FOLKER – Rezensionen

Rezensionen EUROPA


TANER AKYOL TRIO
Günese Raks – Dance To The Sun

(Enja Records ENJ-9541 2/Soulfood Music, go! www.tanerakyol.com )
9 Tracks, 54:42, mit engl./türk. Textbeilage

Das Album beginnt mit dem Herzstück anatolischen Bardentums: „Black Earth/Kara Toprak“ – „Das Lied von der Schwarzen Erde“ zieht den Hörer in die anregende Begegnung von türkischer Langhalslaute und Klavier. Erst gegen Ende schimmert das Thema schemenhaft durch die Klanglandschaften. Immer wieder flackern auf Dance To The Sun reizvolle Unisonoparts auf. Wenn eine Melodie mit ihren feinen orientalischen Tonfolgen sich nicht auf den Halbtonskalen des Klaviers wiedergeben lässt, gelingen dem griechischen Pianisten Antonis Anissegos atmosphärische Entsprechungen zur Kunst des Baglamavirtuosen Taner Akyol. Mit dem volumigen Klang des Flügels und dem feinen Spiel des anatolischen Bardeninstruments prallen unterschiedliche Musiksysteme kontrastreich aufeinander. Wo die hervorragenden Musiker sie zusammenzubringen, wird das Publikum reichlich belohnt. Eigenkompositionen, zwei Lieder, auch mal eine Parellelimprovisation und – ein Höhepunkt – die Umsetzung zweier traditioneller Stücke vom Mittelmeer und aus dem Kaukasus demonstrieren eindrucksvoll die Kunstfertigkeit des Trios. Vervollständigt wird dessen melodiöse Begegnung durch die respektvolle Unterstützung des amerikanischen Percussionisten David Kuckhermann.

Birger Gesthuisen

 

TANER AKYOL TRIO – Günese Raks – Dance To The Sun


ALLAN YN Y FAN
Pwnco

(Steam Pie Records SPCD10165, go! www.ayyf.co.uk )
12 Tracks, 46:42, mit engl./wal. Texten u. Infos

Die drei Frauen und zwei Männer aus Wales werden von Album zu Album besser – und Pwnco ist bereits Allan yn y Fans viertes! Sie bieten einfach das komplette Packet: Sie sind ungeheuer mitreißend, dann wieder sanft und beschaulich, witzig, mit instrumenteller Brillanz und feinem Harmoniegesang bei traditionellem und eigenem Material. Dargeboten wird dies auf diversen Saiteninstrumenten, Percussion, Fiddle, Akkordeon und Flöte. Hinzu kommen als Gäste eine Bläsergruppe und Thomas Roth von der Gruppe Die Geyer aus Ludwigsburg auf der Nyckelharpa – der Segen der Städtepartnerschaft. Und man traut Allan yn y Fan ohne weiteres zu, dieses Niveau generell auch live abzurufen. Kann man im September überprüfen, wenn sie auf Deutschlandtour kommen. Definitiv ein Grund zur Freude.

Mike Kamp

 

ALLAN YN Y FAN – Pwnco


ALTAN
Gleann Nimhe – The Poison Glen

(Compass Records COM 4571/Sunnymoon, go! www.altan.ie )
13 Tracks, 51:56, mit Infos

Altan sind ist seit vielen Jahren der Inbegriff für bodenständige, virtuose Musik aus Donegal, Irland. Mairéad Ní Mhaonaigh, Gesang und Fiddle, konnte sich weltweit als Leitbild für die Musik ihres Counties etablieren. Der frühe Tod des Gründungsmitglieds Frankie Kennedy brachte den Wechsel von der Flute zum Akkordeon Dermot Byrnes mit sich. Später war ein Erwartungslevel entstanden, dass viele der vergangen Produktionen auch erfüllen konnten, ohne aber mit grundsätzlich Neuem aufzuwarten. Auf dem vorliegenden Album sind zum einen wieder Tracks mit Flöte des Gasts Harry Bradley hören – Altan klingen wieder so erstklassig und unnachahmlich wie in den Achtzigerjahren! Zum anderen liegt der Schwerpunkt nicht ganz so forciert auf Tempo und schnellen Reels, sondern es bleibt viel Zeit und Raum für emotionalen Tiefgang, bisweilen etwas dunklere Songthemen und hochinteressante Tunes wie einige tolle Slip Jigs – eine global unterrepräsentierte Tanzform, von der hier einige Perlen präsentiert werden. Zum Schluss ein ungewöhnliches, fast filmmusikalisch anmutendes, packendes Thema von Gitarrist Daithi Sproule. Eine fantastische Aufnahme, die das Interesse an Altan neu zu wecken vermag!

Johannes Schiefner

 

ALTAN – Gleann Nimhe – The Poison Glen


SYLVAIN BAROU
Sylvain Barou

(Aremorica Records DF00579AREM/Albumtrad, go! sylvainbarou.com )
13 Tracks, 62:57

Der bretonische Flötist Sylvain Barou war bisher in der Bretagne nicht so bekannt, weil er überwiegend in irischen Bands wie Comas und Guidewires spielte. Als Sessionmusiker war er aber auch schon auf vielen bretonischen Alben zu hören, zum Beispiel von Denez Prigent und David Pasquet. Mit seinem hier vorliegenden fulminanten ersten Soloalbum, an dem er fünf Jahre gearbeitet hat, dürfte er nun aber selbst zum großen Namen in der europäischen Folkszene werden. Stolz präsentiert Barou darauf die Vielfalt der Welten, in denen er musikalisch zu Hause ist: Irland, Bretagne, Osteuropa, Asien. Und natürlich mixt er die Einflüsse auch, sodass sich auf mehreren Tracks zum Beispiel indische Percussion findet. Wohl um sicherzustellen, dass sein Debüt auch genug Aufmerksamkeit erhält, hat er gleich mit einer ganzen Armada bekannter Musiker zusammengearbeitet, von Donal Lunny über Ed Boyd bis zu den Bretonen Alain Genty und Gilles Le Bigot. Dabei benötigt die Musik wirklich kein Namedropping – sie ist ohnehin einfach erstklassig: tolle Melodien, außergewöhnliche Arrangements, perfekte musikalische Umsetzung.

Christian Rath

 

SYLVAIN BAROU – Sylvain Barou


DU BARTÀS
Es Contra ta Pèl

(Sirventes 31112566/L’Autre Distribution, go! www.myspace.com/dubartas )
13 Tracks, 52:19, mit Texten

„In unserem kleinen Dorf lieben die Leute die Freiheit. Wie alt auch immer wir sind, wir lieben das Fest.“ Dazu braucht es in der Region Languedoc kein Bier, keinen Champagner und was da alles am Modegetränken den Weg in den Süden Frankreichs findet. „Portem Lo Vin“, „tischt den Wein auf“, singt die fünfköpfige Gruppe und spielt zum Tanz auf. Das Fest versauen kann höchstens der Multi, der einen Hypermarché auf das Kürbisfeld stellen will („Plantarem De Pasteca“). Doch aufgepasst: Die sechs Musiker von Du Bartàs geben nicht so schnell auf. Allesamt singen sie aus vollen Kehlen auf Okzitanisch, einmal auf Spanisch und dank dem Ud- und Tarspieler Abdel Bousbiba auch mal Arabisch. Öffnet die Türen denen, die Not leiden, nicht aber den Agrokonzernen und anderen, die Wasser in den Wein gießen. Mit Akkordeon, Percussioninstrumenten, Charango, Cuatro und einer guten Prise punkiger Energie breitet die Gruppe ihre musikalischen Arme in den gesamten Mittelmeerraum und bis nach Lateinamerika aus. Ach, könnten Rezensenten ihre Kritiken doch bei einem guten Glas lokalen Wein von einem schattigen Dorfplatz im Languedoc aus schreiben!

Martin Steiner

 

DU BARTÀS – Es Contra ta Pèl


CATHY JORDAN
All The Way Home

(Blix Street Records G2-10201/Rough Trade, go! www.cathyjordan.com )
11 Tracks, 43:46, mit Texten

Seit 1991 ist sie die Stimme der weltweit bekannten irischen Band Dervish. Mit All The Way Home legt Cathy Jordan nun ihr mit Spannung erwartetes erstes Soloalbum vor. Es ist ein sehr persönliches Album, das mit Traditionals einerseits musikalisch zurück in ihre Kindheit führt und andererseits vier eigene Lieder bietet, die im Geiste der Selbstreflexion geschrieben sind. „The Road I Go“ erzählt von der Ruhelosigkeit der Jugend, dem Drang, hinaus in die Welt zu gehen. „All The Way Home“, der Titelsong des Albums, hingegen, handelt von der Sehnsucht, in die Geborgenheit der Familie zurückzukehren. Er setzt den Schlusspunkt des Albums, was gewiss kein Zufall ist. Cathy Jordan ist mit ihrer Musik, mit Dervish und mit zahlreichen anderen Projekten viele Jahre in die Welt hinausgegangen, und sie wird dies gewiss auch noch weiterhin tun. Aber es war ihr zu diesem Zeitpunkt ihrer Karriere ganz offensichtlich ein Bedürfnis, davon zu erzählen, was Heimat für sie ganz persönlich bedeutet und wie wichtig ihr die Rückbesinnung auf die Wurzeln ist. Davon handelt dieses schöne, ruhige Album, auf dem auch Musikerkolleginnen und -kollegen wie Eddie Reader, Andy Irvine und Michael McGoldrick zu hören sind.

Markus Dehm

 

CATHY JORDAN – All The Way Home


ANDERS JORMIN
Ad Lucem

(ECM Records 2232 – 2786145/Universal, go! www.myspace.com/andersjormin )
12 Tracks, 52:39

Das Charmante an Manfred Eichers Label ist, dass seine, als „Jazz & Neue Musik“ etikettierten Produkte oft mehr mit dem Themenkreis unseres Magazins zu tun haben, als manch andere, die sich weltmusikalisch gerieren und doch zumeist nicht mehr abliefern als eine weitere spießige Variante popmusikalischen Mainstreams. Kategorien und Schubladen verschmähend, hat Eicher stets das große Ganze in Blick und Gehör, er denkt global und handelt vor Ort; in Tonstudios, Theatern, Kirchen und historischen Villen rund um den Globus entstehen so Aufnahmen von zeitloser Schönheit. So wie Ad Lucem, die dritte ECM-Veröffentlichung des Kontrabassisten Anders Jormin. Zusammen mit Frederik Ljungkvist (cl, ts), Jon Fält (dr) und den Sängerinnen Mariam Wallentin und Erika Angell fügt der 54-jährige Schwede lateinische Texte und eher schroffe und stille Kompositionen zu einem Oratorium der Kontemplation zusammen. Dabei streut das Quintett Elemente aus Alter Musik, verschiedenen skandinavischen Volksmusiken, freier Improvisation und zeitgenössischer Klassik ein. Und erstaunt stellt man fest: Weltmusik kann so viel mehr sein als Reggae, Rock oder Hip-Hop mit Lokalkolorit. ECM sei Dank.

Walter Bast

 

ANDERS JORMIN – Ad Lucem


SETH LAKEMAN
Tales From The Barrel House

(Honour Oak HNRCD01/India Records/Rough Trade, go! www.sethlakeman.co.uk )
10 Tracks, 42:02, mit engl. Infos u. Texten

Typisch Seth Lakeman – und doch ganz anders. Das kennen wir: Die eigenen Songs haben genau die bodenständige Atmosphäre, die das Cover verspricht, die Texte feiern handwerkliches Können, Bergleute, Uhrmacher, Schmiede, Seeleute oder Ciderproduzenten, alle beheimatet in Lakemans Lieblingsprovinzen Devon und Cornwall. Sogar die Melodiebögen klingen vertraut. Apropos Klang: Einfach, erdig und naturbelassen kommen die Lieder rüber, die er – und das ist nun radikal anders als bei seinen letzten Alben – abgesehen von drei traditionellen Bearbeitungen mutterseelenallein komponiert, mit Fiddle, Gitarre, Mandoline, Bouzouki, Banjo, diverser Percussion eingespielt, produziert und abgemischt hat, erstmals auf eigenem Label. Der Goldjunge des englischen Popfolk hat seine Band beurlaubt und geht ganz weit zurück zu seinen Wurzeln. Den Folkie in uns allen freut das enorm.

Mike Kamp

 

SETH LAKEMAN – Tales From The Barrel House


MÀNRAN
Mànran

(Mánran Records MAN02, go! www.manran.co.uk )
12 Tracks, 48:11

Mànran sind die neuen Runrig! Wirklich? Zuerst der Blindtest: Hören ohne Infos. Holla, ist das ein Einstand! Da stimmt ja fast alles, Folkrock vom Allerfeinsten. Und das von einer jungen, frischen Band. Also Infos her! Aha: Produziert von Phil Cunningham, eine Qualitätsgarantie. Und blutige Anfänger sind die sechs Herren auch nicht. So ist Fiddler und Piper Ewen Henderson aktuelles Mitglied der Battlefield Band. Drums, Bass, Gitarre, Akkordeon, Fiddle, Flöten sowie Bagpipes und Uilleann Pipes gemeinsam – das ist eine treibende Mischung. Dazu die prägnante Stimme von Norrie MacIver. Mànran sind – vielleicht mit Skerryvore – die aktuelle Festivalabgehband aus Schottland schlechthin. Und der Vergleich mit Runrig? Den kann man ziehen, zumal die Texte fast nur gälisch sind. Anlässlich der 2011er-Single Latha Math, sehr erfolgreich als Download publiziert, bedankten sich Mànran ausdrücklich bei Runrig. Außerdem war Calum Malcolm für das Mànran-Mastering zuständig, der ja nun wirklich eine alter Runrig-Spezi ist. Und schließlich ist beim eingängigen „Glaodh Am Iar“, wo Mánran am ehesten wie Runrig klingen, ein gewisser C. Macdonald als Koautor aufgeführt. Noch Fragen?

Mike Kamp

 

MÀNRAN – Mànran


ERNST MOLDEN
A so a scheena Dog

(Monkey Reords MONPRO34/Rough Trade, go! www.ernstmolden.at )
Promo-CD, 11 Tracks, 32:15

Fendrich, Ambros & Co. – das war einmal. Österreichs Liedermacher-Gegenwart liegt momentan in den Händen von Ernst Molden. Nicht, dass er eine besonders charismatische Bühnenpersönlichkeit wäre. Seine Verwandlung in eine Wiener Version von Tom Waits, mitsamt Krächzstimme und Bordellromantik war sogar fürchterlich. Andererseits gelingt es ihm wie keinem anderen, Typen und Szenen aus dem Alltag zu skizzieren. Von amerikanischer Folklore und Rock ebenso wie vom Wienerlied und diversen Liedermachern inspiriert, stellen seine in schneller Folge erscheinenden Alben mitsamt seiner regen Konzerttätigkeit tatsächlich so etwas wie eine akustische Nachrichtensendung aus dem Innersten von Wien dar. Ob er nun seine Gefühle, komische Käuze wie den „Werner“ oder real existierende Plätze und Kneipen in Wien beschreibt, alles ist recht nah dran am Dreck der kleinen Leute und der beschissenen Verhältnisse. Man muss ihn gern haben, auch für das erfreulicherweise kurz gehaltene und nicht langweilende neue Album, auf dem er mit dylanesker Mundharmonika und Gitarre Alltagsminiaturen zwischen Matzleinsdorferplatz und dem Café Ministerium in Wien abliefert. Nur als Vinyl im Handel, dem eine CD beiliegt.

Harald Justin

 

ERNST MOLDEN – A so a scheena Dog


WOLFGANG MUTHSPIEL
Vienna Naked

(Material Records/Harmonia Mundi, go! www.myspace.com/wolfgangmuthspiel )
Promo-CD, 14 Tracks, 51:14

Wolfgang Muthspiels Kunst liegt im Gitarrenspiel. Er ist ausgebildeter Jazzmusiker und hat schon eine ganze Reihe an Werken herausgebracht. Es macht Spaß, seiner Fingerfertigkeit zuzuhören, die nie angestrengt wirkt. Vienna Naked ist das erste Album, auf dem nun auch seine Stimme zu hören ist. Und diese Stimme ist in Ordnung – sie reißt nicht mit, beeindruckt nicht und ist beschränkt in ihren Möglichkeiten, aber sie taugt allemal, um auf angenehme Weise Geschichten zu erzählen. Alle Texte sind selbst geschrieben und auf Englisch. Dabei geht es immer um Muthspiels persönliche Erfahrungen und seine Innenwelt. Um seine Wahlheimat („Vienna Naked“), Beziehungen, die nicht glücklich machen („Together Alone“) und die Angst, alleine zu sein („Empty House“). Da er ohnehin sein gewohntes Terrain verlassen hat, löst sich Muthspiel auch vom Jazz und mischt, wie es ihm gerade kommt. Da ist der Liedermacher zu hören, und Elektrogitarren kommen auch zum Einsatz. Vienna Naked ist der sehr persönliche erste Teil eines Projekt, dessen zweiter bereits in Arbeit ist. Von der Innenwelt geht es dann hinaus in die große weite Welt, Muthspiel will mit Musikerkollegen rund um den Globus zusammenspielen.

Sarah Habegger

 

WOLFGANG MUTHSPIEL – Vienna Naked


NORDIC
Hommage

(Dimma DIS014, go! www.nordicmusic.nu )
11 Tracks, 51:17

Der Auftritt des schwedischen Trios beim Korrö-Festival 2009 ließ einiges erwarten. Für ihr Debüt Metropol (2009), wurden sie 2010 und 2011 ausgezeichnet, leider ziemlich unbemerkt in Deutschland. Beim diesjährigen Folk-Baltica-Festival begeisterten sie das Publikum auf fünf Bühnen. Anders Löfberg, Cello, Erik Rydvall, Nyckelharpa, und Magnus Zetterlund, Mandoline, haben sich schon während ihrer Ausbildung an der Königlichen Musikhochschule in Stockholm gefunden. Als freischaffende Musiker verbringen sie die eine Hälfte ihrer Zeit mit Nordic, die andere Hälfte mit je eigenen Projekten am Theater und in anderen Formationen. So ungewöhnlich wie die Besetzung ist auch Nordics Musik. Neben der dynamischen Spielweise beruht ihre Faszination auf dem Erzeugen von Spannung mit einem gewissen spirituellen Minimalismus. Oft verklingen die Stücke in langen Melodiebögen des Cellos, wobei Nyckelharpa und Mandoline stark akzentuierte Melodien spielen: Rhythmik auch ohne Percussion. Die Grundmelodien erinnern meist an schwedischen Folk, die Variationen eher weniger. Melodiöse Musik, innovativ und in einer Reihe mit Groupa und Väsen zu nennen, als moderne Fortsetzung traditioneller Musik.

Bernd Künzer

 

NORDIC – Hommage


THE PROCLAIMERS
Like Comedy

(Cooking Vinyl COOKCD560/Indigo, go! www.proclaimers.co.uk )
Promo-CD, 12 Tracks, 36:06

Die Proclaimers mag man oder auch nicht. Grauzonen sind nicht vorgesehen, und das wird sich auch mit ihrem neunten Studioalbum seit Mitte der Achtzigerjahre nicht ändern. Emotional grundehrlich, sagen die einen, „After You’re Gone“ sagt doch alles. Hör’ dir mal einen Song wie „Dance With Me“ an, sagen die anderen, echt hüftsteif, da tanzt oder bewegt sich doch gar nichts. „Whatever You’ve Got“ ist nun wirklich ein richtig guter Mitsingsong, sagen die einen, währen die anderen trocken anmerken, ach, er rumpelt und pumpelt einfach nur so vor sich hin. Aber „I Think That’s What I Believe“ ist mal ’ne richtig klare Aussage in Sachen Religion, meinen schließlich die einen. Mag ja sein, entgegnen die anderen, wenn man nur dieses Schottisch-getränkte Englisch verstehen könnte. Sie können zusammen nicht kommen, die einen und die anderen, aber die Zwillinge aus Leith singen weiter ihre unverkennbaren und einzigartigen Songs. Sehr zur Freude der einen, zu denen sich der Rezensent übrigens zählt.

Mike Kamp

 

THE PROCLAIMERS – Like Comedy


SUTARAS
Ubagu Karalystes Monai

(Kuku Records SMF 049, go! www.sutaras.lt )
21 Tracks, 64:40, mit Infos (lit., engl. auf der Website)

Sutaras, fünf Herren aus Litauen, bringen hier „Lieder aus dem Königreich der Bettler“, so der Albumtitel auf Deutsch. Alle stammen aus Litauen, mit Ausnahme des Wobblysongs „Alleluja, Esu Bomas“ („Halleluja, I’m A Bum“). Von Königreich an sich kann keine Rede sein, Armut und Demütigung prägen das Leben der Armen, dazu die Sorge um die alten Eltern, denen das Betteln auch nicht mehr so gut von der Hand geht („Alter Vater, hast du heute etwas gegessen“). Aber das Album ist alles andere als deprimierend, dafür sorgt neben der stimmlichen Virtuosität der Herren Sutaras und ihrer Freude am Experiment schon der überraschende Dreh im ersten Stück, Heischerufe in mehreren litauischen Dialekten, alle überaus misstönend, durcheinandersingen zu lassen. Klar klingt vieles „traditionell“, wie wir es rund um die Ostsee gewohnt sind, die Arrangements erinnern oft an Liederjan in der Zeit von Der Mann mit dem Hut. Instrumental dominieren Sackpfeifen, dazu diverse Blasinstrumente, wir finden aber auch Jazzeinlagen, einen Samba und ein Honkytonk-Stück, das erwähnte „Alleluja, Esu Bomas“. Schließlich zeigt das Album ganz deutlich: Litauisch ist eine überaus wohlklingende und ausdrucksreiche Sprache!

Gabriele Haefs

 

SUTARAS – Ubagu Karalystes Monai


LOGA RAMIN TORKIAN
Mehraab

(Six Degrees Records 657036118423/Exil Musik EXIL 96625-2/Indigo, go! www.lrtorkian.com )
9 Tracks, 42:30, mit Liner Notes

Delikate Sounds mit handverlesenen akustischen Instrumenten und ein superber Klang prägen dieses „Zwischenwelten“-Album. Der iranische Multiinstrumentalist Loga Ramin Torkian, der heute in Montreal lebt, schafft mit der persischen Geige Kamaan, der mittelalterlichen Viola da Gamba, mit E-Gitarren und türkischer Langhalslaute einen meditativen, dabei zugleich jedoch äußerst vitalen Kosmos, in dem sich die betörende Stimme des Gastsängers Khosro Ansari und Synthesizerklänge zu einem äußerst harmonischen Gesamtbild vereinen. Geschichte und Gegenwart, akustische und elektronische Instrumente, Orient und Okzident finden hier einen Zusammenklang. Die allgegenwärtige Percussion von insgesamt fünf verschiedenen Gasttrommlern vermittelt der schwebenden Anmutung eine solide Bodenhaftung und unterstützt eine Trance, der kaum zu entrinnen ist.

Birger Gesthuisen

 

LOGA RAMIN TORKIAN – Mehraab


TRAVELLING PEOPLE
Two Senses

(Way Out Records, go! www.simmance.de )
11 Tracks, 42:05, mit engl. und dt. Texten

Book Of Words

(Way Out Records, go! www.simmance.de )
11 Tracks, 46:26, mit engl. und dt. Texten

Der Bibelspruch „Du kannst nur einem Herrn dienen, Gott oder dem Mammon“ hatte Chris Simmance aus Südengland einst dazu gebracht, seine Universitätskarriere gegen das Leben eines Straßenmusikers zu tauschen. Seit über zwanzig Jahren erklingt nun seine hohe Stimme anfangs mit Akkordeon-, nun mehr mit Gitarrenbegleitung in den Fußgängerzonen Europas, vor allem Schwabens. Stimmungen seines Lebens drückt er immer wieder neu in seinen Liedern aus: das Unterwegssein, Einsam- und Zweisamkeit, verlorene und neue Liebe, Rückblicke und Vorausschauen, Freude an der Natur, Kritik an der Gesellschaft. Seine beiden neuen Alben hat er zusammen mit seiner neuen Liebe Julia Neukam eingespielt. Als Duo nennen sie sich Travelling People, singen mal im Duett oder begleiten sich gegenseitig, er auf der Gitarre, sie auf der Violine. Sein Tenor und ihr Sopran harmonieren recht gut miteinander, ihre deutschen und englischen Lieder klingen dabei eine Spur fröhlicher, seinen englischen Songs ist doch ein Quantum Melancholie anzumerken, wobei deutsche Lieder nur in Book Of Words vorkommen. Wie ihre Vorgänger sind auch diese beiden Alben Chris Simmance’ authentische Zeugnisse des Lebens eines Straßenmusikers.

Michael A. Schmiedel

 

TRAVELLING PEOPLE – Two Senses

TRAVELLING PEOPLE – Book Of Words


ZOOBAZAR
Uno

(Ojo Música oar1zb01, go! www.zoobazar.es )
10 Tracks, 49:23, mit Infos

Der Volltreffer eines Quartetts, das auch mal als Weltmusik-Supergruppe gefeiert wird. Neben Bass und Percussion/Schlagzeug bestimmen ein exzellentes Geigenspiel und die orientalischen Lauten Ud und Saz den Klang. Mit sechs Gastmusikern formen sie einen kraftvollen und zugleich melodiösen Orient mit Standort Madrid. Die instrumentalen Eigenkompositionen nehmen zudem spielerisch Anklänge von Czardas, Balkan- und Klezmermusik in ihr mediterranes Klangkonzept auf. Das Album lebt nicht nur von den Impulsen der Gastmusiker an Oboe, Duduk, Akkordeon und Saxofon, die einen vielfältigen Sound schaffen – die außerordentliche Virtuosität der beteiligten Musiker, von denen einige ihre Erfahrungen bei renommierten Ensembles wie Radio Tarifa und La Musgana oder der Gruppe Eliseo Parras einbringen, macht auch manches eher schlichte musikalische Thema wirklich hörenswert.

Birger Gesthuisen

 

ZOOBAZAR – Uno

Update vom
09.02.2023
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