FOLKER – Neue Töne von rechts

Neue Töne von rechts?

Fachtagung zu aktuellen Tendenzen
in der Jugendmusikkultur

Es gibt sicher angenehmere Gründe für eine Thüringenreise – beispielsweise das TFF in Rudolstadt. Aber es gibt Themen, die nun mal existieren und denen man sich stellen muss. Ein solches ist die rechte Musik von Rock bis Lied, und dazu veranstalteten die Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) in Zusammenarbeit mit ihrer Thüringer Landeszentrale Anfang Dezember 2013 in Neudietendorf bei Erfurt eine mit rund einhundert Teilnehmern gut besuchte Fachtagung zu aktuellen Tendenzen der rechten Jugendmusikkultur und den Herausforderungen für die politische Bildung. Die Teilnehmer kamen hauptsächlich aus Anti-Rechts-Projekten oder Behörden wie etwa der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, die meisten kannten sich von ähnlichen Veranstaltungen.

TEXT: REINHARD „PFEFFI“ STÄNDER

Dass man sich für Thüringen als Gastgeber entschied, hatte einen Grund: Mit dem Festival Rock für Deutschland in Gera oder der rechten Musikszene in Altenburg ist das Bundesland in dieser Hinsicht in besonderem Maß betroffen. So zu hören im Eröffnungsreferat von Jan Raabe vom Verein Argumente und Kultur gegen Rechts aus Bielefeld und Martin Langebach von der Bundeszentrale für politische Bildung. Beide verwiesen dabei auch auf das aus Jena stammende, für mehrere Morde verantwortliche NSU-Trio. Im weiteren Verlauf des Vortrags stellte man alle Facetten rechter Musik vor – teilweise anhand von Musikbeispielen –, die sich Stilen wie Punk Metal, Gothic und Neofolk bedient und bis zu rechten Liedermachern wie Frank Rennicke reicht, wobei man den Anteil Lied in der NS-Musik nur auf sechs bis acht Prozent schätzt. Dafür sind in den letzten Jahren zunehmend junge Hip-Hop-Bands mit rechten Inhalten aufgetaucht.
WALTER MOSSMANN * FOTO: INGO SCHNEIDER
» Verbote oder mediales Schweigen genügen nicht. «

Rechtes Gedankengut ist in der Musik generell oft nicht sofort erkennbar: Es gibt Bands, bei denen nur einer von fünfzig Titeln solche Inhalte bietet. Beliebt sind veränderte Coverversionen wie etwa im Fall eines Songs von Annett Louisan, der in „Er will doch nur spielen“ umgetextet wurde. Daher ist auch die Zahl der Indizierungen von Tonträgern recht gering und erfolgt meist viel zu spät. Die Szene achtet sehr genau darauf, dass die Texte möglichst legale Inhalte aufweisen. Auch ändern die Bands ständig Cover und Titelfolgen. Die rechte Musikszene veröffentlicht jährlich rund einhundertzwanzig Alben neu, Tendenz rückläufig infolge illegaler Downloads. Bezeichnend für den Anstieg dieser Musik im Osten ist die Tatsache, dass die drei führenden Labels in Chemnitz, Cottbus und Dresden beheimatet sind. Zum Abschluss des Vortrags gingen Raabe und Langebach auf das Thema internationale Beziehungen ein. Demnach treten deutsche Neonazibands vor allem in Italien und Belgien auf.

Zur Fachtagung gehörten Workshops zu Themen wie Bildungsarbeit, Rechtsfragen, Internet und Jugendschutz, aber auch direkt zur Musik wie der Arbeitskreis „Rechte Lieder, linke Lieder – alle aus einem Guss?
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Das Folkrevival der völkischen Liedermacher in Deutschland“ mit einem Urgestein der Lied- und Folkszene: Walter Moßmann. Er erläuterte dort, woher seine Beschäftigung mit dem Thema kommt. Seine „Ballade vom Hexenhammer und vom Schiess-Erlass“, ein Flugblattlied von 1974, war in veränderter Form 2006 von der völkischen Chorgemeinschaft Die Birkler gecovert und im Internet verbreitet worden (siehe dazu beziehungsweise generell zum Thema auch Moßmanns Beitrag ‚Liederdiebe' in Folker 6/2006). Der ehemalige Musiker und heutige Autor arbeitete praxisnah mit Musikbeispielen und Textblättern. Das völkische Folkrevival versuchte demnach bereits zwanzig Jahre nach dem weltweiten Folkrevival der Sechzigerjahre, an die deutsche Folktradition anzudocken, etwa durch die Gruppen Radikahl und Absurd („Setzt aufs Dach den roten Hahn“).

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