LABELPORTRÄT 67
Wir waren lebendig und wahnsinnig
Fünfundzwanzig Jahre Real World Records
Labelarbeit mit einer großen Vision fern der Schubladen
Wie fasst man ein Vierteljahrhundert an Veröffentlichungen zusammen, wie wählt man aus über zweihundert Alben von Nusrat Fateh Ali Khan, den Blind Boys of Alabama, Adrian Sherwood, Yungchen Lhamo bis Afro Celt Sound System oder Daby Touré knapp fünfzig Titel aus, die diese Arbeit würdig abbilden? Real World Records ist das schier Unmögliche gelungen: Anlässlich des runden Geburtstags erschien im Sommer eine Drei-CD-Box mit dem unspektakulären Titel Real World 25, die das breite musikalische Spektrum der passionierten Labelarbeit in den Fokus rückt.
TEXT: CLAUDIA FRENZEL
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Sicherlich ist die Erfolgsgeschichte der britischen Plattenfirma auch mit seinem prominenten Gründer, dem Ausnahmemusiker Peter Gabriel verbunden. Der ehemalige Genesis-Sänger hat in seine Vision, Musiker aus anderen Teilen der Welt bekannter zu machen, einen Kulturaustausch zwischen der westlichen und der restlichen Welt zu befördern, viel Zeit und Geld investiert. Das Label, so scheint es heute, war nach den ersten WOMAD-Festivals, hinter deren Idee ebenfalls Gabriel stand, nur eine logische Konsequenz.
Musiker und Musikmanager kennen die Situation, wenn Amanda Jones auf den einschlägigen Musikmessen der Welt auftaucht: Fast jeder will die Labelmanagerin von Real World Records treffen, ihr eine CD zustecken oder einen Künstler ans Herz legen, in der Hoffnung, dass dieser es bis zu einer Veröffentlichung schafft.
Amanda Jones bleibt in solchen Situationen freundlich, aber bestimmt, denn die Auswahl obliegt ihr, Gabriel und dem Team. Die Alben entstehen fast ausschließlich in den Real World Studios, die in einem alten Mühlengebäude im Dorf Box in der englischen Grafschaft Wiltshire, knappe vierzig Autominuten von Bristol entfernt untergebracht sind.
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Wir wollten mit Musik arbeiten, die echte Leidenschaft mitbringt, eine gute Atmosphäre verbreitet und einfach den Groove hat.
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Wir haben hart daran gearbeitet, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich die Künstler wohlfühlen können, erzählt Peter Gabriel und beschreibt die Magie des Ortes: Eine historische Mühle, umgebaut und mit der neuesten Technik ausgerüstet, an einer alten von Rohrschilf gesäumten Steinbrücke, die über einen kleinen Fluss führt, der durch die wunderschöne Gartenlandschaft des Städtchens Box fließt und ganz in der Nähe der altertümlichen Steine von Avebury und Stonehenge liegt
Im Gegenzug erhielten sie außergewöhnliche und einzigartige Aufnahmen.
Auf eben jenes traumhafte Gelände, wo man sich ganz der Kreativität hingeben kann, hatte es Amanda Jones bei der Labelgründung auch abgesehen. Bei Gabriel traf sie auf einen Musiker, der nicht nur die eigene Musik in den Mittelpunkt stellte, sondern der offen und begeisterungsfähig für Neues war, nach ungewohnten Klängen suchte und eine enorme Leidenschaft für die Musik anderer Kulturen mitbrachte. Ich hatte nie wirklich vor, Mitglied einer Plattenfirma zu sein, denn die Beziehung zwischen einem Label und seinen Künstlern hat ein bisschen was von einer Ehe. Sie hat ihre Höhen, aber sicherlich auch ihre Tiefen, so Gabriel rückblickend ohne einen Moment der Reue. Dabei hätte er sich auf dem Erfolg von Genesis auch einfach ausruhen und sich weiter seinen Umwelt- und Menschenrechtsaktivitäten widmen können, aber Thomas Brooman, der zu jener Zeit künstlerischer Leiter des WOMAD-Festivals war, überredete den Musiker schließlich. Es könne doch nicht sein, dass all diese hochkarätigen Künstler zum WOMAD-Festival kommen und keiner von ihnen eine Chance auf einen Plattenvertrag in der westlichen Welt hat. Jones und Brooman kannten Peter Gabriel als quasi lokalen Musiker und sie schafften es, ihn von der Idee eines eigenen Labels zu begeistern. Peters Studio ist wirklich riesig und mit all diesen fantastischen, großzügige Räumen ausgestattet, was bedeutete, dass die Musiker dort live auftreten und wir es aufnehmen konnten, sagt Amanda Jones.
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