FOLKER – China
FOLKER
präsentiert:
TFF Rudolstadt 2012

Ein sanftes Messer, gebrauchte Rosen und Rot-Weiß-Musik
BEOBACHTUNGEN BEIM LÄNDERSCHWERPUNKT
CHINA

XIAO HE * Foto: Doris Joosten
TASHI LHUNPO MONKS 2005
GONG LINNA 2012 * Foto: Ingo Nordhofen
LIANG LONG VON ER SHOU MEI GUI * Foto: Doris Joosten

Süßliches Popgesäusel zur Pekingente? Massenchöre zum Parteitag der KP? Lang Langs hochvirtuose Pianokunst? Nichts von all diesen Klischees gab es beim China-Schwerpunkt des TFF Rudolstadt zu erleben. Kurator Robert Zollitsch und das Festivalteam setzten auf unerwartete Zwischentöne.

TEXT: STEFAN FRANZEN

„Underground?“ Xiao He legt die Stirn in Falten. „Ist das nicht eher eine Lebensweise? Zumindest in China verbindet man damit keinen Musikstil. Ich kann gar nicht Underground sein, denn hier beim Festival sind ja offizielle Vertreter des Kulturministeriums, die mich sehen.“ Besonnen, fast philosophisch erklärt der 37-Jährige seine Musik, die im Programm vorab als „Free Folk“ klassifiziert, und deren Hintergrund als freigeistig, gar anarchistisch, beschrieben wurde. Doch Xiao He („kleiner He“) entschlüpft Kategorisierungen geschickt.

SOUNDSCAPES AUS MANTRAS UND TIERLAUTEN

Rückblende auf den Vortag: Mit stehenden Ovationen wird er in der Stadtkirche gefeiert, sein Solokonzert widersetzt sich allen Erwartungen. Die Werkzeuge:
YI JIA REN 2012 * Foto: Frank Szafinski
Akustikgitarre, ein paar Effektpedale und seine Stimme. Daraus baut er Soundscapes mit pentatonischen Gesängen, wortlos über kreisende Loops geschichtet. Er kombiniert mönchische Mantras mit Tierlauten, streut zerhackte Industrialklänge ein, würfelt Marimba-, Sitar- und Schalmeien-Schnipsel durcheinander. Und er ist höchst spontan, imitiert einen vorbeifahrenden Krankenwagen, tritt mit einem brabbelnden Säugling in Dialog. „Wenn ich auf die Bühne gehe, weiß ich vorher nicht, was passiert. Ich will den Moment fühlen, am Anfang ist da eine Leere, die ich aus dem Jetzt fülle. So kreiere ich Authentizität.“ Ob er ein Pionier sei mit seinem Stil in China? „Nein, ich füge ja nur verschiedenste Dinge zusammen, die schon da sind.“ Musik geschieht durch ihn hindurch. Und als praktizierender Buddhist besucht er begeistert den Auftritt der tibetischen Tashi Lhunpo-Mönche auf der Heidecksburg.

Der Autor dankt Juliane Rühl für das Dolmetschen.

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Update vom
09.02.2023
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