Rezensionen NORDAMERIKA / KANADA
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SOPHIE B. HAWKINS
The Crossing
(Trumpet Swan Records/In-akustik INAK 9114CD, www.sophiebhawkins.com
)
17 Tracks, 68:53, mit engl. Texten
Man tut immer wieder gut daran, Dinge nicht nach ihrer Verpackung zu beurteilen.
Im vorliegenden Falle lassen das zusammengebastelt wirkende Artwork und die
unvorteilhaften Porträts schlimmes befürchten. Um so überraschender, was man zu
hören bekommt. 20 Jahre nach ihrem Debütalbum mit dem Welthit Damm I Wish I Was
Your Lover, das gleich einen Grammy gewann, nach einer wechselvollen Karriere
und zuletzt durchwachsenen Veröffentlichungen, hat The Crossing
einiges zu bieten: eine druckvolle und warme Produktion, nonchalant
eingespielte Stücke – und dass Sophie B. Hawkins singen kann, ist eh
klar. Das Album hat sie im eigen Studio selbst aufgenommen, die meisten
Instrumente selbst eingespielt und das Ganze auch selbst produziert. Die Stücke
bewegen sich zwischen Americana, Country, Rock und Pop, meist in klassischer
Besetzung, und sind angenehm bodenständig. Etwas weniger Inbrunst im Gesang
hätte an manchen Stellen nicht geschadet – und ob man seinen größten Hit
20 Jahre danach noch einmal in einer Akustikversion neu einspielen muss? Aber
geschenkt – ein Album mit vielen schönen, leidenschaftlichen Momenten.
Ach ja: Die komplett zerrissenen Jeans trägt sie natürlich immer noch.
Dirk Trageser
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LARKIN POE
Thick As Thieves
(Edvin Records EDVIN0011/SDS Starkult Distribution Service/Pool Music & Media, www.larkinpoe.com
)
7 Tracks, 25:12, mit knappen engl. Infos plus DVD Live From Stongfjorden, 14 Tracks, 60:50 plus 2 Videos, 6:35
Das Ende ihres Lovell-Sisters-Trios nach dem Ausstieg der ältesten Schwester
Jessica im Januar 2010 scheint für Megan und Rebecca auch musikalisch ein
Schritt ins Erwachsenenleben gewesen zu sein – jedenfalls wenn man die
Abkehr von den Wurzeln hin zum Standard der Zeit so deuten mag. Nur noch
rudimentär sind bei der Fünf-Mann-Band Larkin Poe auf der ersten
Veröffentlichung nach den vier Jahreszeiten-EPs von 2010 die typischen
Instrumentierungen und Strukturen des Bluegrass-Erbes zu hören – vor allem
wird jetzt gerockt, nicht immer richtig heftig und vorwärts, aber selbst das
kommt vor, wie etwa Celebrate mit seinem Heavy-Riff gleich zum Einstieg zeigt.
Das mag vom Standpunkt des Traditionalisten ein spürbarer Verlust sein,
andererseits kann aber auch der amerikanische Mainstream-Rock eine Grundierung
mit so viel instrumentaler Kompetenz, Frische, schierer Jugend und Herz
vertragen – die der vorliegenden Ausgabe beiliegende Bonus-DVD
Live From Stongfjorden zeigt es vor allem, wenn Megan Lovell mit Dobro
und Lap-Steel immer wieder richtig zur Sache geht – wow! Leadsängerin
Rebecca ist auch keineswegs ohne, vor allem an der Mandoline – aber Megan
meints offenbar richtig ernst
Christian Beck
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ELENI MANDELL
I Can See The Future
(Yep Roc Records/Make My Day Records MMD 069/Pool Music & Media, www.elenimandell.com
)
13 Tracks, 48:27, mit engl. Infos
Während der Arbeit an I Can See The Future war Eleni Mandell schwanger
mit den Zwillingen eines Samenspenders, die sie nun alleine erzieht. Die
grundlegendste Funktion menschlichen Lebens, Fortpflanzung, mit einer
zeitgemäßen Leerstelle – das passt: Die mittvierziger Singer/Songwriterin
aus Los Angeles hat längst eine Marke aus ihrer ganz speziellen Art
melancholisch sehnender Songs gemacht, seit sie 1998 mit Wishbone
auf der Bildfläche erschien. Deren musikalisch bestimmendes Element ist vor
allem das nostalgische Echo der 1950er und -60er mit seiner spezifisch
romantischen Note, das fast alle Mandell-Songs immer durchzieht, die sanfteren
sowieso, aber auch die etwas mehr zupackenden, so auch hier wieder: eine
lustvolle Ergebenheit in eine dämmernde Entrücktheit, die mit Rock, Punk und
allen folgenden Trends aus der Popmusik weitgehend verdrängt wurde – von
nüchterner, wenn nicht gar zynischer Härte ebenso wie von der
charakteristischen Kälte kalkulierten Megapops. Eleni Mandell träumt
unverdrossen dagegen an mit ihrer gebetsmühlenhaften Besessenheit von
gegenseitigen menschlichen Bezogenheiten – je mehr sie fehlen, desto
präsenter scheinen sie zu sein
Christian Beck
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BROOKE MILLER
Familiar
(Stockfisch-Records 35740762/In-akustik, www.brookemiller.ca
)
Promo-CD, 11 Tracks, 47:50, mit engl. Texten und Infos
Durch Beharrlichkeit und Talent hat sich die Kanadierin aus Halifax im
vergangenen Jahrzehnt in die erste Liga der dortigen Songschreiberliga empor
gesungen. 2007 gewann sie den Colleen Peterson Songwriting Award, der vom
Ontario Council of Folk Festivals vergeben wird. Begonnen hat sie als 12-Jährige
in einer Punk-Band. Das hört man ihrem fünften Album Familiar gar nicht
mehr an. Ganz im Gegenteil – ihr erstes Album für das deutsche
Stockfisch-Label sollte sich deutlich von ihren vier vorherigen Alben absetzen.
So gibt es auf Familiar nichts anderes als akustische Gitarre und Gesang
zu hören. Begleitet wird Miller dabei von ihrem Mann Don Ross – die intime
Kommunikation der beiden in Verbindung mit dem geradezu privatistischen Klang
des Stockfisch-Kellerstudios macht den Reiz dieses feinsinnigen Albums aus.
Millers eindrucksvolle Stimme erinnert vom Timbre her leicht an Rickie Lee
Jones. Auch der Jazz hat seine Spuren in ihrer Musik hinterlassen, doch sind es
insbesondere Musiker wie Bruce Cockburn oder Joni Mitchell, die ihr Songwriting
geprägt haben. Dementsprechend wundert es nicht, dass Familiar Brooke
Miller als eine Musikerin vorstellt, die gute Songs beseelt spielt.
Michael Freerix
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LE VENT DU NORD
Tromper Le Temps
(Borealis Records BCD214, www.leventdunord.com
)
13 Tracks, 53:19, mit franz. Texten und franz. und engl. Infos
Das siebte Album im zehnten Jahr des Bestehens – die knappe Stunde macht
deutlich, warum die vier Herren zur Creme der Folkszene Quebecs zählen. Die
Erfahrung von fast 1000 Konzerten weltweit, so auch in Deutschland, zwei
angenehme Solo-Gesangsstimmen, enge Harmonien und ein breites, ideenreich
bedientes Instrumentarium von Drehleier über Piano, Fiddle und Saiteninstrumente
bis Akkordeon versetzen Le Vent du Nord in die Lage, sich souverän durch ein
mitreißendes Programm zu spielen. Alle vier haben sich lange und intensiv mit
der traditionellen Musik ihrer Heimat auseinandergesetzt, so dass auch die
Eigenkompositionen, der überwiegende Teil des Progamms, den unverkennbaren
Einfluss der Kultur Quebecs spüren lassen. Wenn etwa Fiddlespieler Olivier
Demers sein Instrumental Le Winnebago interpretiert, dann könnte man schwören,
man lausche einer mindestens 100 Jahre alten Melodie. Was bei Le Vent du Nord
immer auffällt, sind die ungeheure Leichtigkeit und der ansteckende Schwung, mit
denen sie musizieren und die bemerkenswerte Fantasie, mit der sie arrangieren.
Natürlich auch live – wer die Jungs je auf der Bühne erlebt hat, der weiß,
dass Le Vent du Nord nie enttäuschen.
Mike Kamp
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SARA WATKINS
Sun Midnight Sun
(Nonesuch 530684/Warner, www.sarawatkins.com
)
Promo-CD, 10 Tracks, 35:29
Im Grunde ist Vinyl, worauf es auch erhältlich ist, für dieses Album ideal
– speziell wenn man die Tracks in ihre elektronisch geprägte Hälfte und
ihre akustisch dominierte sortieren würde. Letztere erinnert an Sara Watkins'
Zeit als ein Drittel des Trios Nickel Creek mit ihrem Bruder Sean (g), der auch
an dieser Produktion mitgewirkt hat, und Chris Thile. Doch Mandolinencrack Thile
war diesmal nicht gefragt. Stattdessen drückt Produzent und Multiinstrumentalist
Blake Mills als Dritter im Bunde den Aufnahmen seinen Stempel auf, prägt mit
elektronischen Rhythmen und akustischer Klangwand die Hälfte der Songs. An den
meisten der Stücke war Sara Watkins als Urheber zumindest beteiligt,
Fremdkompositionen kommen von Willie Nelson und den Everly Brothers, bei deren
You're The One I Love Fiona Apple mit Sara im Duett singt. Für drei Nummern
gesellt sich zudem Jackson Browne als Background-Sänger hinzu – woran
soll's da noch mangeln? Zumal die Qualität der Songs überzeugt, beispielsweise
das magnetisch anziehende You And Me oder das irisch gefärbte Instrumental
The Ward Accord. Sara Watkins ist nicht das brave Mädchen an der Geige –
sondern eine Songschreiberin mit vielen Facetten.
Volker Dick
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FOLKER auf Papier
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