FOLKER – Rezensionen

Rezensionen AFRIKA


BONGA
Hora Kota

(Lusafrica 582 752/Rough Trade, go! www.lusafrica.com )
Promo-CD, 13 Tracks, 50:07

Hora Kota, Stunde der Ältesten – ein passender Titel für das 30. Album des großen alten Mannes des angolanischen Liedes. Nächstes Jahr wird Bonga Siebzig. Vor fünfzig Jahren – Angola war noch eine portugiesische Kolonie – durfte er als Sprinter für Portugal an den Start. Dann wurde er Aktivist der angolanischen Befreiungsbewegung und musste nach Holland ins Exil. Dort, unter kapverdischen Aussiedlern, sang er mit seiner Schmirgelstimme die vielleicht schönste Version von „Sodade“. Noch immer sind die neuen Lieder von Bonga voller Melancholie und beseelt vom Traum eines gerechteren Angola. Er plädiert auf Portugiesisch und Kimbundu für mehr Toleranz, Demokratie, Freiheit und das Hochhalten traditioneller Werte. In „Kambua“ etwa vergleicht er die verwöhnten Hunde der Reichen mit den Straßenkötern der Armen. Wenn Bonga und seine Gruppe mit Gesang, akustischen Saiteninstrumenten, Akkordeon und Perkussion die Semba-, Rebita-, Kazukuta- und Kabetula-Rhythmen ihrer Heimat anstimmen, wirkt das wie ein warmer, erfrischender Sommerregen – unaufgeregt, ungekünstelt und unerhört locker. Als Schmankerl gibt es noch je ein Duett mit Bernard Laviliers und Agnès Jaoui obendrauf.

Martin Steiner

 

BONGA – Hora Kota


JAGWA MUSIC
Bongo Hotheads

(Crammed Discs CRAW 80/Indigo, go! www.jagwamusic.com )
8 Tracks, 48:45 plus 2 Videos, mit Texten und engl. Infos

Pardon wird nicht gegeben! Das passt zum Bandnamen, der etwas an den britischen Jagdbomber Jaguar erinnert. An sich gibt es die achtköpfige Gruppe schon seit rund 20 Jahren, aber sie verjüngt sich stetig. Ihre Power-Musik, die sich in den Slums von Daressalam – Spitzname: „Bongo“ – entwickelte, der Hauptstadt Tansanias, nennt sich Mchiriku, und sie ist Bestandteil der dortigen Subkultur. Ohne Moos nix los gilt hier nicht; man weiß sich zu helfen. Basis für den speziellen, schroffen Sound sind alte Casio-Mini-Keyboards und alle möglichen Trommeln; den Antreiber gibt Leadsänger und MC „Jackie“ Kazimoto. Das Ganze wird optisch garniert durch Tänzerin Catherine Msafiri. Mittels klapprigen Verstärkern und Megafon werden die Casios, die hier Kinanda heißen – Kiste, die Musik spielt – auf volle Lautstärke gejazzt. Dann können die „Hitzköpfe“ loslegen und ihren Frust abarbeiten. AIDS, Drogen, Arbeitslosigkeit, das verfluchte Leben im Großstadtdschungel bestimmen die Texte. Einsortieren unter Afropunk? Warum nicht! Live sicher grandios – siehe die beiden Bonus Videos, unter anderem vom Roskilde-Festival. „Entdeckt“ hat die Truppe, nebenbei, der Musikethnologe Werner Gräbner aus dem Odenwald.

Roland Schmitt

 

JAGWA MUSIC – Bongo Hotheads


AZIZ SAHMAOUI & UNIVERSITY OF GNAWA
University Of Gnawa

(General Pattern GP005/Naïve/Indigo, go! www.azizsahmaoui.com )
13 Tracks, 54:54, mit engl., franz. und arab. Texten

Musik aus Marokko ist wieder richtig hip, zu Recht. Denn sie kann abwechslungsreich sein, mitreißend und herzergreifend. Aziz Sahmaoui, der in Marrakesch aufgewachsene Sänger und Musiker – diverse Saiteninstrumente wie Ngoni und Mandola – kann bereits auf eine steile Karriere zurückschauen. So war er unter anderem Gründungsmitglied des Orchestre National de Barbès und Mitglied des Joe Zawinul Syndicate. Offen für „westliche“ Musik, für Rock und Jazz und Chanson, gehört seine Liebe aber der heimischen Gnawa-Musik. Dieser schreibt man eine heilsame Wirkung zu, und so versteht Sahmaoui auch sein Solo-Debüt. Da die Ursprünge der Gnawa-Musik in Westafrika liegen sollen, passt es bestens, dass der Begleitband einige senegalesische Musiker, etwa Cheikh Diallo (Kora, Keyboards), angehören. Für die Produktion verantwortlich zeichnet ein Meister seines Fachs: Martin Meissonnier, der bereits für Khaled und Papa Wemba tätig war. Ein gut austariertes Verhältnis von traditionellen und selbst komponierten Liedern, raffinierte Arrangements – man höre Joe Zawinuls „Black Market“. Und viel Herzblut ist wohl in dieses Album geflossen – dieses Gefühl beschleicht den Hörer vom ersten Stück an.

Roland Schmitt

 

AZIZ SAHMAOUI & UNIVERSITY OF GNAWA – University Of Gnawa

Update vom
09.02.2023
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