Seit sie 1988 mit Fairground Attraction Its got to beeeeeee
perfect trällerte, ist sie aus vielen Gehörgängen nicht mehr verschwunden. Sadenia kurz: Eddi Reader ist während ihrer drei Jahrzehnte umfassenden Karriere immer wandelbar geblieben, von Pop über Songwriting zu Scottish Folk.
Für den Folker ging sie auf eine Reise von der Kindheit und Jugend im Glasgower Slum über eine turbulente Zeit als Straßenmusikerin in Frankreich bis zur Wiederentdeckung ihrer schottischen Wurzeln und der zufälligen Enthüllung ihrer deutschen DNS.
All das bündelt sie auch auf ihrem aktuellen Album Vagabond in einer ganz beiläufigen Autobiografie.
Dieses Album spiegelt wider, wie die Musik mir erlaubt hat, durchs Leben zu reisen ohne Ausbildung, mit viel Glück, ein bisschen Planung und ein paar natürlich erworbenen Fertigkeiten, fasst Eddi Reader den Charakter von Vagabond zusammen. Ist das schon eine Retrospektive auf das Lebenswerk? Das ginge vielleicht ein wenig zu weit, zumal die Fünfundfünfzigjährige natürlich keinerlei Anstalten zeigt, sich in der Blüte ihrer Jahre auf ein Ruhekissen zu legen. Doch man kann sich aus den neuen Songs fast jeden beliebigen herauspicken und damit tatsächlich jeweils ein Kapitel aus ihrem Leben aufschlagen, sich damit an ihrer ereignisreichen Vita entlanghangeln. Gleich der Opener führt sehr eindrücklich zurück in die Kindheit, in den Glasgower Arbeitervorort Anderston, der damals landläufig Slum genannt wurde, für Eddi Reader aber ein Hort der Wärme war. Die Tochter eines Schweißers wächst als Älteste von sieben Geschwistern in einem Wohnblock mit acht Familien auf, wo Alkohol ein großes Problem ist. Ihre musikalische Prägung erfolgt dort zunächst in einer ganz anderen Richtung als auf schottische Musik. Meine Tanten und Onkel liebten das Jazzzeitalter. Readers erstes Vorbild ist die Mutter, die sich für Nat King Cole, Peggy Lee und Doris Day begeistert, während für den Vater die einzige Religion Elvis Presley heißt. Diese Hollywood-artige Sweetness der Mum versucht die Tochter schon mit sechs, sieben Jahren zu imitieren. Ich lernte daran, auch zu unterscheiden, wann meine Mutter schlecht und wann sie gut gelaunt war. Wenn sie sang, war sie glücklich, und deshalb identifiziere ich das Singen mit einer glücklichen, friedlichen, meditativen Zeit. Das sanfte Timbre eignet sie sich ganz bewusst an, denn für sie ist Musik bis heute kein Mittel, um Ärger rauszulassen, sondern um sich aus dem Käfig der Schmerzen zu befreien. Reader sieht darin auch eine Erklärung für ihren späteren, anhaltenden Erfolg in Japan. Dieses Volk, meint sie, während sie im Hotel in Shibuya sitzt, sei ja so romantisch, sogar im Frühstücksraum gebe es nur zarte Nylongitarren. Die haben hier einen sehr weichen Zugang zum Leben. ... mehr im Heft |
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