Überland zu Hause und in aller Welt
Max Lässer
ALPINE MUSIK ZIEMLICH ANDERS
Die großen Träume müssen manchmal lange warten. Eigentlich hat der Schweizer Ausnahmegitarrist alles richtig gemacht. Mit zweiundzwanzig verließ er seinen Brotjob hinter dem Bankschalter, um sich voll und ganz der Musik zu widmen. Diese hat sich während seiner über vierzigjährigen Musikerkarriere mit dem Alter gewandelt. Nach rockig-bluesigen Anfängen, der Zusammenarbeit mit der Creme der Schweizer Liedermacherszene und Projekten mit New-Age-Klängen spielte er mehrere Alben mit südafrikanischen Musikern ein. Ich konnte immer meine Musik machen. Jede Phase hatte ihre Höhepunkte, meint er dazu. Seinen Traum, einmal über längere Zeit hinweg mit der gleichen Band zusammenzuspielen, hat er mit der Gründung des Überlandorchesters im Jahr 2001 in die Wege geleitet.
TEXT:
MARTIN STEINER
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Ueberland hieß das Album, mit dem Max Lässer die Äcker der deutschschweizerischen Musiktraditionen nachhaltig umpflügte. Darauf überwiegen fein gezupfte und geslidete Töne, die zuweilen auch ganz unschweizerisch klingen. 2001 erhielt Lässer den Auftrag, für die im folgenden Jahr stattfindende sechste Schweizer Landesausstellung EXPO 02 ein Projekt mit alpiner Musik zur Aufführung zu bringen. Eigentlich sollte der Auftritt in Biel ein einmaliger Anlass bleiben, doch die elf beteiligten Musiker hatten einen solchen Spaß daran, dass sie sich entschlossen, weiter zusammenzuarbeiten.
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Das Spielen macht mir so viel Spaß wie noch nie in meiner Karriere.
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Mit einer zwölfköpfigen Band, unter anderen mit dem Gitarristen Hank Shizzoe, dem Alphornbläser Balthasar Streiff und den Jodlerinnen Christine Lauterburg und Monika Schär ging die Formation im Februar 2003 auf eine Schweizer Tournee, die an zehn Konzertabenden über sechstausend Menschen anlockte.
www.maxlaesser.com
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AUSWAHLDISKOGRAFIE:
Alte Schweizer Tänze (Gold Records, 1982)
Into The Rainbow (Max Lässers Ark; Impact, 1985)
Madamax (mit Madala Kunene und Lulu Plaatjes; Impact, 1998)
Ueberland (Phonag, 2001)
Überland Duo + (mit Markus Flückiger; Phonag, 2007)
Überländler (mit dem Überlandorchester; Landjäger Musig, 2009)
Iigschneit (mit dem Überlandorchester; Landjäger Musig, 2011)
Arr Ju Launsam Tuneit? (mit Thomas Rabenschlag; Eigenverlag, 2014)
TERMINE:
Max Lässer & Thomas Rabenschlag (Musik zu Texten von Robert Gernhardt)
05.03.14 CH-Bern: La Cappella
06.-08.03.14 CH-Wädenswil: Ticino
12.03.14 CH-Bern: La Cappella
14.-15.03.14 CH-Baden: Thik
21.03.14 CH-Zug: Burgbachkeller
10.-12.04.14 CH-Zürich: Millers Studio
26.04.14 CH-Bremgarten: Kellertheater
Max Lässer & das kleine Überlandorchester (Unerhörte Schweizer Alpenmusik)
04.04.14 CH-Bassersdorf: Ref. Kirche
Max Lässer & Markus Flückiger Überland Duo+ (Unerhörte Schweizer Alpenmusik)
20.03.14 CH-St. Gallen: Restaurant Jägerhof
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Sechs Jahre später veröffentlichte das Orchester mit veränderter Besetzung die CD Überländler. Vor allem die dazugehörige Bonus-Live-DVD zeigte auf, wie ungewöhnlich die Gruppe an die Schweizer Volksmusik heranging. So frisch, unverkrampft und spannend hatte Alpenmusik zuvor kaum geklungen. In achtköpfiger Besetzung mit vier Gästen, darunter Hubert von Goisern, kam 2011 das Album Iigschneit heraus. Trotz einhellig guter Kritiken bekundete die Formation ein Problem für Veranstalter: Wie sollte ein Schweizer Kleintheater eine solch große Band bezahlen, falls es denn überhaupt genügend Platz auf der Bühne gab?
Die Lösung kam mit dem auf Quartett- bis Sextettgröße geschrumpften Kleinen Überlandorchester. Mit dem Quartett sind wir viel flexibler. Wir haben keinen Schlagzeuger mehr, brauchen keinen Tontechniker und sind mobiler, meint der Wahlbadener. Von seinem luftigen Loft aus sieht er auf die Limmat.
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Am anderen Ufer des Flusses befindet sich sein mit den unterschiedlichsten Saiteninstrumenten gefülltes Studio. Neben Max Lässer spielen in der Standardformation des Kleinen Überlandorchesters Markus Flückiger, der aktuell wohl einflussreichste und innovativste Spieler auf dem Schwyzerörgeli (diatonischen Akkordeon), Patrick Sommer am Kontrabass und Töbi Tobler am Hackbrett. Tobler macht mit seinem Hackbrett seit den Siebzigerjahren Klangreisen, ausgehend von der Appenzellermusik bis zu frei improvisierter Avantgarde und Jazz. Er spielte bereits in den Sechzigern mit Max Lässer zusammen, allerdings als Rockschlagzeuger.
Mit dem Kleinen Überlandorchester ist für Lässer sein Traum nun wahr geworden: Ich wollte schon immer mit Musikern in einer Langzeitband spielen. Wir sind mittlerweile so gut aufeinander eingespielt, dass jeder genau weiß, was der andere will. Wir können vier bis fünf Stunden an einem Abend spielen und unser Programm in jedem Konzert variieren. Es entsteht ein Flow, wie das manchmal bei englischen oder amerikanischen Bands geschieht, die jeden Abend auftreten. Wer das Kleine Überlandorchester live erlebt, spürt sie, diese Magie, die auf der Bühne entsteht. Schon bei einer einfachen Polka hört man: Da sitzen Männer auf der Bühne, die ihren musikalischen Horizont weit geöffnet halten. Markus Flückiger entlockt seinem Akkordeon höchst ungewöhnliche Klänge. Seine Eigenkompositionen verströmen eine faszinierende Mischung aus Melancholie und Virtuosität. Wo liegt die Wiege der Schweizer Volksmusik in Osteuropa, Finnland, Argentinien oder doch eher im Muotathal? Töbi Tobler legt die Koordinaten mit seinen Hackbrettsoli anders. Seine Reise führt vom Appenzell in den Orient. Und wenn Max Lässer mit seinen Gitarren, Mandolinen und der Weissenborn Lap Slide auch noch karibische und südafrikanische Ingredienzen beimischt, wird klar: Hier geht es nicht nur um eine Spurenfindung und Erweiterung der musikalischen Sprache der Schweizer Volksmusik. Hier sind Künstler unterwegs, die ihre eigene alpine Musik schaffen.
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FOLKER auf Papier
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