteste englische Alkohollied „John
Barleycorn“ finden wir allerdings satte vier Seiten. Lieder über Trinken und den
Tod sind dann eine elegante Überleitung zum Thema „Death“. Dort wird der Faden
mit Auslassungen über exzessives Trinken bei Begräbnissen wieder aufgenommen.
Die beiden letzten Kapitel über Kindstod sowie „Song, Experience and
Authenticity“ wirken – obwohl interessant – mehr wie Nachgedanken zu
einem ansonsten sehr homogenen Themenblock.
Wen Geschichte, Hintergründe und Zusammenhänge eines bedeutenden Teils
englischer Folksongs interessiert und einen fundierten, gut lesbaren Einblick in
diese Welt gewinnen möchte, der wird sicherlich auch den Preis in Kauf nehmen.
Schließlich hat dieses Buch einen bleibenden Wert.
Mike Kamp
Bezug:
www.ashgate.com
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JOHN WYSE JACKSON, HECTOR MCDONNELL
Dublin’s Other Poetry: Rhymes and Songs of the City
Dublin: Lilliput Press, 2009
145 S.
ISBN 978-184351161-8
Der Joyce-Experte Jackson und der Illustrator McDonnell legen eine Sammlung von
schmutzigen, nichtsnutzigen Trutzversen vor, wie Herder gesagt hätte, gesammelt
in Dublin und nicht in den üblichen Anthologien von edlem irischen Intellekt
vertreten. Die Gedichte (alle mit Reim, darauf legen die Herausgeber Wert) und
Lieder stammen aus dreihundert Jahren, und sie zeigen sozusagen das Dubliner
Leben von unten, von der Straße her – oder aus der Gosse? Wir finden
Kommentare zum Leben der Großen, zum Umgang mit Liebe, Leichtsinn, Suff, zur
Politik und natürlich zum Wetter. Die Texte sind alphabetisch geordnet, von A,
für Fergus Allen, bis Z, für Zozimus. Und weil es in einer solchen Sammlung
natürlich jede Menge Anonyme gibt, sind deren Werke nach den Titeln einsortiert.
Für das Folker-Publikum besonders interessant: Lieder, die wir als Traditionals kennen („The
Spanish Lady“), die noch zu entdecken sind (eine ganz andere „Molly Malone“ als
die bekannte, eher süßliche) und solche von jetzt lebenden Dubliner
Liedermachern wie Mick Fitzgerald (der in „Me Brother’s A TD“, sagt, was von
irischer Politik zu halten ist). Jeder Text ist mit Kommentaren der Herausgeber
und einer witzigen Zeichnung von Hector McDonnell versehen, und das macht das
Buch zu einer wahren Schatzkammer für Fans irischer Dichtung und Musik.
Gabriele Haefs
Bezug:
www.lilliputpress.ie
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PETER GURALNICK
Sweet Soul Music
Berlin: Bosworth Music, 2008
541 S., mit s/w-Abb.
ISBN: 978-386543-321-3
Peter Guralnicks Sweet Soul Music ist das
Standardwerk zum Southern Soul, die aufwendige und liebevolle Aufarbeitung
einer Ära und Musikrichtung, für die der Autor damals – das Buch erschien
in den USA 1986 – mit unfassbar vielen Machern vor und hinter den
Kulissen gesprochen hat. Mancher Star stand nicht zur Verfügung, aber wenn etwa
James Brown nicht selbst befragt werden konnte, gaben zahlreiche seiner
Musiker, Produzenten und sonstwie Beteiligte Auskunft, wodurch wahrscheinlich
sogar ein genaueres und richtigeres Bild entstand. Guralnick brachte das
Kunststück fertig, eine präzise Chronik, einen hellsichtigen Essay und zahllose
höchst amüsante Anekdoten zu einem kunstvollen Ganzen zu verweben, das in einem
lockeren und oft auch komischen Ton erzählt wird. Von Letzterem ist leider in
der Übersetzung nicht viel übriggeblieben. Man spürt zwar das Bemühen, aber das
Ergebnis wirkt unbeholfen und strotzt vor Fehlern: Da wird beispielsweise
„string section“ mit „Saiteninstrumente“ übersetzt. Aber sei’s drum: Toll und
überraschend ist es, dass es den legendären Band jetzt überhaupt auf Deutsch
gibt, satte 23 Jahre später.
Die Begeisterung und die Faszination Guralnicks, der auch von den eigenen
Vorlieben, seinen persönliche Berührungspunkten und dem Entstehungsprozess
berichtet, sind ansteckend wie ich es bei keinem anderen Musikbuch erlebt habe.
Der Leser sei auf der Hut: Nach der Lektüre wird er Alben von Sam Cooke, Ray
Charles, Solomon Burke und vielen anderen hören wollen. Könnte ihn viel Zeit und
Geld kosten.
Gunnar Geller
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OLIVIER URBAIN [Hrsg.]
Music and Conflict Transformation – Harmonies and Dissonances in Geopolitics
London et al.: I. B. Tauris & Co, 2008
234 S. [XVIII; Toda Institute Book Series on Global Peace and Policy]
ISBN 978-1-84511-528-9
Dreizehn Autoren – die Mehrheit Professoren und Doktoren – gehen in
fünfzehn Kapiteln den unterschiedlichen Aspekten der Verbindung von Musik und
Frieden nach. Olivier Urbain stellte diesen Sammelband mit Unterstützung des
Toda Institute for Global Peace and Policy zusammen, einer 1996 von dem
japanischen Philosophen und Friedensaktivisten Daisaku Ikeda gegründeten
Einrichtung. In vier Teilen nähern sich die Autoren ihrem Thema: Im Abschnitt
„Frameworks“ beschäftigt sich umter anderem der Friedensforscher Johan Galtung
mit theoretischen Grundsatzfragen. Unter der Überschrift „Politics“ geht es
unter anderem um Musik als Werkzeug der Versöhnung in Südafrika oder um die
Rolle der Musik für die Bürgerrechtsbewegung in den USA. Aber auch darum, wie
Musik für Hass und Nationalismus missbraucht werden kann. Welche Rolle Musik als
Therapie und zur Lösung von Konflikten spielen kann, wird in dem Abschnitt
„Healing and Education“ untersucht. Und um Berichte aus der Praxis geht es unter
der Überschrift „Stories from the Field“. Herausgeber Olivier Urbain beschreibt
hier die Arbeit des israelischen Musikers und Friedensaktivisten Yair Dalal, der
sich um Vermittlung und Verständnis zwischen Arabern und Juden bemüht. Der
US-Troubadour Rik Palieri – siehe auch Folker Heft 6/2005
– schreibt über seine Erfahrungen wie Folkmusik und
-geschichten zur Konfliktbewältigung beitragen können. In seinem Kapitel kommen
in Interviewausschnitten auch der im Mai 2008 verstorbene Utah Phillips, Peggy
Seeger und Pete Seeger zum Thema zu Wort. Das Ganze ist keine leicht, nebenher
verdaubare Kost. Doch wer sich die Zeit nimmt, wird nach der Lektüre dieses
Buchs um eine Erkenntnis reicher sein: Musik an sich ist nicht friedvoll. Die
Geschichte ist voll von Beispielen, wo Regierungen die Menschen mit Musik in
den Krieg geschickt haben. Aber Musik hat die Kraft, uns tief in unserer Seele
zu berühren und Kräfte für eine friedlichere Welt freizusetzen. Dafür liefert
Music and Conflict Transformation das Grundlagenwissen und eine Fülle von Beispielen.
Michael Kleff
Bezug:
www.ibtauris.com
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ANDREAS SCHUMANN
Saitenkunst mit Lena und Tom 2: Ensemble- und Lagenschule für Gitarre in 2 Bänden
Bd. 2: Systematisches Lagenspiel, Arpeggiotechniken, zweistimmiges Spiel mit gegriffenen Bässen – Solo bis Quartett
O. O.: Bosworth, 2009
80 S., Noten plus Akk. [BOE; 7311]
ISBN 978-3-86543-167-7
Der vorliegende Band ist Teil zwei einer klassischen Gitarrenschule, die für
Kinder und Jugendliche konzipiert ist. Die Stücke stammen fast durchgängig aus
der Feder des Verfassers, aber auch Kinder-, Volks- und Weihnachtslieder sind zu
finden. Ergänzt wird das Ganze durch Arrangements von Traditionals und Popsongs
sowie von einigen klassischen Solostücken. Der Autor verzichtet vollständig auf
Tabulatur, daher ist die Schule für den Selbstunterricht nur wenig geeignet. In
Band zwei wird ins Lagenspiel eingeführt (fünfte Lage), es gibt einfache
Akkordzerlegungen, und neben den erwähnten Solostücken hat Schumann einige Duos
und Trios komponiert, die einfach zu spielen sind und eine schöne Möglichkeit
für das Ensemblespiel im Gitarrenunterricht bieten. Fast alle Stücke sind in
C-Dur oder A-Moll notiert.
Rolf Beydemüller
Bezug:
www.bosworth.de
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ANSONSTEN EINGETROFFEN
25 Alben, die die Welt veränderten!
O. O.: Bosworth, 2009, 348 S., mit Abb. [BOE; 7144], ISBN 978-3-86543-416-6
Wie der Titel schon sagt, es werden 25 legendäre Alben der Rock- und
Popgeschichte – erschienen zwischen 1954 und 1997 – von namhaften
Musikjournalisten ausführlich vorgestellt. Jedem Album geht eine längere
Einleitung voran, danach werden für jeden Titel des Albums eine Inhaltsangabe
sowie weitere interessanten Informationen gegeben. Und zu guter Letzt folgt eine
Beschreibung anderer, späterer Ausgaben des jeweiligen Werks. Wenn man den
Umfang des Buches durch die Anzahl der Titel teilt, kommt man also auf eine
erkleckliche Anzahl von Seiten, auf denen jedes einzelne Album besprochen wird.
Ausführlicher denn je, möchte man meinen ...
Nelly Leuzinger. Wiener Lieder. Manching: Holzschuh Musikverlag, 2009, 47 S., Noten plus Akk. [Holzschuh exclusiv; VHR 1782], ISBN 978-3-3940069-65-8
Insgesamt 17 Wiener Lieder, gesetzt für Akkordeon mit Melodie- und Bassstimme,
mit Akkordangaben und dem Liedtext. Darunter auch die üblichen wie „Im Prater
blüh’n wieder die Bäume“ und „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“. Also sehr
zielgruppenorientiert zusammengestellt für Akkordeonorchester der klassischen
Art.
Doris Joosten
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FOLKER auf Papier
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