Seit zwei Jahrzehnten gehört Habib Koité zur ersten Garnitur der westafrikanischen Musikszene. Die Zeitschrift Rolling Stone nannte ihn, der weltweit über zweihundertfünfzigtausend Tonträger verkauft hat, gar Malis biggest pop star. Das trifft es aber nicht wirklich. Er hat zwar mit Bluesleuten wie Bonnie Raitt und Eric Bibb gespielt und ist in David Lettermans Late Show aufgetreten, aber in seiner Musik finden sich relativ wenige westliche Popelemente. Habib Koité bevorzugt einen weitgehend traditionellen Gruppensound, dominiert von seiner akustischen Gitarre. Anders als so viele seiner Kollegen verspürte er nie das Bedürfnis, sich in Europa niederzulassen. Er liebt Mali, und darum ist sein aktuelles Album Soô über weite Strecken eine Reaktion auf die aktuelle Krise seiner Heimat.
Streng genommen ist Habib Koité gar kein malischer Musiker, denn geboren wurde er 1958, noch zur Kolonialzeit, im senegalesischen Thiès. Sein Vater gehörte zu den Erbauern der Eisenbahnlinie von Dakar nach Bamako, und als Habib ein halbes Jahr alt war, zog die ganze Familie um in die Stadt Kayes im heutigen Südwestmali, später dann in die Metropole Bamako. Mit seinen siebzehn Geschwistern wuchs Koité in einer Griotfamilie auf, in der Musik alltäglich war. Sein Großvater war ein Virtuose auf der Kamale Ngoni, dem traditionellen Saiteninstrument der Jäger, seine Eltern sangen und spielten Gitarre, auf der sich auch der Sohn schon früh versuchte. Er war bald so gut, dass er seine Mutter bei Auftritten begleiten konnte. Ein Onkel, der Habibs herausragende Begabung erkannte, überzeugte die Familie schließlich, dieses Talent zu fördern, und so schickte sie ihn nicht, wie eigentlich geplant, zur Ingenieursausbildung an die Universität, sondern ermöglichte ihm ein Musikstudium an Malis nationaler Kunsthochschule, dem Institut National des Arts (INA). Dort blieb Koité dann auch nach seinem Abschluss 1982 für vier Jahre als Gitarrendozent.
Studiert hatte er klassische Gitarre; damals entstand seine Vorliebe für das akustische Instrument. In den späten Achtzigern habe ich dann mal eine Weile elektrische Gitarre gespielt, aber das dauerte nicht lange. Ich liebe einfach den Klang von Nylonsaiten. Damit kann ich auch viel besser verschiedene traditionelle malische Zupfinstrumente imitieren. Noch nicht mal ein Plektrum benutze ich, nur die Finger. Dafür weicht er auch gern mal von der international üblichen Art, die Gitarre zu stimmen, ab und benutzt verschiedene von ihm selbst entwickelte Stimmungen.
Sein erstes Album Muso Ko erreichte Platz zwei in den World Music Charts Europe, und Habib Koité wurde regelmäßiger Gast auf großen Festivals wie WOMAD in England oder Montreux in der Schweiz. Er spielte mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen afrikanischen Ländern wie Dobet Gnahoré aus Côte dIvoire oder Südafrikas bestem Liedermacher Vusi Mahlasela; und im Jahr 2000 tourte er sogar als Gast der legendären Freejazzband The Art Ensemble of Chicago durch Europa und die Türkei. ... mehr im Heft |
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