EDITORIALLiebe Musikfreundinnen und -freunde, ohne es darauf angelegt zu haben, ist aus der neuen Ausgabe des Folker ein kleines Schwerpunktheft in Sachen Deutschland geworden. Da ist an erster Stelle natürlich die Titelgeschichte zu nennen. Darin zeichnet Ulrich Joosten das Porträt einer ungewöhnlichen Formation. Seit über zwanzig Jahren präsentiert der Odenwälder Shanty Chor mit viel Spaß und abseits aller Klischees Seemannslieder. Der Beitrag bietet zugleich Informationen über ein oft nur mit volkstümlichen Programmen in Zusammenhang gebrachtes Genre, dessen Ursprung sich bis zum sechzehnten Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Im Gastspiel gehen wir dieses Mal mit gleich zwei Artikeln dem Klang des Vaterlands nach. Während Michael Zachcial sich vor dem Hintergrund des im vergangenen Jahr erschienenen Film Sound Of Heimat Gedanken über das deutsche Lied und seinen Missbrauch im Namen der Volksseele macht, fragt Ralf Gehler unter der Überschrift Das Fremde und das Eigene, wie wir den Umgang mit traditioneller deutscher Folkmusik fördern können. Die rein deutschen Themen komplettieren Kai Engelke und Stefan Backes. Engelke würdigt den Ruhrpottbarden Frank Baier, der sich mit der Veröffentlichung seines Buchs Glück auf! Liederbuch Ruhr Lieder und Lexikon (gemeinsam mit Jochen Wiegandt) selbst ein Geburtstagsgeschenk zum Siebzigsten gemacht hat. Und Backes gibt einen Überblick über christliche Liedermacher in Deutschland, deren Repertoire unter dem Motto Halt geben und Haltung bewahren in den vergangenen Jahren stilistisch so ausdifferenziert worden ist, dass alle weltlichen popmusikalischen Richtungen vertreten sind.
Ich habe an dieser Stelle schon mehrmals angemerkt, wie manche Künstler und ihr Management die Berichterstattung über sie reglementieren wollen. Zunehmend klagen auch die Fotografen über Einschränkungen bei ihrer Arbeit. Im vergangenen Jahr war es u. a. Alison Krauss, deren Sicherheitskräfte beim TFF vor und hinter der Bühne dafür sorgten, dass keine Fotos gemacht wurden. Ähnliches geschah bei den Konzerten von Leonard Cohen. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in Verdi rief ihre Mitglieder auf, nicht über seine Auftritte im vergangenen Herbst zu berichten. Das Cohen-Management habe als Gegenleistung für eine Akkreditierung eines Fotografen eine Vorabberichterstattung verlangt und sich gleichzeitig aber die endgültige Entscheidung über die Akkreditierung bis zum letzten Augenblick vorbehalten. Gleichzeitig sollten die Fotografinnen und Fotografen eine Vereinbarung unterzeichnen, ihre Fotos nur ein einziges Mal in einem einzigen, zuvor benannten Medium zu veröffentlichen. Während das Management für sich eine freie Nutzung aller Bilder verlangt habe. Vor allem Künstler aus den USA u. a. Bobby McFerrin und Chick Corea werden da genannt verlangen zudem vor der Veröffentlichung eine Freigabe. Bei Norah Jones sollten die Fotojournalisten sogar ihre Bildrechte an die Künstlerin abtreten. In einem Beitrag des Hamburger Abendblatts begründete Sven Hasenjäger, Manager diverser Bands und Künstler, diese Praxis mit den nicht kontrollierbaren Verbreitungsmöglichkeiten des Internets. Man möchte auch über Fotos ein Image aufbauen. Schlechte Bilder sind da sehr kontraproduktiv, wurde Hasenjäger zitiert. Zur Klarstellung in eigener Sache: Der Folker wird keine Fotos veröffentlichen, die nur unter den Bedingungen eines Knebelvertrags gemacht werden können. Wir veröffentlichen auch keine Beiträge oder Interviews, wenn eine vorherige Abnahme von Künstlern bzw. ihrem Management verlangt wird.
Ihr Folker-Chefredakteur PS: Der alltägliche Wahnsinn im Land der Freien und Mutigen geht weiter. Nach dem Blutbad, das ein Amokläufer im vergangenen Dezember in einer Grundschule in Connecticut angerichtet hat, wird im Abgeordnetenhaus in Washington mal wieder über eine Verschärfung des Waffenrechts diskutiert. Kein Tag vergeht, ohne dass darüber in den Zeitungen und im Fernsehen berichtet wird. Schön ausgewogen versteht sich. Hat die license to kill in den USA doch Verfassungsrang. Wenn Bürgerrechte abgebaut werden, stört das nur wenige, wenn den Amis die Sturmgewehre weggenommen werden sollen, gehen die Menschen auf die Barrikaden. Geht es nach dem Willen der Waffenfanatiker der National Rifle Association, sollte jeder US-Bürger eine Waffe im Schrank haben. Daher wird schon kleinen Kindern der Besitz einer Pistole schmackhaft gemacht. Mit den Worten Make Dad Jealous wird in einer Anzeige im Onlinemagazin Junior Shooters für den Kauf einer Kleinkaliberpistole geworben. Dazu hält ein junges Mädchen stolz eine Zielscheibe hoch. James Yeager, der Chef eines Unternehmens in Tennessee, das Zivilisten im Umgang mit Waffen trainiert, kündigte an, dass er Leute umbringen würde, wenn die Bemühungen um eine Verschärfung des Waffenrechts erfolgreich sein würden. Und es stellt sich die Frage, wen Andrew Napolitano, Journalist bei Fox News, meinte, als er sagte, die Verfassung verbürge das Recht, einen Tyrannen zu erschießen. Obama? Den Kongress? Man stelle sich einmal vor, was Polizei und FBI machen würden, wenn Muslime unter dem Verweis auf Verfassungsgrundsätze von möglicher Gewalt sprechen würden. Und wo waren die Wahrer des Rechts auf Waffenbesitz, als sich in den Sechzigerjahren die Black Panthers bewaffneten? Übrigens dürfen Menschen, die als Terrorverdächtige auf der sogenannten No Fly List stehen, ganz legal eine Waffe besitzen. Die doppelte Moral in der politischen Debatte in den USA verursacht geradezu körperliche Übelkeit. Derweil geht das Schießen weiter. Jeden Tag werden irgendwo in den Vereinigten Staaten weiter Menschen umgebracht. |
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