PENSION DER GEFÜHLE
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In den Achtzigern schwebte immer eine gewisse Aura des Besonderen über diesem Duo, das vorgab, ein Trio zu sein. Der dritte im Bunde neben Peter Butschke (Gitarre, Gesang) und Reinhard Buchholz (Gitarren, Saiteninstrumente) war ein Mann namens René Volkmann, der allerdings weder auf dem Cover der berühmten Debüt-LP von 1985 noch je auf einer Bühne gesehen wurde. Der Inhaber jener Pension aus dem Bandnamen vielleicht, ihr Zimmerwirt? Bald stellte sich heraus, dass sich hinter dem Pseudonym kein Geringerer als Werner Karma verbarg, zu dieser Zeit vor allem dank der Zusammenarbeit mit der Band Silly des Landes bekanntester und bester Rocktexter.
www.pensionvolkmann.de |
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AKTUELLE CD: |
Die Gefühle, das Titelstück des ersten Albums, wurde sofort zum Rundfunkhit, es folgte Satt zu essen, das ebenfalls in ganz Ostdeutschland mitgesummt wurde. Pension Volkmann standen für eindringliche Lieder in Singer/Songwriter-Art, zurückhaltend, aber sehr filigran und präzise instrumentiert, gesungen mit warmer Stimme, die jedwede Rock-n-Roll-Manierismen vermied und gerade deshalb so eindringlich wirkte. Die Texte waren frei von Pathos, malten kleine Wimmelbilder aus schönen Metaphern. Die Lyrik hob nie ab, blieb immer gegenwärtig, ihr enormes subversives Potenzial war unterschwellig, wurde aber sehr genau erfühlt. Wer im Osten solche Musik hörte, hatte die feinen Drähte dafür. Zwei Alben veröffentlichten Pension Volkmann vor und eines nach dem großen Umbruch. Mitte der Neunzigerjahre trennte sich das Duo, das ein Trio war, erst einmal. Nach 2000 fand man wieder zueinander, arbeitete sich zu neuen Liedern vor. Dann jedoch griff der Krebs nach Reinhard Buchholz. Er starb im Februar 2007. Die Geschichte der Lieder-Pension schien beendet.
WIR WAREN UNS EINIG, DASS ES JETZT EINE RICHTIGE BAND SEIN SOLLTE. |
Bis in diesem Frühling, siebenundzwanzig Jahre nach ihrem ersten Album und neunzehn nach ihrem letzten, im fünften Jahr nach seinem Tod, Reinhard Reini Buchholz aufs Grab gelegt, eine neue Platte mit dem Titel Dreh mich um erschien. Die Band heißt nur noch Volkmann, ist aber zum Quartett gewachsen. Ihre drei Qualitätssäulen sind geblieben und haben die Zeit unbeschadet überdauert: Markanter Gesang zu wunderbar poetischen Texten – Karma ist im Boot! – zu sensibler Musik. Wer sich einen schnellen Eindruck verschaffen will, höre vielleicht in Die Sehnsucht macht Müll rein, ein Lied, das genau diese Stärken exemplarisch vereint. Es beginnt mit dem schönen Sprachbild Die Sehnsucht der Trinker füllt die Container und schließt mit der punktgenauen, hoffnungslosen Krankheitsdiagnose unserer hektischen, automobilen Spaßgesellschaft: der aufrechte Gang geht leider nicht rein.
Im Folker-Gespräch löst Peter Butschke manches Rätsel aus der Vergangenheit der Band und erzählt von ihrer Gegenwart und Zukunft.
In offiziellen Biografien ist zu lesen, dass ihr euch Anfang der Achtziger an der Musikhochschule Hanns Eisler in Berlin traft. Stimmt das?
WIR STARTEN NOCH MAL RICHTIG DURCH! |
Nicht ganz. Wir haben beide dort studiert. Reini galt schon früh als eine Art Wunderkind an den Saiten. Beide waren wir in der Singer/Songwriter-Szene unterwegs, Singebewegung hieß das im Osten. Reini war beim Oktoberklub und bei Jahrgang 49, ich in dem Berliner Projekt Lyrik Song Club. Werner Karma agierte zu dieser Zeit auch in diesem Umfeld, bei Karls Enkel. Das war eine ziemlich hochkarätige Truppe, da waren auch Wenzel und Mensching aktiv. Reini hat sein Brot auch in verschiedenen Rockkapellen verdient, war sogar ein paar Monate in der Begleitband des Schlagerstars Chris Doerk. Wir kannten uns, wie man sich im Osten als Musiker so kannte, sind uns immer mal wieder bei Muggen über den Weg gelaufen. Das erste Mal arbeiteten wir gemeinsam in der Band Ostkreuz. Er an der Gitarre, ich als Techniker.
Die Fragen stellte Lars Schmidt
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Update vom |
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09.02.2023 |
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