Botschafter für Frieden und Toleranz
Das Festival au Désert
im Exil
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Als Islamisten 2012 im Norden Malis nicht nur Moscheen und Mausoleen zerstörten, sondern auch jede Form von Musik verbaten, schlugen Musiker wie Bassekou Kouyate Alarm: Wer Mali die Musik nimmt, reißt diesem Land sein Herz heraus. Nirgendwo sonst in Afrika leben so viele Musiker wie in Mali, einem der ärmsten Länder des Kontinents. Seit 2001 findet hier das größte Musikfestival Westafrikas statt, das Festival au Désert. Wegen der politischen Unruhen musste die Veranstaltung 2013 abgesagt werden. Festivalgründer Manny Ansar suchte nach Wegen, das Festival am Leben zu erhalten. Er nahm Kontakt mit Christoph Schlingensiefs Operndorf Afrika in Burkina Faso auf. Das Festival au Désert ging ins Exil und gastierte Anfang Januar auf Einladung des Operndorfes und der Stiftung Partnerschaft mit Afrika in Berlin.
TEXT:
SYLVIA SYSTERMANS
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Manny Ansar gehört zu den Musikern, die sich in den vergangenen Jahren maßgeblich für die Musikszene Malis eingesetzt haben. Für sein Engagement wurde er im vergangenen Sommer mit dem Freemuse Award ausgezeichnet. Bei der Preisverleihung bedankte er sich für die Solidarität. Sie hilft uns, unsere tiefe musikalische Tradition in Mali zu bewahren. Während extremistische Kräfte versuchten, die Musik in seinem Heimatland zum Schweigen zu bringen, könne durch die weltweite Aufmerksamkeit und Anteilnahme die Botschaft des Festivals von Toleranz und Pluralität im Exil weiter verbreitet werden, bis wir in unsere Heimat in Timbuktu in Frieden zurückkehren können.
2001 hatte Ansar das Festival au Désert ins Leben gerufen, das seitdem jährlich nördlich von Timbuktu stattfand und Musiker, Produzenten, Veranstalter und nach und nach auch ein internationales Publikum anzog.
Mit seinem Festival habe er viel für die Einheit des Vielvölkerstaats Mali leisten können, sagt der Tuaregmusiker. Nach den Tuaregaufständen der Neunzigerjahre hatte es große Spannungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen gegeben. Beim Festival au Désert tanzten dann auf einmal Familien aus verschiedenen Ethnien zusammen auf den Dünen. Wir Musiker können in Mali unser Volk viel leichter zusammenbringen als die Politiker, sagt Ansar. Bands wie Tinariwen diente das Festival als Sprungbrett auf internationale Konzertbühnen. Rock- und Popgrößen wie Robert Plant, Björk und Bono traten beim Festival au Desért auf. Als vor zwei Jahren Islamisten in Timbuktu einfielen, musste Manny Ansar mit ansehen, wie sie Ausrüstung, Bühnenanlage und Generatoren des Festivals zerstörten. Befreundete Musiker wurden massiv bedroht. Die Angst vor Entführungen ausländischer Festivalgäste wuchs.
Konflikte zwischen den nomadischen Tuareg und traditionell sesshaften schwarzafrikanischen Volksgruppen in Afrika haben eine lange Geschichte. Immer wieder kämpften Tuareg für bessere Lebensbedingungen. Als Tuaregrebellen der nationalen Befreiungsbewegung MLNA Anfang 2012 Militäranlagen in der Region Kidal angriffen, ging es ihnen jedoch nicht um bessere Lebensbedingungen. Diesmal rebellierten sie gegen die malische Regierung und erklärten die Region Azawad im Norden Malis zum unabhängigen Staat. Präsident Amadou Toumani Touré wurde gestürzt, die MLNA und islamistische Rebellengruppen die, anders als die MLNA, einen islamistischen Staat nach den Gesetzen der Scharia anstrebten brachten den Norden Malis unter ihre Kontrolle. Kenner der Region sagen, der Konflikt in Mali hänge eng mit dem Tod Muammar al-Gaddafis zusammen. Der libysche Diktator hatte nach dem Ende der letzten Tuaregrebellion kampferprobte Tuaregmänner aus Nordmali für seine Armee rekrutiert, die während des Bürgerkriegs in Libyen auf der Seite Gaddafis kämpften. Nach dessen Sturz kehrten viele Tuareg nach Mali zurück und verschafften den Aufständischen vor Ort die entscheidende Schlagkraft im Kampf gegen die Zentralregierung im Süden. Als Anfang vergangenen Jahres die Einnahme der Hauptstadt Bamako durch Islamisten drohte, griff Frankreich als ehemalige Kolonialmacht ein. Malische und französische Truppen drängten die Extremisten zurück. Gebannt ist die Gefahr für Manny Ansar damit nicht. Viele Extremisten hätten sich in die Wüste zurückgezogen und könnten von dort aus Anschläge verüben.
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