FOLKER – Sechzig Jahre Peter Finger
Peter Finger * Foto: Manfred Pollert

Herzblut und Ehrlichkeit

Sechzig Jahre Peter Finger

Mehr Gitarre geht nicht

Wie viele Berufe hat dieser Mann eigentlich? Fragt man ihn selbst, antwortet er: „Am liebsten spiele ich einfach nur Gitarre.“ Und dann haben sich all die Tätigkeiten hinzugesellt, die er nie machen wollte: Labelchef, Verleger, Tourmanager … Peter Finger wurde am 11. Oktober 1954 als Sohn eines Dirigenten in Weimar geboren. 1957 ging es über Süddeutschland ganz legal in den Westen, 1960 dann nach Osnabrück. Der kleine Peter lernte Geige spielen und das ziemlich gut. Gleich zwei Mal wurde er Jugend-musiziert-Preisträger. Und schon recht früh war ihm klar, dass er die Musik zur Lebensaufgabe machen wollte. Wenn die Geige nur nicht so ein uncooles Instrument gewesen wäre. So trat die am Baggersee deutlich angesagtere Gitarre in sein Leben. Sein Vater konnte sich nicht recht vorstellen, dass mit diesem unseriösen Instrument ein Lebensunterhalt zu verdienen sei. Das weckte den Ehrgeiz des jungen Peter. Dem Vater wollte er es zeigen. Das ist ihm gelungen. Und wie.

Text: Rolf Beydemüller

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AUSWAHLDISKOGRAFIE:
Made Of Rosewood (Acoustic Music Records, 2015)
Blue Moon (Acoustic Music Records, 2003)
Between The Lines (Acoustic Music Records, 1995)
Innenleben (Acoustic Music Records, 1992)
Colors Of The Night (Shanachie, 1990)
Niemandsland (Acoustic Music Records, 1989)
Neue Wege (mit Charlie Mariano und Trilok Gurtu; Stockfisch, 1984)
Acoustic Rock Guitar (Kicking Mule, 1977)
Guitar Instrumentals (Kicking Mule,1974)

Cover Made of Rosewood

Es handelte sich in den Siebzigerjahren um die Hochzeit der akustischen Gitarre im Rahmen der Folkbewegung. Peter Finger spielte zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich Ragtime und Blues.
» Heute geht es meist nur noch um den kommerziellen Erfolg. Das finde ich zum Kotzen. «
Den klassischen Gitarrenunterricht an der Hochschule gab er bereits nach der ersten Stunde auf. Dort habe niemand das ernst genommen, was ihm musikalisch am Herzen lag. Bereits mit neunzehn Jahren nahm er für das amerikanische Label Kicking Mule Records ein erstes Album auf (Guitar Instrumentals), zwei weitere sollten bei derselben Plattenfirma folgen. Produzent des Amerika-Debüts war Stefan Grossman, selbst ein bekannter Gitarrist für Folk, Blues und Ragtime und Schüler von Reverend Gary Davis. Grossman und den gerade verstorbenen John Renbourn (siehe „Halbmast“ in dieser Ausgabe, S. 18) nennt Peter Finger als wichtige Einflüsse. Später waren es Leute wie Pierre Bensusan, mit dem er gemeinsam tourte, die ihn sehr begeisterten.
Überhaupt beschreibt Finger diese Jahre als eine Zeit der Entdeckungen. Ständig tauchte jemand auf, der etwas ganz Neues machte. Davey Graham zum Beispiel entwickelte die unter Steelstring-Gitarristen heute sehr beliebte DADGAD-Stimmung (die Saiten werden von tief nach hoch entsprechend umgestimmt). Der eine entdeckte Jazzstücke, die er für die akustische Gitarre spielbar machte, der andere den Rock. Peter Finger besann sich, wie in einer Art Kreisschluss, auf klassische Quellen, studierte Strawinsky, Bartók, Debussy und Ravel. Auch wenn die akustische Gitarre nach Jahren im Exil heute wieder sehr präsent ist, sieht er doch einen riesigen Unterschied zur damaligen Bewegung. „Heute geht es meist nur noch um den kommerziellen Erfolg. Das finde ich zum Kotzen.“ Daher auch der Versuch, alles zu covern, was irgendwann einmal erfolgreich gewesen ist, von den Beatles über Madonna bis zu Hendrix. Ihm fehle das, was hinter der Musik stehe, die Persönlichkeit, die Idee. Es gebe mittlerweile viele sehr gut ausgebildete Gitarristen, die oft allerdings nicht wüssten, was sie überhaupt zum Ausdruck bringen wollen. Er zitiert Konstantin Wecker, der einmal sang: „Ich singe, weil ich ein Lied hab, nicht, weil es euch gefällt.“ Peter Finger spricht immer wieder vom Herzblut und der Musik, die man als Musiker in sich trägt. Er mag es, wenn Menschen ehrliche Musik machen, und das trifft wohl zuallererst auf ihn selbst zu. Denn das ist er, ehrlich, im Gespräch, wie in der Musik.

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Update vom
09.02.2023
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Dieser Text ist nur ein Auszug des Original-Artikels der Print-Ausgabe!

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