THE OUTSIDE TRACK
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Authentizität ist das Wichtigste
Vierzig Jahre The Irish Folk Festival
Voice-of-a-Nation-Tour 2013
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Keine andere Tournee hat so viel für die Bekanntheit traditioneller irischer Musik und irischer Volksmusik hierzulande getan wie das Irish Folk Festival (IFF). Das mit dem The davor, die Mutter aller Irish Folk Festivals mit anderen Zusatzwörtern oder gänzlich anderen Titeln. 1974, als alles anfing und die erste Tour durch die Lande reiste, befand sich Deutschland noch voll im Griff des Folkrevivals, das sich mit der vor allem von Heinrich Bölls Irischem Tagebuch genährten Sehnsucht nach einem ursprünglichen, echten, natürlichen oder, wie man heute sagt, authentischen Leben auf der Grünen Insel in Europas Nordwesten verband. Die Iren hatten noch das, was wir Deutschen durch den Missbrauch unserer Volkskultur durch die Nazis und die anschließende Abkehr von allem, was nach Deutsch- und Volkstümelei roch, verloren hatten. Und sie waren (aus deutscher Sicht) unschuldig, hatten keine ähnlich gravierende politische Vergangenheit aufzuarbeiten, ja, waren selbst Jahrhunderte lang kolonisiert worden. So pilgerten viele junge Leute nach Irland, erlebten dort das, was sie suchten. Als Carsten Linde mit seinem ersten IFF startete, fand er somit genug interessiertes und begeistertes Publikum. Sechsundzwanzig Jahre lang führte er, zuletzt unterstützt von Axel Schuldes, das Festival fast jährlich durch Deutschland und einige Nachbarländer.
TEXT:
MICHAEL A. SCHMIEDEL
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Im Jahr 2000 verkaufte Linde das Irish Folk Festival an Petr Pandula,
der bis dahin vor allem als Manager des St. Patricks Day Celebration Festivals bekannt war, das heute unter dem Namen
Irish Heartbeat firmiert. Pandula ist wie Linde ein Kulturmanager, dem es vor allem auf die
Echtheit der Musik ankommt. Er legt großen Wert darauf,
die Musiker in Irland selbst zu finden. Die Insel besuchte er seit den 1970ern regelmäßig, als ein Telefonat von dort zur Mutter nach Stuttgart noch mit dem Kurbeltelefon und Vermittlung per Hand via Dublin und London nach Deutschland geführt wurde. Vor etwa zehn Jahren wurde er selbst irischer Staatsbürger, verlegte den Sitz seiner Firma Magnetic Music nach Doolin in die Grafschaft Clare und ist somit ganz nah dran an der irischen Szene.
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PANDULA SETZT SICH BETONT AB VON KOLLEGEN VON INTERNETS GNADEN?, DIE NUR NOCH ONLINE AUF RECHERCHE GEHEN.
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Die Zeiten haben sich geändert, zwischenzeitlich gab es in Irland die Aufschwungblase des Keltischen Tigers,
die wieder geplatzt ist. Pandula meint, die Iren hätten während dieser Zeit zu oft Dollarzeichen in den Augen gehabt.
Auch die Musiker hätten nicht selten horrende Gagenvorstellungen gehegt, aber das habe sich wieder normalisiert.
Pandula sucht seine Musiker in den Sessions, bei den Wettbewerben und auf Festivals und muss hier und da auch seine
Trinkfestigkeit unter Beweis stellen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Er setzt sich betont ab von Kollegen von
Internets Gnaden, wie er sie nennt, die nur noch online auf Recherche gehen. Das Irish Folk Festival und seine anderen Tourneen sollen authentisch sein und keine Celtic-Dingsbums-Shows, bei denen den Musikern bis auf die Kleidung alles vorgeschrieben wird. Authentizität bedeutet eben zweierlei: echt irisch und echt sie selbst.
Gleichzeitig achtet der Organisator auf die ausreichende Durchmischung dessen, was auf der Bühne geschieht: verschiedene Stile, Gesang und Instrumentalstücke, langsame und schnelle Tunes, Männer und Frauen, Alte und Junge, Traditionelleres und Moderneres. So bietet jedes IFF eine große Bandbreite irischer Musik. Aufgeteilt wird jedes Konzert im Verhältnis drei zu eins, das heißt drei Künstler vor und einer nach der Pause. Der letzte Programmpunkt besteht meistens aus einer Band mit vier, fünf oder mehr Mitgliedern, während den Part vor der Pause oft Solisten oder Duos gestalten. Das sind die Vorgaben, innerhalb deren sich die Musiker frei entfalten dürfen. Nur eines ist Pandula noch wichtig: Sie sollen Irland und die weltweit verbreitete irische Kultur repräsentieren, und das auch, wenn sie keine Iren, sondern zum Beispiel Schotten oder Kanadier sind. Das machen sie aber alle gerne, sagt der Magnetic-Music-Chef.
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FOLKER auf Papier
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