Musikalische Seilschaften
Gerhard Gundermann
Zum 15. Todestag des Liedrockpoeten
Jeder Musiker ist zufrieden, wenn seine Konzerte ausverkauft sind. Vor allem, wenn es sich um das in den Medien allzu oft
vernachlässigte Genre Lied handelt. Bei Konzerten mit den Songs von Gerhard Gundermann drängelt sich das Publikum
besonders nach Karten. So schon seit einigen Jahren immer wieder zwischen Weihnachten und Silvester im Berliner Postbahnhof.
Zweieinhalbtausend Zuschauer aller Altersgruppen stimmen dann seine Lieder an. Das Verblüffende dabei: Gundermann lebt seit
fünfzehn Jahren nicht mehr. Es sind die Randgruppencombo aus Tübingen, seine ehemaligen Bandkollegen der Seilschaft oder
andere Gruppen, die dafür sorgen, dass Gundis Werk nicht in Vergessenheit gerät.
TEXT:
REINHARD PFEFFI STÄNDER
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Gundermanns Lieder sind in ihrer Art außergewöhnlich. Kein anderer Liedermacher verstand es, den rauen Arbeitsalltag im Lausitzer Bergbaurevier, die Sprache der Kumpel auf derart poetische Weise zu verbinden mit Allegorien, Fabelwesen und Lebensweisheiten: Von jedem Tag will ich was haben / was ich nicht vergesse / ein Lachen, ein Sieg / eine Träne, ein Schlag in die Fresse. Immer wieder engagierte er sich in seinen Texten für die Verlierer der Gesellschaft, die kleinen Leute im Osten des Landes: Hier isses heute nicht besser als gestern und ein Morgen gibt es hier nicht. Oder für die Umwelt: Und die Suppe die wir heute in die Elbe ablassen / ham wir morgen wieder in den Suppentassen. Wer also war dieser schmächtige Dichtersänger im proletarischen Fleischerhemd-Outfit, der heute noch genauso populär ist wie zu seinen Lebzeiten?
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Von jedem Tag will ich
was haben / was ich nicht vergesse /
ein Lachen, ein Sieg / eine Träne, ein
Schlag in die Fresse.
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Gerhard Gundermann wurde 1955 in Weimar geboren und kam elf Jahre später nach Hoyerswerda, in die Bergbauregion zwischen Dresden und Cottbus. Während seiner Schulzeit schloss er sich dem dortigen Singeklub an, der bereits einen guten Namen hatte.
Nach einem abgebrochenen Offiziersstudium Gundermann wollte damals aktiv den Traum von der Weltrevolution à la Che Guevara mitgestalten kam er auf dem Boden der Tatsachen an und begann als Hilfsarbeiter im Tagebau.
Später qualifizierte er sich zum Baggerführer. Gleichzeitig schrieb er weiter Liedtexte, die seinen Singeklub schnell zu einem der besten der DDR werden ließen. Das aber war dem singenden Baggerführer nicht gut genug, zumal FDJ-Singeklubs nicht gerade beliebt waren. Mit Liedtheaterprogrammen reformierte er die Gruppe und gab ihr 1978 den Namen Brigade Feuerstein.
(Offizielle Seite des Vereins Gundermanns Seilschaft e.V.)
(Tonträger, Filme, Bücher über Gundermann)
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Auswahldiskografie:
Männer, Frauen und Maschinen (Amiga, 1988)
Einsame Spitze (Buschfunk, 1992)
Der 7te Samurai (Buschfunk, 1993)
Frühstück für immer (Buschfunk, 1995)
Engel über dem Revier (Buschfunk, 1997)
Empfehlung für Gundermann-Einsteiger:
Alle oder keiner Auswahl 1 (CD+DVD; Buschfunk 2008)
Konzerttipps:
21.-23.06.2013: Treffen Gundermanns Seilschaft, Kulturfabrik Hoyerswerda
28.09.2013: Gundi-Party, u. a. mit Dresen/Prahl, Wabe Berlin
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In den zehn Jahren ihres Bestehens stellten die Feuersteine gut zwei Dutzend äußerst kreative Liedtheaterstücke auf die Bühne, von der kritischen Parabel über Schülerprogramme, Märchenspiele, ein Ernst-Busch-Programm bis hin zum Liederzirkus mit lebenden Tieren, als Spectaculum sogar abendfüllend mit Rocktiteln zum Tanzen. Gundermanns Songs wurden zunehmend kritischer. Unter dem Programmnamen Power-Fabrik mischten Brigade Feuerstein Rockstandards mit Arbeiterliedgut und Folklore.
Die Texte handelten vom sinnlosen Wettrüsten im Kalten Krieg und von der Frage nach der Zukunft der DDR: Wo wollen wir hin? Den Westen kopieren oder einen anderen, ganz neuen Weg beschreiten? Gundermann als Querdenker eckte zunehmend an, wurde von der Staatsmacht mit Argwohn beobachtet. Eine Zeitlang ließ er sich als Stasi-IM mit der Macht ein. Er hoffte, diese Zusammenarbeit nutzen zu können, um auf Missstände im Arbeitsalltag hinzuweisen, um die DDR zu einem besseren Land werden zu lassen. 1984 hatte er erkannt, dass die Stasi ganz andere Ziele verfolgte, und beendete diese Tätigkeit. Daraufhin wurde er aus der SED ausgeschlossen und stand nun noch mehr unter Beobachtung. Inzwischen hatte Gundermann sich aber als Musiker in Kulturkreisen hohes Ansehen erworben und erhielt von dort Unterstützung, beispielsweise von der Akademie der Künste.
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FOLKER auf Papier
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