FOLKER – Rezensionen

Rezensionen EUROPA


AHLBERG, EK & ROSWALL
Vintern

(Dimma Sweden DIS015/Westpark Music WP87237/Indigo, go! www.ahlbergekroswall.se )
15 Tracks, 58:01, mit schwed./engl. Infos

Daniel Ek (Gitarre, Mandola) und Niklas Roswall (Nyckelharpa) spielten in der Ende 2011 freundschaftlich aufgelösten Gruppe Ranarim; Emma Ahlberg (Geige) initiierte das neue Projekt, nachdem sie ein paar mal bei Ranarim ausgeholfen hatte. Roswall und Ahlberg sind Absolventen der Königlichen Musikakademie in Stockholm und wurden später auch zum Riksspelman ernannt, eine der höchsten Auszeichnungen in der schwedischen Folkmusik. Roswall errang sogar einmal den Titel World Champion of Nyckelharpa. Ek, neben seiner Liebe zur Folkmusik in vielen Stilen zu Hause, ist ein gefragter Begleit- und Solomusiker. Er spielt eine Gitarre, die zwei zusätzliche Basssaiten über dem Griffbrett hat und außerdem acht kurze feststehende Saiten, die wie eine Harfe gespielt werden. Das reichhaltige Debütalbum des Trios entstand im Winter 2011 und enthält zehn Volks- und Tanzlieder seiner Heimatlandschaften Skåne und Medelpad sowie fünf eigene Kompositionen. Besonders schön ist die „Ganglåt“ zum Geburtstag von Daniel Ek. Dazu kleine Geschichten zu den Stücken, wie die mit der aus spezieller Ursache weggeschwommenen Angel und der Snus-Dose. Ein reines Instrumentalalbum für Liebhaber schwedischer Musik.

Bernd Künzer

 

AHLBERG, EK & ROSWALL –  Vintern


PANCHO ÁLVAREZ
Sonche Atlántico

(Fol Música 100FOL1059/Galileo MC, go! www.panchoalvarez.com )
12 Tracks, 37:19, mit galic. Infos u. Texten

Der Neofolker nimmt uns auf seinem vierten Soloalbum mit auf eine sehr abwechslungsreiche, sonore Schifffahrt auf „seinem Atlantik“. Seine Vertonungen zeitgenössischer Texte von Landsleuten sowie einige Eigenkompositionen oder bearbeitete Traditionals klingen nach einem üppigen Verbund exzellenter Instrumentalisten. Tatsächlich hat der singende Multiinstrumentalist fast alles in Personalunion kreiert, spielt alles nur Denkbare an Saiten- und Percussioninstrumenten selbst. Der Galicier ist eine herausragende, eigenwillige Figur in der heimischen Folkszene, musizierte mit Bands wie Na Lua oder Matto Congrio und ist Tourmusiker von Carlos Núñez. Entsprechend weltgewandt muten auch seine Visionen galicischer Musik an, die hier von einer frischen Meeresbrise an diverse geografische und musikkulturelle Ufer rund um diesen Ozean getragen werden: Portugal, Irland, Frankreich, Afrika, Nord- und Südamerika. Dreh- und Angelpunkt bleibt jedoch stets seine Heimat im Nordwesten der Iberischen Halbinsel. Der Liedermacher, der auch mal die Drehleier spielt, bringt die Welten des Folkmusikers und des Singer/Songwriters wie auch die archaischer und neuer, teils elektrifizierter Klänge zusammen.

Katrin Wilke

 

PANCHO ÁLVAREZ   – Sonche Atlántico


BLAIR DOUGLAS
Leanaidh Mi – I Will Follow

(Macmeanmna SKYECD54, go! www.gaelicmusic.com )
13 Tracks, 50:59, mit engl. Infos

Der Akkordeonist Blair Douglas von der schottischen Isle of Skye ist bekannt für seine Alben mit Konzept. Irgendeine Idee steckt hinter jeder seiner Veröffentlichungen. Das aktuelle Werk ist sicherlich nicht bahnbrechend, nicht neu – aber gut, sehr gut sogar. Gälische Musik trifft Bluegrass und Cajun, sozusagen Blair Douglas’ ureigene Transatlantic Session. Douglas schreibt alles selbst und Cathie Ann MacPhee und Kathleen MacInnes besorgen den gälischen Gesang mit genau der richtigen Portion Saccharin – nicht zu viel und nicht zu wenig. Direkt aus Nashville herübergebeamt wurden entsprechend entspannt und kompetent gespielte Gitarre, Banjo, Mandoline, Fiddle, Dobro, Harmonika, Schlagzeug und Bass, den schottischen Instrumentalteil bestreiten neben Douglas die Herren Gordon Gunn (Fiddle), Angus MacKenzie (Pipes) und Phil Anderson (Gitarre). Das swingt, schmaltzt herzerweichend, geht ab wie Nachbars Katze, ist einfach grandiose Musik. „Albert Lee’s Welcome To The Isle Of Skye“ muss man gehört haben, Bluegrass-Sackpfeifen vom Feinsten! Es ist sonnenklar und deutlich zu hören: Bluegrass und Cajun haben – unter anderem – ihre Wurzeln an der schottischen Westküste.

Mike Kamp

 

BLAIR DOUGLAS – Leanaidh Mi – I Will Follow


ENSEMBLE FISFÜZ & GIANLUIGI TROVESI
Papillons

(HGBS Musikproduktion HGBS20025CD/ Fenn Music Service, go! www.fisfuez.de , go! www.gianluigitrovesi.com )
Promo-CD, 12 Tracks, 64:51

Ein brillanter Trip durch die Musikwelt. In den siebzehn Jahren seines Bestehens entwickelte sich Fisfüz nicht nur zum renommiertesten deutsch-türkischem Ensemble, es wuchs darüber hinaus: Das Trio zeigt seine Kunstfertigkeit im gekonnten Umgang mit verschiedenen Musiken und löst damit auch eine verengte musikalische Bindung von Ud, Klarinette oder Rahmentrommel. Nun krönt mit dem italienischen Saxofonisten und Klarinettisten Gianluigi Trovesi ein versierter musikalischer Kosmopolit durch seine Mitwirkung die Arbeit der Freiburger, der auch bereits als Dirigent die WDR-Bigband hervorragend aufstellte oder im Duo mit dem Akkordeonisten Gianni Coscia norditalienische Lieder spielte. Fisfüz-Klarinettistin Annette Maye hatte ihre Diplomarbeit über den Kollegen geschrieben, nun spielten sie ein gemeinsames Album ein und gingen auf eine umfangreiche Tournee. Indem es nicht nur seine regionalen Stilistiken addiert, zeigt das Quartett seine Klasse: Über eine mediterrane Spielfläche geht die Reise in die Karibik, ins swingende New York oder ins tangoverträumte Argentinien; dies alles ohne dabei beliebig zu klingen, sondern packend und wie frei umherfliegende Schmetterlinge – papillons.

Birger Gesthuisen

 

ENSEMBLE FISFÜZ & GIANLUIGI TROVESI  – Papillons


MASSIVE CENTRAL
El Rebbel

( go! Homerecords.be , go! www.massivecentral.be )
13 Tracks, 59:28

Ab 2004 spielte Dick van der Harst, der auf dem vorliegenden Album alle Arrangements schrieb, bei der 32-köpfigen Fanfarenband Banda Azufaifa. Daraus rekrutierten sich jetzt die sechs Mitglieder von Massive Central, bewaffnet mit zwei Oboen, Tenor- und Basssaxofon, Schlagwerk und Posaune. Der Sound, katalanisch geprägt, ist eine wilde Mischung aus Folk, Mittelalter, Avantgarde und viel, viel Jazz, oft recht „free“. Zum Teil dissonant und in verrückten Taktarten, erklingt ein Sound, der den Zuhörer vollkommen wegbläst. Bekannte Melodien lassen kurz aufhorchen, werden aber sofort wieder gnadenlos zerrissen und abgelöst durch wunderschöne lang gezogene Töne oder schwere Klangteppiche. Verschiedentlich klingt es wie Geige und Dudelsack, aber es sollen wohl nur die oben genannten Instrumente zu hören sein. Viele druckvolle Passagen wechseln mit festlichen, getragenen Parts. Ein für den Autor dieser Zeilen persönlich sehr widersprüchliches Instrumentalalbum – einerseits absolut faszinierend im Zusammenspiel der Bläser und mit ganz vielen tollen Klängen, zum Teil aber einfach zu free-jazzig.

Piet Pollack

 

MASSIVE CENTRAL – El Rebbel


THE MIDDEN
In The End

(Midden Records Midden004CD, go! www.the-midden.com )
12 Tracks, 45:00

Es ist faszinierend zu beobachten, wie sich die Schwestern Reid alias The Midden musikalisch entwickeln. Wie sie von drei schüchternen Mädels, die schottische Folkmusik interpretieren, zu jungen, aber selbstbewussten und ungemein talentierten Singer/Songwriterinnen reifen. Man kann zwar bedauern, dass das schottische Element auf ihrem vierten Album bis auf ein Traditional kaum noch zu hören ist, aber die Klasse ihrer Lieder macht das locker wett. Ob Kate, Meggan und Hazel Reid das auch live rüberzubringen verstehen? Es ist durchaus nachzuprüfen, sie sind ja regelmäßig in Deutschland unterwegs. Im Studio aber hat sich jedenfalls das Hinzuziehen dreier Herren an Bass, Schlagzeug und Gitarre gelohnt und resultiert in einem ansprechenden und professionellen Klangbild, sicherlich auch ein Verdienst des Produzenten David McNee. Alle drei Schwestern schreiben Songs, alle drei singen – und ihre Harmonien sind schlicht herzerweichend. „Confidently“ ist ein Paradebeispiel dafür, das tagelang die Gehörgänge nicht wieder verlässt. The Midden scheinen Schottlands bestgehütetes Geheimnis in Sachen Popfolk zu sein. Wie lange noch?

Mike Kamp

 

THE MIDDEN  – In The End


PASCAL PINON
Twosomeness

(Morr Music MORR121/Indigo, go! www.pascalpinon.com )
Promo-CD, 12 Tracks, 37:06

Feingliedrige Elektronika und zwei unprätentiöse Mädchenstimmen, die kaum auseinanderzudividieren sind – so präsentiert sich das Grundgerüst von Pascal Pinon. Auf ihrem zweiten Album Twosomeness ist der Titel programmatisch: Es geht um Einheit, um Gemeinsames und Ausgewogenheit. Die isländischen Zwillingsschwestern Ásthildur und Jófríður Ákadóttir nutzen die natürliche Homogenität ihrer Stimmfarben für einen Klang, der nicht breit, sondern tief gehen will. Die Songs entwickeln sich kaum harmonisch, bewegen sich stattdessen fast mantrahaft um eine musikalische Idee. Nichts für Ruhelose also, Pascal Pinon fordern Zeit zum Hören und produzierten ein Album, das einem Panorama gleichkommt – erst ein geduldiges Ohr kann die ganzheitliche Schönheit fassen, die sich hinter den dünnhäutigen Arrangements offenbart. Der Charme des Lo-Fi-Keyboards und der nur sparsam bearbeiteten Stimmen ist dem Produzenten Alex Somers (Sigur Rós) zu verdanken, der die Intimität der Pascal-Pinon-Liveauftritte auf dem Tonträger zum Markenzeichen lanciert und in bewährter „Quiet-is-the-new-loud“- Manier wunderbar zurückhaltende, winterliche Musik auf den Markt bringt. Inklusive Blockflöte und Glockenspiel.

Judith Wiemers

 

PASCAL PINON – Twosomeness


THE SINGING LOINS
... Here On Earth

(Damaged Goods Records Damgood 405/Cargo Records, go! www.singingloins.co.uk )
Promo-CD, 12 Tracks, 38:40

Angesichts des Namens „Singende Lenden“ mag mancher Schweinigel auf dumme Gedanken kommen – liegt damit aber völlig falsch. Die vier Briten rund um Sänger und Songschreiber Chris Broderick liefern keinen Soundtrack zum Beischlaf, sondern schöpfen mit ihren Geschichten tief aus der Tradition der Inseln – beispielsweise bei der Single „Monsters Ashore“, einer von Draufgängertum und Verlorenheit getränkten Seefahrergeschichte. Dazu gibt es ein simples, aber gerade deswegen hypnotisches Gitarrenriff und ein kleines Intermezzo auf der Mandoline. Damit wären auch die musikalischen Pole genannt, zwischen denen sich die Musik der Loins bewegt: auf der einen Seite altenglische Liedtradition, auf der anderen moderner E-Gitarren-Lärm. Mal klingen sie wie auf „Close Your Eyes“ nach verspieltem Sechziger-Folk samt Querflöte, dann wieder nach Rumpelblues-Band. Freundliches Gitarrenpicking kommt mit sympathischem Banjozupfen zusammen, und im Hintergrund spielt ein Örgelchen, bevor es später wieder düster wird und sich ein schweres Schlagzeug zum Akkordeon gesellt. In den Texten geht es genauso hin und her, es wird gemeuchelt und geliebt, balladiert und attackiert. Fruchtbare Lenden!

Volker Dick

 

THE SINGING LOINS – ... Here On Earth


IAN SMITH
A Celtic Connection

(Eigenverlag IS02, go! www.iansmithmusic.net )
12 Tracks, 47:37, mit Texten und Infos

Ian Smith war lange als gefragter Begleitgitarrist mit Musikern wie Steve Campbell oder Dolores Keane unterwegs. Dass er ein ausgezeichneter Singer/Songwriter ist, belegt er mit seinem dritten Soloalbum. Der gebürtige Schotte lebt seit vielen Jahren im County Donegal in Irland. Sein Nachbar ist Manus Lunny, der das Album nicht nur produziert und mit Smith gemeinsam arrangiert, sondern auch gleich noch halb Capercaillie mit ins Studio gebracht hat. Hinzu kamen der Uillean Piper Martin Crossin, Tom Byrne an der Mundharmonika und Altans Fiddlerin Mairéad Ní Mhaonaigh als Sängerin. Entsprechend abwechslungsreich und dicht, aber songdienlich sind die Arrangements der zwölf Lieder, neun davon selbst geschrieben. Sie haben oft historische Inhalte, wie die Schlacht zwischen Engländern und Jakobiten („Upon Culloden’s Moor“), aber auch aktuelle politische Themen, etwa über Straßenkinder in Guatemala („Pablo’s Eyes“), kommen nicht zu kurz. Und wenn Smith mit seiner überaus angenehmen Stimme seinen Auswanderersong „In Philadelphia’s Arms“ singt oder die Uilleann Pipes in den Zwischenspielen der anrührenden Liebesballade „Emerald“ klagen, ist die Gänsehaut so schnell nicht wieder wegzukriegen.

Ulrich Joosten

 

IAN SMITH – A Celtic Connection


TRIAS
Trias

(GO’ Danish Folk Music GO0712, go! www.triasmusic.dk )
14 Tracks, 47:12, dän./engl. Info

Das Debüt dieses jungen dänischen Quartetts mit Christoffer Thorhauge Dam, Fiddle, Jonas Kongsted, Fiddle/Viola, Rasmus Nielsen, Piano/Harmonium, und Søren Østergaard Pedersen, Kontrabass, enthält bis auf zwei Ausnahmen nur Eigenkompositionen. Es sind kraftvoll swingende Stücke, wie „Karrusellen“, bei dem Harmonium und Bass eine solide Grundlage einfacher Harmonien ausbreiten, auf der die Geigen dann eine leichtfüßige schnelle Melodie spielen; oder auch „The Sweet One“ und „The Juicy One“. Dann wieder berührende Melodien – oft nur mit zwei Instrumenten gespielt – wie „Sofaen“ und „Valhal“ oder „Piben“, mit Bass, Piano und Viola. Fest auf dem Boden dänischer Tänze steht „Jysk Kontra/Kongens Have“. Die sehr rhythmische Spielweise erinnert etwas an die des Geigenvirtuosen Harald Haugaard. Jonas Kongsted, den Haugaard als eines der vielversprechendsten Talente der dänischen Folkmusikszene bezeichnet, hat an der Carl Nielsen Akademie in Odense bei ihm studiert. Vier Kompositionen hat Kongsted, der auch in den Gruppe Abild und Folked Up spielt, zu Trias beigetragen. Ende November 2012 errangen die vier Musiker im Rahmen der Danish Music Awards Folk den ersten Platz bei den „Neuen Talenten“.

Bernd Künzer

 

TRIAS – Trias

Update vom
09.02.2023
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