Fast reflexartig werden neue Stimmen aus London in Beziehung zum Retro-Soul einer Adele oder Duffy gesetzt. Das ist auch der von der BBC hoch gelobten Newcomerin Lianne La Havas passiert. Doch der Vergleich hinkt bei ihrer frei flotierenden Stilistik gehörig: Mit sonnigen Folkjazzminiaturen und frischen Indie-Gesängen ist die erst 23-Jährige griechisch-jamaikanischer Abstammung schlicht und einfach eine der spannendsten Singer/Songwriterinnen der Insel. TEXT: STEFAN FRANZEN Es ist schon eine verdammt geniale Zeile, und sie steht dementsprechend zentral im Titelstück ihres Debütalbums Is Your Love Big Enough?: Found myself in a second / I found myself in a second hand guitar. Drumherum wirbelt ein Gitarrenriff, das wie eine Achterbahnfahrt anmutet, darunter liegt ein gegenläufiger Sechserrhythmus. Genug Komplexität für einen ganzen Song, und dazu hat die Stelle, die einen Wendepunkt im Leben von Lianne La Havas beschreibt, auch noch charmanten Ohrwurmcharakter. Doch erzählen wir die erstaunliche Geschichte ihrer noch kurzen und so prägnanten Karriere der Reihe nach.
Als Tochter einer Jamaikanerin und eines Griechen wird La Havas 1989 in Tooting, Südlondon, geboren, die Eltern sind dort bereits aufgewachsen. Ihre musikalische Genese ist nicht allein festgelegt auf die Abstammung: Klar, Mama und Papa hörten Reggae und Rembetiko, aber daneben Unmengen anderer Sachen, erinnert sie sich im Interview. Als ich klein war, spielte mein Vater mir griechische Musik auf dem Akkordeon vor. Er ist ein wahrer Multiinstrumentalist, beherrscht auch Piano und Saxofon, seine jüngste Leidenschaft ist Charlie Parker. Meine Mutter dagegen hat auch viel Soul gehört, Mary J. Blige, Jill Scott und Lauryn Hill. Das hat meinen Durst nach luxuriösen Stimmen geweckt und mich selbst zum Singen inspiriert. ... mehr im Heft |
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