LABELPORTRÄT 66
Fünfzig Jahre reinste Entdeckerfreude
Nonesuch Records
Hören ohne Grenzen
Betrachtet man den Katalog mit Neuveröffentlichungen des Labels Nonesuch Records mit Sitz in New York, fällt es gar nicht so leicht, eine Linie zu erkennen, abgesehen von einem offenkundigen Eklektizismus. Und der verbindet scheinbar so gegensätzliche Genres wie klassische und zeitgenössische Musik, Jazz, Pop, Americana, Theater- und Weltmusik. Ein Konzept, das auf äußerste klangliche Vielfalt und reine Entdeckerfreude angelegt zu sein scheint. Kein Wunder, dass einige der kreativsten Köpfe, Musiker wie Komponisten, bei Nonesuch eine Heimat gefunden haben. Und so begegnen wir Caetano Veloso, Youssou NDour, Bill Frisell, Joni Mitchell, Brad Mehldau, dem Kronos Quartett, Pat Metheny, John Zorn, Dawn Upshaw oder Emmylou Harris unter einem geräumigen Dach.
TEXT: ROLF BEYDEMÜLLER
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Wir haben einfach
gemacht, was wir
gemacht haben.
Es war unser Ding.
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David Lewiston
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Angefangen hat alles im Jahr 1964. Jac Holzman, Chef von Elektra Records, gründete Nonesuch Records, um einem kulturell aufgeschlossenen Publikum Schallplattenaufnahmen klassischer Musik zum Preis der damals beliebten Paperbacks mit klassischer Literatur anzubieten. 1964 bedeutete das 2,50 Dollar je Exemplar. Es ging um lizenzierte Ausgaben von Aufnahmen europäischer Labels, die für den amerikanischen Markt aufbereitet wurden, sprich um Umverpackung.
A&R-Koordinatorin wurde Teresa Tracey Sterne, eine Konzertpianistin, die sich anstelle einer Karriere als Musikerin schließlich fürs Musikmarketing entschieden und bereits ausreichend Erfahrung im Bereich klassischer Musik bei Columbia Records und Vanguard gesammelt hatte. Ab 1967 veröffentlichten sie und Produzent Peter Seigel auf dem Sublabel Nonesuch Explorer indigene Musik aus allen Ecken der Welt. Nonesuch wurde damit gleichzeitig zum Pionier der Bewegung, die heute unter dem inflationären Begriff Weltmusik läuft. Als erstes Label überhaupt trat es an eine abenteuerlustige Hörerschaft heran, beflügelt von dem Gedanken, dass sich Feldaufnahmen mit Musik unterschiedlicher Kulturen verkaufen lässt, und viel wichtiger: dass diese den gleichen Stellenwert besitzen wie klassische Werke. Labelchef Holzman war ein großer Weltmusik-Freund und hatte bereits zuvor bei Elektra Schallplatten mit Musik dieses Genres veröffentlicht. Folkways und andere kleine Labels hatten zwar bereits früher ethnografische Aufnahmen herausgebracht, doch waren diese zumeist sehr schulmeisterlich aufbereitet und wenig dazu angetan gewesen, Genuss am Hören aufkommen zu lassen.
David Lewiston, Musikwissenschaftler und Kompositionsschüler von Thomas de Hartmann, der seinerseits Schüler des berühmt-berüchtigten Mystikerphilosophen Georgij I.
Gurdjieff war, kehrte 1966 von einer Reise nach Bali mit Originalaufnahmen von bis dato im Westen völlig ungehörten Klängen zurück. Musik verschiedener Gamelanensembles und somit gleichzeitig ein Überblick über die zahlreichen sehr unterschiedlichen Musikstile auf der verhältnismäßig kleinen Insel sind Inhalt der ersten Veröffentlichung mit dem Titel Music From The Morning Of The World. Das Album avancierte überraschenderweise rasch zum Geheimtipp und erreichte hohe Chartplatzierungen. Auf dem Folgealbum Golden Rain wagte man es, gleich eine komplette Plattenseite mit Ketjak, dem sogenannten Affengesang zu präsentieren Inhalt sind Erzählungen des Ramayana-Epos. Aufnahmen buddhistischer Rituale aus Tibet, Gamelan aus Java, traditionelle Musik für Koto, Shakuhachi und Shamisen aus Japan, die Musik des Kabuki-Theaters, Ram Narayan, der indische Großmeister an der Sarangi, Derwischrituale der Sufi in Marokko, Dhrupad, ein Gesangsstil des indischen Nordens, Tänze und Lieder aus Bolivien, Peru, Brasilien oder Kolumbien
all das und mehr füllte in den kommenden Jahren den Explorer-Katalog.
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FOLKER auf Papier
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