FOLKER – Gjermund Larsen
Schwerpunkt Norwegen
Folker präsentiert: 25. TFF Rudolstadt

Virtuos, elegant, göttlich

Gjermund Larsen

Norwegische Folkgeige in neuen Sphären

Gjermund Larsen * Foto: Leif Arne Holme

Die musikalische Biografie und die Erfolge des dreiunddreißigjährigen Musikers aus der Nähe von Trondheim sind schwindelerregend. In einer traditionsbegeisterten Musikerfamilie aufgewachsen, war er mit acht Jahren jüngster Teilnehmer beim Landeswettbewerb der Volksmusiker, gewann dort später als Solist den Königspokal und mit seinem ersten Album gleich einen norwegischen Grammy. Er spielt zeitgenössische Klassik mit dem Ensemble Modern bei den Donaueschinger Musiktagen, komponiert neue Folkmusik für Kammerorchester und sein eigenes Trio, mit dem er auch beim diesjährigen TFF in Rudolstadt zu hören sein wird, und er stand und steht mit den Top-Folkbands Majorstuen und Frigg sowie mit führenden norwegischen Jazzmusikern auf der Bühne. Dabei hat er auf der Geige seinen ganz eigenen, atmenden Ton entwickelt, virtuos und elegant.

Die vielen Aktivitäten und Auszeichnungen mag man kaum glauben, wenn man den Familienvater von vier Kindern und seine typisch norwegische Bescheidenheit im Konzert erlebt oder der ruhigen Person beim Interview gegenübersitzt. „Die Menschen in Norwegen sind alle sehr speziell. Du kannst in jeder Region Besonderheiten finden“, erzählt Larsen. „Wir in Trøndelag in Mittelnorwegen wirken eher träge. Es gibt bei uns einen schönen Ausdruck: sich langsam beeilen.“

» Wir bekommen Geld, um zu komponieren und viele Tage gemeinsam zu proben. «
Gjermund Larsens Leben ist sehr bewegt. Anfang Februar kamen seine Zwillinge zur Welt, eine Tochter und ein Sohn. Die beiden anderen Söhne sind drei und vier Jahre alt. Er räumt jetzt ein wenig auf in seinem Beruf als Musiker, will nicht mehr in so vielen Bands spielen, um sich mehr auf das Komponieren zu konzentrieren und damit mehr zu Hause sein zu können.
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AUSWAHLDISKOGRAFIE:
Gjermund Larsen Trio:
Reise (Galileo, 2014)
Aurum (Galileo, 2011)
Ankomst (Galileo, 2010)

Gjermund Larsen, Einar Olav Larsen & Trondheimsolistene:
Trønderbarokk (Øra Fonogram, 2014)

Frigg:
Keidas (Eigenverlag 2005)
Frigg (Eigenverlag, 2002)

Arve Henriksen:
The Nature Of Connections (Rune Grammofon, 2015)

Cover Reise

TERMINE:
03.07.15 07-Rudolstadt: Theater (TFF) 04.07.15 07-Rudolstadt: Neumarkt (TFF) 18.11.15 90-Nürnberg: tba 20.11.15 82-Peißenberg: Kulturverein

Am Vorabend des Gespräches, zu dem sich Folker-Autor Jens-Peter Müller Anfang März in Oslo mit Larsen traf, war im Rahmen des Kirkemusikkfestivalen in der Gamle-Aker-Kirche in Oslo seine Auftragsarbeit für dieses Festival aufgeführt worden, die er für das Gjermund Larsen Trio mit Andreas Utnem an Piano und Harmonium und Sondre Meisfjord am Kontrabass sowie für das schwedische Trio Nordic schrieb. Für diese bewegende Komposition auf der Basis alter Psalmmelodien aus der Überlieferung des legendären Spielmannes Hilmar Alexandersen und für die sechs grandiosen, ungemein feinfühlig agierenden Musiker hatte es stehende Ovationen gegeben.
Zum Interview treffen sich Larsen und Müller in der Lobby des mondänen Thon Opera Hotels mit Blick auf die neue Oper am Ufer des Oslofjords und sitzen auf einem Sessel und einem Kanapee, Möbel, die aus dem nahen Schloss des norwegischen Könighauses stammen könnten. Beim näheren Hinschauen wird allerdings klar, dass es neue, eher billige Kopien sind, aber dennoch: Das Leben eines Spielmannes in Norwegen war vor gar nicht so langer Zeit so nicht vorstellbar ...

Frigg - ohne Gjermund Larsen, der zwischenzeitlich aus Zeitgründen aussteigen musste
Gjermund Larsen (GL): Absolut nicht (lacht). Volksmusiker zu sein bedeutete, dass man für gewöhnlich Bauer war oder sein Brot mit einem anderen Beruf verdiente. Und dann hat man ab und zu zum Tanz gespielt, bei Hochzeiten zum Beispiel. Der Violinist Ole Bull war der erste, der während der nationalromantischen Zeit Volksmusik auf der Bühne präsentierte. 1849 brachte er den Volksmusikgeiger Myllarguten hier in Oslo in einen Konzertsaal. Es war ein riesengroßer Erfolg. Ole Bull holte die Musik aus dem Tanzmilieu, machte aus dem, was man in Norwegen Gebrauchsmusik nennt, Konzertmusik. Diese Phase dauerte nur kurze Zeit, aber damals, so empfinde ich es, wurde der Grundstein dafür gelegt, wo wir heute stehen. Es war ein langer Weg. Heute können wir von der Volksmusik leben, weil Norwegen eine Menge Geld in die Kultur investiert.

Jens-Peter Müller (JPM): Du kannst also deine Familie ernähren?

GL: Ja, glücklicherweise. So eine Auftragsarbeit, wie ich sie gestern vorgestellt habe, wird immer üblicher in Norwegen. Wir bekommen Geld, um zu komponieren und viele Tage gemeinsam zu proben.

Während Myllarguten im Konzertsaal seine Musik, wie damals üblich, solistisch spielte, konzertiert und komponiert Gjermund Larsen heute mit und für klassisches Orchester. In dem Werk To Zeitblom – Concerto For Hardanger Fiddle And Orchestra des zeitgenössischen Komponisten Lars Petter Hagen, uraufgeführt mit dem Ensemble Modern bei den Donaueschinger Musiktagen, spielt Larsen auf der Hardangerfiedel, die er neben der normalen Geige und dem Cello ebenfalls beherrscht, ein komplett improvisiertes Solo. Zusammen mit seinem Bruder Einar Olav und dem Kammerorchester Trondheimsolistene spielte er zudem im vergangenen Jahr zwei Suiten aus eigener Feder für das Album Trønderbarokk ein.

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Update vom
09.02.2023
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Dieser Text ist nur ein Auszug des Original-Artikels der Print-Ausgabe!

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