Rezensionen EUROPA
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TANER AKYOL TRIO
Günese Raks – Dance To The Sun
(Enja Records ENJ-9541 2/Soulfood Music, www.tanerakyol.com
)
9 Tracks, 54:42, mit engl./türk. Textbeilage
Das Album beginnt mit dem Herzstück anatolischen Bardentums: Black Earth/Kara
Toprak – Das Lied von der Schwarzen Erde zieht den Hörer in die
anregende Begegnung von türkischer Langhalslaute und Klavier. Erst gegen Ende
schimmert das Thema schemenhaft durch die Klanglandschaften. Immer wieder
flackern auf Dance To The Sun reizvolle Unisonoparts auf. Wenn eine
Melodie mit ihren feinen orientalischen Tonfolgen sich nicht auf den
Halbtonskalen des Klaviers wiedergeben lässt, gelingen dem griechischen
Pianisten Antonis Anissegos atmosphärische Entsprechungen zur Kunst des
Baglamavirtuosen Taner Akyol. Mit dem volumigen Klang des Flügels und dem feinen
Spiel des anatolischen Bardeninstruments prallen unterschiedliche Musiksysteme
kontrastreich aufeinander. Wo die hervorragenden Musiker sie zusammenzubringen,
wird das Publikum reichlich belohnt. Eigenkompositionen, zwei Lieder, auch mal
eine Parellelimprovisation und – ein Höhepunkt – die Umsetzung
zweier traditioneller Stücke vom Mittelmeer und aus dem Kaukasus demonstrieren
eindrucksvoll die Kunstfertigkeit des Trios. Vervollständigt wird dessen
melodiöse Begegnung durch die respektvolle Unterstützung des amerikanischen
Percussionisten David Kuckhermann.
Birger Gesthuisen
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ALLAN YN Y FAN
Pwnco
(Steam Pie Records SPCD10165, www.ayyf.co.uk
)
12 Tracks, 46:42, mit engl./wal. Texten u. Infos
Die drei Frauen und zwei Männer aus Wales werden von Album zu Album besser
– und Pwnco ist bereits Allan yn y Fans viertes! Sie bieten
einfach das komplette Packet: Sie sind ungeheuer mitreißend, dann wieder sanft
und beschaulich, witzig, mit instrumenteller Brillanz und feinem Harmoniegesang
bei traditionellem und eigenem Material. Dargeboten wird dies auf diversen
Saiteninstrumenten, Percussion, Fiddle, Akkordeon und Flöte. Hinzu kommen als
Gäste eine Bläsergruppe und Thomas Roth von der Gruppe Die Geyer aus Ludwigsburg
auf der Nyckelharpa – der Segen der Städtepartnerschaft. Und man traut
Allan yn y Fan ohne weiteres zu, dieses Niveau generell auch live abzurufen.
Kann man im September überprüfen, wenn sie auf Deutschlandtour kommen. Definitiv
ein Grund zur Freude.
Mike Kamp
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ALTAN
Gleann Nimhe – The Poison Glen
(Compass Records COM 4571/Sunnymoon, www.altan.ie
)
13 Tracks, 51:56, mit Infos
Altan sind ist seit vielen Jahren der Inbegriff für bodenständige, virtuose
Musik aus Donegal, Irland. Mairéad Ní Mhaonaigh, Gesang und Fiddle, konnte sich
weltweit als Leitbild für die Musik ihres Counties etablieren. Der frühe Tod des
Gründungsmitglieds Frankie Kennedy brachte den Wechsel von der Flute zum
Akkordeon Dermot Byrnes mit sich. Später war ein Erwartungslevel entstanden,
dass viele der vergangen Produktionen auch erfüllen konnten, ohne aber mit
grundsätzlich Neuem aufzuwarten. Auf dem vorliegenden Album sind zum einen
wieder Tracks mit Flöte des Gasts Harry Bradley hören – Altan klingen
wieder so erstklassig und unnachahmlich wie in den Achtzigerjahren! Zum anderen
liegt der Schwerpunkt nicht ganz so forciert auf Tempo und schnellen Reels,
sondern es bleibt viel Zeit und Raum für emotionalen Tiefgang, bisweilen etwas
dunklere Songthemen und hochinteressante Tunes wie einige tolle Slip Jigs
– eine global unterrepräsentierte Tanzform, von der hier einige Perlen
präsentiert werden. Zum Schluss ein ungewöhnliches, fast filmmusikalisch
anmutendes, packendes Thema von Gitarrist Daithi Sproule. Eine fantastische
Aufnahme, die das Interesse an Altan neu zu wecken vermag!
Johannes Schiefner
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SYLVAIN BAROU
Sylvain Barou
(Aremorica Records DF00579AREM/Albumtrad, sylvainbarou.com
)
13 Tracks, 62:57
Der bretonische Flötist Sylvain Barou war bisher in der Bretagne nicht so
bekannt, weil er überwiegend in irischen Bands wie Comas und Guidewires spielte.
Als Sessionmusiker war er aber auch schon auf vielen bretonischen Alben zu
hören, zum Beispiel von Denez Prigent und David Pasquet. Mit seinem hier
vorliegenden fulminanten ersten Soloalbum, an dem er fünf Jahre gearbeitet hat,
dürfte er nun aber selbst zum großen Namen in der europäischen Folkszene werden.
Stolz präsentiert Barou darauf die Vielfalt der Welten, in denen er musikalisch
zu Hause ist: Irland, Bretagne, Osteuropa, Asien. Und natürlich mixt er die
Einflüsse auch, sodass sich auf mehreren Tracks zum Beispiel indische Percussion
findet. Wohl um sicherzustellen, dass sein Debüt auch genug Aufmerksamkeit
erhält, hat er gleich mit einer ganzen Armada bekannter Musiker
zusammengearbeitet, von Donal Lunny über Ed Boyd bis zu den Bretonen Alain Genty
und Gilles Le Bigot. Dabei benötigt die Musik wirklich kein Namedropping –
sie ist ohnehin einfach erstklassig: tolle Melodien, außergewöhnliche
Arrangements, perfekte musikalische Umsetzung.
Christian Rath
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DU BARTÀS
Es Contra ta Pèl
(Sirventes 31112566/LAutre Distribution, www.myspace.com/dubartas
)
13 Tracks, 52:19, mit Texten
In unserem kleinen Dorf lieben die Leute die Freiheit. Wie alt auch immer wir
sind, wir lieben das Fest. Dazu braucht es in der Region Languedoc kein Bier,
keinen Champagner und was da alles am Modegetränken den Weg in den Süden
Frankreichs findet. Portem Lo Vin, tischt den Wein auf, singt die
fünfköpfige Gruppe und spielt zum Tanz auf. Das Fest versauen kann höchstens der
Multi, der einen Hypermarché auf das Kürbisfeld stellen will (Plantarem De
Pasteca). Doch aufgepasst: Die sechs Musiker von Du Bartàs geben nicht so
schnell auf. Allesamt singen sie aus vollen Kehlen auf Okzitanisch, einmal auf
Spanisch und dank dem Ud- und Tarspieler Abdel Bousbiba auch mal Arabisch.
Öffnet die Türen denen, die Not leiden, nicht aber den Agrokonzernen und
anderen, die Wasser in den Wein gießen. Mit Akkordeon, Percussioninstrumenten,
Charango, Cuatro und einer guten Prise punkiger Energie breitet die Gruppe ihre
musikalischen Arme in den gesamten Mittelmeerraum und bis nach Lateinamerika
aus. Ach, könnten Rezensenten ihre Kritiken doch bei einem guten Glas lokalen
Wein von einem schattigen Dorfplatz im Languedoc aus schreiben!
Martin Steiner
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CATHY JORDAN
All The Way Home
(Blix Street Records G2-10201/Rough Trade, www.cathyjordan.com
)
11 Tracks, 43:46, mit Texten
Seit 1991 ist sie die Stimme der weltweit bekannten irischen Band Dervish. Mit
All The Way Home legt Cathy Jordan nun ihr mit Spannung erwartetes erstes
Soloalbum vor. Es ist ein sehr persönliches Album, das mit Traditionals
einerseits musikalisch zurück in ihre Kindheit führt und andererseits vier
eigene Lieder bietet, die im Geiste der Selbstreflexion geschrieben sind. The
Road I Go erzählt von der Ruhelosigkeit der Jugend, dem Drang, hinaus in die
Welt zu gehen. All The Way Home, der Titelsong des Albums, hingegen, handelt
von der Sehnsucht, in die Geborgenheit der Familie zurückzukehren. Er setzt den
Schlusspunkt des Albums, was gewiss kein Zufall ist. Cathy Jordan ist mit ihrer
Musik, mit Dervish und mit zahlreichen anderen Projekten viele Jahre in die Welt
hinausgegangen, und sie wird dies gewiss auch noch weiterhin tun. Aber es war
ihr zu diesem Zeitpunkt ihrer Karriere ganz offensichtlich ein Bedürfnis, davon
zu erzählen, was Heimat für sie ganz persönlich bedeutet und wie wichtig ihr die
Rückbesinnung auf die Wurzeln ist. Davon handelt dieses schöne, ruhige Album,
auf dem auch Musikerkolleginnen und -kollegen wie Eddie Reader, Andy Irvine und
Michael McGoldrick zu hören sind.
Markus Dehm
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ANDERS JORMIN
Ad Lucem
(ECM Records 2232 – 2786145/Universal, www.myspace.com/andersjormin
)
12 Tracks, 52:39
Das Charmante an Manfred Eichers Label ist, dass seine, als Jazz & Neue
Musik etikettierten Produkte oft mehr mit dem Themenkreis unseres Magazins zu
tun haben, als manch andere, die sich weltmusikalisch gerieren und doch zumeist
nicht mehr abliefern als eine weitere spießige Variante popmusikalischen
Mainstreams. Kategorien und Schubladen verschmähend, hat Eicher stets das große
Ganze in Blick und Gehör, er denkt global und handelt vor Ort; in Tonstudios,
Theatern, Kirchen und historischen Villen rund um den Globus entstehen so
Aufnahmen von zeitloser Schönheit. So wie Ad Lucem, die dritte
ECM-Veröffentlichung des Kontrabassisten Anders Jormin. Zusammen mit Frederik
Ljungkvist (cl, ts), Jon Fält (dr) und den Sängerinnen Mariam Wallentin und
Erika Angell fügt der 54-jährige Schwede lateinische Texte und eher schroffe und
stille Kompositionen zu einem Oratorium der Kontemplation zusammen. Dabei streut
das Quintett Elemente aus Alter Musik, verschiedenen skandinavischen
Volksmusiken, freier Improvisation und zeitgenössischer Klassik ein. Und
erstaunt stellt man fest: Weltmusik kann so viel mehr sein als Reggae, Rock oder
Hip-Hop mit Lokalkolorit. ECM sei Dank.
Walter Bast
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SETH LAKEMAN
Tales From The Barrel House
(Honour Oak HNRCD01/India Records/Rough Trade, www.sethlakeman.co.uk
)
10 Tracks, 42:02, mit engl. Infos u. Texten
Typisch Seth Lakeman – und doch ganz anders. Das kennen wir: Die eigenen
Songs haben genau die bodenständige Atmosphäre, die das Cover verspricht, die
Texte feiern handwerkliches Können, Bergleute, Uhrmacher, Schmiede, Seeleute
oder Ciderproduzenten, alle beheimatet in Lakemans Lieblingsprovinzen Devon und
Cornwall. Sogar die Melodiebögen klingen vertraut. Apropos Klang: Einfach, erdig
und naturbelassen kommen die Lieder rüber, die er – und das ist nun
radikal anders als bei seinen letzten Alben – abgesehen von drei
traditionellen Bearbeitungen mutterseelenallein komponiert, mit Fiddle, Gitarre,
Mandoline, Bouzouki, Banjo, diverser Percussion eingespielt, produziert und
abgemischt hat, erstmals auf eigenem Label. Der Goldjunge des englischen Popfolk
hat seine Band beurlaubt und geht ganz weit zurück zu seinen Wurzeln. Den Folkie
in uns allen freut das enorm.
Mike Kamp
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MÀNRAN
Mànran
(Mánran Records MAN02, www.manran.co.uk
)
12 Tracks, 48:11
Mànran sind die neuen Runrig! Wirklich? Zuerst der Blindtest: Hören ohne Infos.
Holla, ist das ein Einstand! Da stimmt ja fast alles, Folkrock vom
Allerfeinsten. Und das von einer jungen, frischen Band. Also Infos her! Aha:
Produziert von Phil Cunningham, eine Qualitätsgarantie. Und blutige Anfänger
sind die sechs Herren auch nicht. So ist Fiddler und Piper Ewen Henderson
aktuelles Mitglied der Battlefield Band. Drums, Bass, Gitarre, Akkordeon,
Fiddle, Flöten sowie Bagpipes und Uilleann Pipes gemeinsam – das ist eine
treibende Mischung. Dazu die prägnante Stimme von Norrie MacIver. Mànran sind
– vielleicht mit Skerryvore – die aktuelle Festivalabgehband aus
Schottland schlechthin. Und der Vergleich mit Runrig? Den kann man ziehen, zumal
die Texte fast nur gälisch sind. Anlässlich der 2011er-Single Latha Math,
sehr erfolgreich als Download publiziert, bedankten sich Mànran ausdrücklich
bei Runrig. Außerdem war Calum Malcolm für das Mànran-Mastering zuständig,
der ja nun wirklich eine alter Runrig-Spezi ist. Und schließlich ist beim
eingängigen Glaodh Am Iar, wo Mánran am ehesten wie Runrig klingen, ein
gewisser C. Macdonald als Koautor aufgeführt. Noch Fragen?
Mike Kamp
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ERNST MOLDEN
A so a scheena Dog
(Monkey Reords MONPRO34/Rough Trade, www.ernstmolden.at
)
Promo-CD, 11 Tracks, 32:15
Fendrich, Ambros & Co. – das war einmal. Österreichs
Liedermacher-Gegenwart liegt momentan in den Händen von Ernst Molden. Nicht,
dass er eine besonders charismatische Bühnenpersönlichkeit wäre. Seine
Verwandlung in eine Wiener Version von Tom Waits, mitsamt Krächzstimme und
Bordellromantik war sogar fürchterlich. Andererseits gelingt es ihm wie keinem
anderen, Typen und Szenen aus dem Alltag zu skizzieren. Von amerikanischer
Folklore und Rock ebenso wie vom Wienerlied und diversen Liedermachern
inspiriert, stellen seine in schneller Folge erscheinenden Alben mitsamt seiner
regen Konzerttätigkeit tatsächlich so etwas wie eine akustische
Nachrichtensendung aus dem Innersten von Wien dar. Ob er nun seine Gefühle,
komische Käuze wie den Werner oder real existierende Plätze und Kneipen in
Wien beschreibt, alles ist recht nah dran am Dreck der kleinen Leute und der
beschissenen Verhältnisse. Man muss ihn gern haben, auch für das
erfreulicherweise kurz gehaltene und nicht langweilende neue Album, auf dem er
mit dylanesker Mundharmonika und Gitarre Alltagsminiaturen zwischen
Matzleinsdorferplatz und dem Café Ministerium in Wien abliefert. Nur als Vinyl
im Handel, dem eine CD beiliegt.
Harald Justin
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WOLFGANG MUTHSPIEL
Vienna Naked
(Material Records/Harmonia Mundi, www.myspace.com/wolfgangmuthspiel
)
Promo-CD, 14 Tracks, 51:14
Wolfgang Muthspiels Kunst liegt im Gitarrenspiel. Er ist ausgebildeter
Jazzmusiker und hat schon eine ganze Reihe an Werken herausgebracht. Es macht
Spaß, seiner Fingerfertigkeit zuzuhören, die nie angestrengt wirkt.
Vienna Naked ist das erste Album, auf dem nun auch seine Stimme zu
hören ist. Und diese Stimme ist in Ordnung – sie reißt nicht mit,
beeindruckt nicht und ist beschränkt in ihren Möglichkeiten, aber sie taugt
allemal, um auf angenehme Weise Geschichten zu erzählen. Alle Texte sind selbst
geschrieben und auf Englisch. Dabei geht es immer um Muthspiels persönliche
Erfahrungen und seine Innenwelt. Um seine Wahlheimat (Vienna Naked),
Beziehungen, die nicht glücklich machen (Together Alone) und die Angst,
alleine zu sein (Empty House). Da er ohnehin sein gewohntes Terrain verlassen
hat, löst sich Muthspiel auch vom Jazz und mischt, wie es ihm gerade kommt. Da
ist der Liedermacher zu hören, und Elektrogitarren kommen auch zum Einsatz.
Vienna Naked ist der sehr persönliche erste Teil eines Projekt, dessen
zweiter bereits in Arbeit ist. Von der Innenwelt geht es dann hinaus in die
große weite Welt, Muthspiel will mit Musikerkollegen rund um den Globus
zusammenspielen.
Sarah Habegger
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NORDIC
Hommage
(Dimma DIS014, www.nordicmusic.nu
)
11 Tracks, 51:17
Der Auftritt des schwedischen Trios beim Korrö-Festival 2009 ließ einiges
erwarten. Für ihr Debüt Metropol (2009), wurden sie 2010 und 2011
ausgezeichnet, leider ziemlich unbemerkt in Deutschland. Beim diesjährigen
Folk-Baltica-Festival begeisterten sie das Publikum auf fünf Bühnen. Anders
Löfberg, Cello, Erik Rydvall, Nyckelharpa, und Magnus Zetterlund, Mandoline,
haben sich schon während ihrer Ausbildung an der Königlichen Musikhochschule in
Stockholm gefunden. Als freischaffende Musiker verbringen sie die eine Hälfte
ihrer Zeit mit Nordic, die andere Hälfte mit je eigenen Projekten am Theater und
in anderen Formationen. So ungewöhnlich wie die Besetzung ist auch Nordics
Musik. Neben der dynamischen Spielweise beruht ihre Faszination auf dem Erzeugen
von Spannung mit einem gewissen spirituellen Minimalismus. Oft verklingen die
Stücke in langen Melodiebögen des Cellos, wobei Nyckelharpa und Mandoline stark
akzentuierte Melodien spielen: Rhythmik auch ohne Percussion. Die Grundmelodien
erinnern meist an schwedischen Folk, die Variationen eher weniger. Melodiöse
Musik, innovativ und in einer Reihe mit Groupa und Väsen zu nennen, als moderne
Fortsetzung traditioneller Musik.
Bernd Künzer
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THE PROCLAIMERS
Like Comedy
(Cooking Vinyl COOKCD560/Indigo, www.proclaimers.co.uk
)
Promo-CD, 12 Tracks, 36:06
Die Proclaimers mag man oder auch nicht. Grauzonen sind nicht vorgesehen, und
das wird sich auch mit ihrem neunten Studioalbum seit Mitte der Achtzigerjahre
nicht ändern. Emotional grundehrlich, sagen die einen, After Youre Gone sagt
doch alles. Hör dir mal einen Song wie Dance With Me an, sagen die anderen,
echt hüftsteif, da tanzt oder bewegt sich doch gar nichts. Whatever Youve Got
ist nun wirklich ein richtig guter Mitsingsong, sagen die einen, währen die
anderen trocken anmerken, ach, er rumpelt und pumpelt einfach nur so vor sich
hin. Aber I Think Thats What I Believe ist mal ne richtig klare Aussage in
Sachen Religion, meinen schließlich die einen. Mag ja sein, entgegnen die
anderen, wenn man nur dieses Schottisch-getränkte Englisch verstehen könnte. Sie
können zusammen nicht kommen, die einen und die anderen, aber die Zwillinge aus
Leith singen weiter ihre unverkennbaren und einzigartigen Songs. Sehr zur Freude
der einen, zu denen sich der Rezensent übrigens zählt.
Mike Kamp
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SUTARAS
Ubagu Karalystes Monai
(Kuku Records SMF 049, www.sutaras.lt
)
21 Tracks, 64:40, mit Infos (lit., engl. auf der Website)
Sutaras, fünf Herren aus Litauen, bringen hier Lieder aus dem Königreich der
Bettler, so der Albumtitel auf Deutsch. Alle stammen aus Litauen, mit Ausnahme
des Wobblysongs Alleluja, Esu Bomas (Halleluja, Im A Bum). Von Königreich
an sich kann keine Rede sein, Armut und Demütigung prägen das Leben der Armen,
dazu die Sorge um die alten Eltern, denen das Betteln auch nicht mehr so gut von
der Hand geht (Alter Vater, hast du heute etwas gegessen). Aber das Album ist
alles andere als deprimierend, dafür sorgt neben der stimmlichen Virtuosität der
Herren Sutaras und ihrer Freude am Experiment schon der überraschende Dreh im
ersten Stück, Heischerufe in mehreren litauischen Dialekten, alle überaus
misstönend, durcheinandersingen zu lassen. Klar klingt vieles traditionell,
wie wir es rund um die Ostsee gewohnt sind, die Arrangements erinnern oft an
Liederjan in der Zeit von Der Mann mit dem Hut. Instrumental dominieren
Sackpfeifen, dazu diverse Blasinstrumente, wir finden aber auch Jazzeinlagen,
einen Samba und ein Honkytonk-Stück, das erwähnte Alleluja, Esu Bomas.
Schließlich zeigt das Album ganz deutlich: Litauisch ist eine überaus
wohlklingende und ausdrucksreiche Sprache!
Gabriele Haefs
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LOGA RAMIN TORKIAN
Mehraab
(Six Degrees Records 657036118423/Exil Musik EXIL 96625-2/Indigo, www.lrtorkian.com
)
9 Tracks, 42:30, mit Liner Notes
Delikate Sounds mit handverlesenen akustischen Instrumenten und ein superber
Klang prägen dieses Zwischenwelten-Album. Der iranische Multiinstrumentalist
Loga Ramin Torkian, der heute in Montreal lebt, schafft mit der persischen Geige
Kamaan, der mittelalterlichen Viola da Gamba, mit E-Gitarren und türkischer
Langhalslaute einen meditativen, dabei zugleich jedoch äußerst vitalen Kosmos,
in dem sich die betörende Stimme des Gastsängers Khosro Ansari und
Synthesizerklänge zu einem äußerst harmonischen Gesamtbild vereinen. Geschichte
und Gegenwart, akustische und elektronische Instrumente, Orient und Okzident
finden hier einen Zusammenklang. Die allgegenwärtige Percussion von insgesamt
fünf verschiedenen Gasttrommlern vermittelt der schwebenden Anmutung eine solide
Bodenhaftung und unterstützt eine Trance, der kaum zu entrinnen ist.
Birger Gesthuisen
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TRAVELLING PEOPLE
Two Senses
(Way Out Records, www.simmance.de
)
11 Tracks, 42:05, mit engl. und dt. Texten
Book Of Words
(Way Out Records, www.simmance.de
)
11 Tracks, 46:26, mit engl. und dt. Texten
Der Bibelspruch Du kannst nur einem Herrn dienen, Gott oder dem Mammon hatte
Chris Simmance aus Südengland einst dazu gebracht, seine Universitätskarriere
gegen das Leben eines Straßenmusikers zu tauschen. Seit über zwanzig Jahren
erklingt nun seine hohe Stimme anfangs mit Akkordeon-, nun mehr mit
Gitarrenbegleitung in den Fußgängerzonen Europas, vor allem Schwabens.
Stimmungen seines Lebens drückt er immer wieder neu in seinen Liedern aus: das
Unterwegssein, Einsam- und Zweisamkeit, verlorene und neue Liebe, Rückblicke und
Vorausschauen, Freude an der Natur, Kritik an der Gesellschaft. Seine beiden
neuen Alben hat er zusammen mit seiner neuen Liebe Julia Neukam eingespielt. Als
Duo nennen sie sich Travelling People, singen mal im Duett oder begleiten sich
gegenseitig, er auf der Gitarre, sie auf der Violine. Sein Tenor und ihr Sopran
harmonieren recht gut miteinander, ihre deutschen und englischen Lieder klingen
dabei eine Spur fröhlicher, seinen englischen Songs ist doch ein Quantum
Melancholie anzumerken, wobei deutsche Lieder nur in Book Of Words
vorkommen. Wie ihre Vorgänger sind auch diese beiden Alben Chris Simmance
authentische Zeugnisse des Lebens eines Straßenmusikers.
Michael A. Schmiedel
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ZOOBAZAR
Uno
(Ojo Música oar1zb01, www.zoobazar.es
)
10 Tracks, 49:23, mit Infos
Der Volltreffer eines Quartetts, das auch mal als Weltmusik-Supergruppe gefeiert
wird. Neben Bass und Percussion/Schlagzeug bestimmen ein exzellentes Geigenspiel
und die orientalischen Lauten Ud und Saz den Klang. Mit sechs Gastmusikern
formen sie einen kraftvollen und zugleich melodiösen Orient mit Standort Madrid.
Die instrumentalen Eigenkompositionen nehmen zudem spielerisch Anklänge von
Czardas, Balkan- und Klezmermusik in ihr mediterranes Klangkonzept auf. Das
Album lebt nicht nur von den Impulsen der Gastmusiker an Oboe, Duduk, Akkordeon
und Saxofon, die einen vielfältigen Sound schaffen – die außerordentliche
Virtuosität der beteiligten Musiker, von denen einige ihre Erfahrungen bei
renommierten Ensembles wie Radio Tarifa und La Musgana oder der Gruppe Eliseo
Parras einbringen, macht auch manches eher schlichte musikalische Thema wirklich
hörenswert.
Birger Gesthuisen
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FOLKER auf Papier
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