FOLKER – Rezensionen

Rezensionen NORDAMERIKA


COLD SPECKS
I Predict A Graceful Expulsion

(Mute STUMM342/GoodToGo, go! www.coldspecks.com )
Promo-CD, 11 Tracks, 37:23

Die Kanadierin Al Spx mit ihrer leicht kratzigen Stimme gilt als neuer Stern am Songschreiberhimmel. Mit ihrem von Gospel gefärbten Songs ragt sie tatsächlich aus der Welle an kanadischen Liedermachern heraus, die in den vergangenen Jahren debütiert haben. Bereits mit ihren ersten Demoaufnahmen zog sie die Aufmerksamkeit des renommierten Rockproduzenten Rob Ellis auf sich. Er überredete sie, nach London zu kommen und dort in einem Studio seiner Wahl das Debütalbum anzugehen. Trotzdem ist I Predict A Graceful Expulsion weniger von der Hand des Produzenten gezeichnet als von Stimme und Ausstrahlung der Künstlerin Al Spx. Es finden sich darauf vor allem getragene Balladen, bei deren Interpretation sie wie eine Mischung aus Bob Dylan und Leonard Cohen klingt. Die intime Produktion, die sich nicht über die Songs erhebt, sondern vor allem deren Atmosphäre unterstreicht, trägt beachtlich zu diesem Eindruck bei. Die Stimme von Al Spx scheint viel unterdrückte Wut in sich zu tragen, doch wendet sie diese nicht gegen die Gesellschaft, sondern erschafft Atmosphären voller ungestillter Sehnsucht.

Michael Freerix

 

COLD SPECKS – I Predict A Graceful Expulsion


CROOKED STILL
Friends Of Fall

(Signature Sounds SIG2043/In-akustik, go! www.crookedstill.com )
Promo-CD, 7 Tracks, 22:34

„It’ll end too soon, if it ends at all“ – die Anfangszeilen des Auftaktstücks sprechen wohl aberdutzenden Folk- und Bluegrass-Liebenden aus der Seele. Wenn Aoife O’Donovan und ihre Kollegen von Crooked Still nach zehn gemeinsamen Jahren nun eine ausgedehnte Pause machen, dann ist die amerikanische Stringbandszene ihres progressiven Vorreiters und Aushängeschilds beraubt. Friends Of Fall ist mehr als nur ein Abschiedsgeschenk oder sprödes Beiwerk zu einem eindrucksvollen Backkatalog, auf sieben Tracks stellt sich eine reife und hochkreative Band vor, ohne diesen Eindruck je durch übertriebene Effekte zu forcieren. Dabei könnten Gregory Liszt, Brittany Haas und Co. ohne Zweifel vom musikalischen Leder ziehen. Lieber entscheidet man sich aber für feinsinnige Arrangements, die stilsicher von verhalten bis überschwänglich rangieren und dem Gesang immer den Vortritt lassen. Ein optimistischer, aber nostalgischer Ton zieht sich durch, neben der Beatles-Interpretation „We Can Work It Out“ und dem „American Tune“ von Paul Simon ist „It’ll End Too Soon“, leider die einzige Eigenkomposition, hoffentlich nicht das letzte Vermächtnis der Bostoner.

Judith Wiemers

 

CROOKED STILL – Friends Of Fall


SARAH MCQUAID
The Plum Tree And The Rose

(Waterbug Records WBG104, go! www.sarahmcquaid.com )
13 Tracks, 47:02, mit engl. Texten u. Infos

Meistens geht es um die großen Dinge: Warum und wozu sind wir eigentlich auf der Welt? Wie füllen wir dieses Leben aus? Sarah McQuaid hat ihre Antwort gefunden: Sie schreibt Songs, die nicht nur um solche Sinnfragen kreisen, sondern auch ums Politische in Gestalt von Wirtschaftskrisen und Armutsangst. Das alles trägt sie mit einer Stimme vor, die schnell an Joni Mitchell erinnert, nach einer Weile aber mehr Tiefe und Wärme erkennen lässt. Dazu spielt die Künstlerin, die in Spanien geboren wurde, in Chicago aufwuchs und heute im ländlichen England lebt, eine pointierte Fingerpicking-Gitarre in DADGAD-Stimmung, über die sie auch ein Lehrbuch geschrieben hat. Sie könnte gleich noch eines darüber verfassen, wie man Songs mit dichter Atmosphäre anreichert. So glänzt ihre Coverversion von John Martyns „Solid Air“ mit großer Intensität, obwohl ihr dabei nur Bill Blackmore an der Trompete als Begleitung zur Seite steht. Gleiches darf von „Can She Excuse My Wrongs“ aus der Feder des Renaissance-Komponisten John Dowland behauptet werden. Die neun selbst geschriebenen Lieder des Albums stehen gleichwertig neben solchen Vorbildern, ohne deren Niveau zu beleidigen. Diese Frau hat Stil.

Volker Dick

 

SARAH MCQUAID – The Plum Tree And The Rose

Update vom
09.02.2023
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