Rezensionen EUROPA
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ALLDRA
Domm
(Frisin Rekkords 11001, www.alldra.com
)
12 Tracks, 37:16
Der Dialekt in Dornbirn, Österreich, ist so fremdartig, dass selbst die
Verschriftlichung der Texte im Booklet keine Hilfe zum Verständnis ist. Die vier
Herren, die Alldra ausmachen, und ihre Gäste kümmert das anscheinend wenig. Denn
sie machen eine Musik, die auf E-Gitarren, Balalaika, Orgel, Harmonium,
Akkordeon, Bass, Schlagzeug, Dobro, Cajon und den Rechner setzt, also weniger
regional und statt dessen international und modern ausgerichtet ist. Unterlegt
von allseits dominierenden Akkordeonklängen geht es, musikalisch größtenteils
befreit von Heimatklängen, munter in Richtung Rockpop-Chanson. Und weil es Leute
gibt, die sich Musik aus Norwegen, Spanien, Mali oder England anhören, ohne die
jeweilige Landessprachen zu verstehen, gilt für diese Musik aus Dornbirn, die
zudem von Zikadenklängen unterstützt wird: Daumen hoch!
Harald Justin
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AMSTERDAM KLEZMER BAND
Mokum
(Essay Recordings AY CD 10/Indigo, www.amsterdamklezmerband.com
)
Promo-CD, 16 Tracks, 69:57
1996 sammelte Job Chajes (voc, sax) eine Handvoll engagierter Musiker um sich,
die – allesamt bereits auf den Gebieten Klezmer und Balkan erfahren
– schließlich als Septett die Amsterdam Klezmer Band bildeten. Nach
fünfzehn Jahren – für manche Promotionsbegierige Anlass zu einem Jubiläum
– sollte das eintausendste Konzert der Gruppe stattfinden, ein weiterer
Beweggrund der Mitglieder, neben Job Chajes noch Jasper de Beer (bass, banjo),
Alec Kopyt (voc, perc), Gijs Levelt (tr), Joop van der Linden (tromb, perc),
Janfie van Strien (cl) sowie Theo van Tol (acc), sich im letzten Januar für ihr
siebtes Album zusammenzufinden. Sammelpunkt sollte das renommierte Studio 150 in
Amsterdam sein. Aus dem Live-Konzert vor ausgewähltem Publikum wurden 70 Minuten
zu einem Album zusammengestellt, das den Titel Mokum erhielt. Dieses
Wort lehnt sich an das hebräische Makom an (Ort, Platz), gleichzeitig gilt der
Ausdruck auch als Spitzname für die Innenstadt Amsterdams. Mit fulminantem Tempo
vorgetragene Musik wie in Di Naie Gruppe bis zum Chassid in Amsterdam
beweist die Amsterdam Klezmer Band, dass der Preis der deutschen
Schallplattenkritik 2011 für das Vorgängeralbum Katla kein Zufall
war. Absolut hörenswert!
Matti Goldschmidt
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AT FIRST LIGHT
Idir
(At First Light AFLCD201101; www.atfirstlight.net
)
10 Tracks, 47:03, mit Infos
Synchronizität unter den Melodiespielern in der irischen Musik kennt im neuen
Millenium Maße, die wir vorher nicht gehört haben. Auf höchstem Standard
modernen irischen Ensemblespiels bewegt sich John McSherry mit At First Light.
Mit Uilleann Piper Francis McIllduff hat er ein so verblüffendes, kraftvolles
Note-für-Note Zusammenspiel entwickelt, dass man die beiden Pipes streckenweise
kaum unterscheiden kann. Donal OConnor – Sohn des renommierten Gerry
OConnor – bringt kongeniales Fiddle-Spiel mit ein, das glatt und
eingepasst ist, aber doch genug Kante hat, um als eigenständiges Instrument
wahrgenommen zu werden. Den Dreien steht mit Paul McSherry, Ruben Bada und
Michael McCague virtuose Begleitung zur Seite und für weitere Veredelung sorgt
die charmante und eindringliche Stimme Ciara McCrickards. Die Pipes-Duette
schlängeln sich, sehr dünn gemischt, hyper-elegant durch teilweise lyrisch,
oft aber sehr rasant gespielte Sets – mit einer Präzision, die es in
dieser Form in der heutigen irischen Musik nicht noch einmal gibt! Besonders
erwähnenswert: das asturische Tune El Garrotin. Manchem vielleicht sogar zu
perfekt, ist hier phantastische, überirdisch gespielte Musik zu hören!
Johannes Schiefner
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BENJAMIN BIOLAY
Best Of Benjamin Biolay
(EMI France/Capitol Records Germany 7299722/EMI, www.benjaminbiolay.com
)
19 Tracks, 77:01
Ein Best-of-Album enthält für Kenner des jeweiligen uvres nie die wirklich
besten Stücke. Nach Meinung dieses Rezensenten müsste auf Best Of Benjamin
Biolay etwa unbedingt Little Darlin vom Album Negatif
von 2003 dabei sein, diese unwiderstehliche Verschmelzung eines gesampelten
Carter-Family-Klassikers mit prototypischem Biolay-Geraune samt großem
Orchester. Doch einen repräsentativen Querschnitt bietet diese üppige
Zusammenstellung zweifellos. Und sie ist keine Mogelpackung, trotz Biolays
Wechsel von der EMI zu Naïve www.naive.fr
vor drei Jahren
wurden Lieder von sämtlichen Alben aufgenommen, wobei der Schwerpunkt auf den
beiden ersten und erfolgreichsten liegt. Wem die zentrale Figur des Nouvelle
Chanson bislang fremd war, der lernt hier alle Facetten kennen: den
tüftlerischen Perfektionisten, der sich seinen Breitwandklang mit einer Fülle
von analogen Instrumenten und elektronischen Effekten zusammen baut; den
Melancholiker, der sich ohne irgendwelche Hemmungen in großen Emotionen suhlt;
den Autor, der mit einem Konzeptalbum über die Kennedys startete; und den
zurückhaltenden Sänger, dem man die Gainsbourg-Schule in jeder Zeile anhört
– oder wäre Sprecher das richtigere Wort?
Gunnar Geller
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PATRICK BOUFFARD EN TRIO
Force Mineur
(Buda Musique 860203, www.myspace.com/patrickbouffard
)
14 Tracks, 61:38, mit franz. Texten
Den Namensgeber des Trios muss man nicht mehr vorstellen – ein
Drehleierspieler der Extraklasse, innovativ und doch der Tradition verpflichtet.
Für Force Mineur hat er sich mit dem Akkordeonisten Raphaël Maurel
und dem Dudelsackspieler Rémy Villeneuve zusammengetan – dazu gesellt sich
für vier Lieder als Gast Sängerin Violaine Jourdren. Bisweilen bereichern noch
Frédéric Paris (Klarinette, Cister) und Olivier Sulpice (Banjo, Mandoline) die
launigen, fein abgestimmten Arrangements. Bouffards Leier dominiert keineswegs
– die drei Hauptinstrumente begegnen sich auf Augenhöhe, durchweg in
dynamischem Wechselspiel. Die ausgewählten Stücke sind an sich sehr
unterschiedlich, passen aber gut zusammen. Bei den Instrumentalstücken werden
öfter traditionelle Bourées und Märsche mit Eigen- beziehungsweise
Fremdkompositionen kombiniert, dabei fällt die beschwingte Version des Jigs
Hunt The Squirrel natürlich heraus. Neues Leben wird auch Serge Gainsbourgs
Chanson-Klassiker La Javanaise eingehaucht. Überhaupt berühren die Lieder mit
Violaine Jourdrens einfühlsamen Gesang, etwa Le Plus Bel Âge des bretonischen
Musikers Melaine Favennec, oder das traditionelle Seefrauenlied La Batelière.
Roland Schmitt
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CALAN
Jonah
(Sain SCD2657, www.calan-band.com
)
14 Tracks, 54:43, mit einigen engl. Texten
Zweites Album des jugendlichen Aushängeschildes der walisischen Folkszene.
Speziell die drei Damen sehen aus wie ihre Altersgenossinnen Samstagabend vor
dem Club – außer wenn es an die Instrumente geht: Der weibliche Calan-Teil
weiß sehr wohl, wie Fiddle, Akkordeon und Harfe kompetent zu bedienen sind. Und
die beiden Herren mit Gitarre, Fiddle und Bagpipes stehen dahinter nicht zurück
– instrumentell ist das Quintett daher besonders kraftvoll und
überzeugend. Dafür sorgt zusätzlich die musikalische Erfahrung des Produzenten,
Maartin Allcock, von 1985 bis 1996 bei Fairport Convention, der unter anderem
noch Bass und Schlagzeug hinzumischt. Die Songs, zwei in Englisch, drei in
Walisisch zeigen eine kommerzielle Seite, die nicht zuletzt von Huw Williams
geprägt wird, einem walisischen Liederschreiber, der Band familiär verbunden
ist; speziell der Titelsong hat diesbezüglich das Zeug zu Höherem. Als
Bonustracks gibt es zwei akustische Live-Versionen bereits in Studioversionen
auf dem Album enthaltener Tunes, die zeigen, dass Calan auch live und ohne
Unterstützung mehr als bestehen können – Jonah zeigt eine junge
Band in einem erfreulichen Reifungsprozess.
Mike Kamp
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ELIN FURUBOTN
Heilt Nye Vei
(Ozella Music OZ 039 CD/Galileo MC, www.elinfurubotn.com
)
13 Tracks, 50:51, mit engl./norw. Texten
Der Auftakt macht bange, jedenfalls Leute mit einer Phobie gegen die norwegische
Manie, alles mit einem möglichst ähnlich klingenden Saxofonklang beginnen zu
lassen. Immerhin, es ist der Virtuose Karl Seglem, der hier ins Horn stößt
– und es geht nicht so weiter, wie auf geschätzten 99 Prozent aller
norwegischen Alben unserer Zeit. Elin Furubotn, die alle Stücke selbst
geschrieben hat, singt auf Norwegisch und zwei Lieder auf Englisch. Sie stammt
aus Sirdalen in Südnorwegen und die dortige Gesangstradition fließt in ihr
Schaffen ein, in dem sich allerdings auch Jazzelemente und internationaler
Songwriterstil geltend machen. Selbst Reggae-Einflüsse hören wir heraus, wie in
Slipp Tvilen Fri – Gib dem Zweifel eine Chance – was für ein
wunderbares Motto! Immer dominiert ihre klare Gesangsstimme, die Begleitmusiker
– neben Karl Seglem unter anderem der Gitarrist Morten Mølster –
halten sich angenehm zurück und liefern die passende Begleitung, so dass alles
eine wunderbare Einheit ergibt. Dieses Album, Elin Furubotns fünftes, soll ihr
den Einstieg in eine internationale Karriere ermöglichen – und dass dies
klappt, ist der Sängerin unbedingt zu wünschen.
Gabriele Haefs
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PETER HORTON
Personalissimo
(Inakustik Inak 9105CD/In-akustik, www.peter-horton.de
)
13 Tracks, 50:53, mit dt. Texten und Infos
Der Black, Reinhard Mey und Hannes Wader werden in diesem Jahr siebzig, ihr
österreichischer Liedermacherkollege, der Sänger, Gitarrist, Komponist und
Buchautor Peter Horton ist es schon letzte Jahr geworden. Seine Musik kommt reif
und entspannt daher, manch einer der Texte des früheren Duopartners von Sigi
Schwab vermittelt gar so etwas wie Lebensweisheit, aber gleichzeitig klingt sein
neues, sehr jazziges Album auch unverbraucht, durchaus frisch und originell.
Personalissimo präsentiert fast ausschließlich Peter Hortons Stimme
und sein ungewöhnliches Instrument, nämlich eine exklusiv für ihn gebaute
Avalon-Paradis-Gitarre, deren Besonderheit eine zusätzliche elektronische
Bassfunktion ist. Das Album enthält neben vielen Originalkompositionen auch ein
paar von Hortons alten, bewährten Hits in Neubearbeitungen wie zum Beispiel
Wenn du nichts hast als die Liebe oder Solang du in dir selber nicht zuhause
bist. Personalissimo ermöglicht es Neueinsteigern, einen großartigen
Liedermacher kennen zu lernen und erfahrenen Kennern der Liederszene, eine recht
eigenwillige, rein akustische Seite des ehemaligen Wiener Sängerknaben zu
genießen.
Kai Engelke
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PASCAL LAMOUR
La Chant De La Mandragore
(BNC Production/Coop Breizh DB 12X2, www.pascallamour.com
)
18 Tracks, 70:26, illustriertes Buch mit frz. Texten
Das ist Multimedia alter Schule. Das neue Album von Pascal Lamour, dem
bretonischen Elektro-Schamanen, kommt im Paket mit einem 48-seitigen Comic-Buch.
Oder genauer: Zuerst gab es den Comic A La Recherche De La Mandragore,
dann hat Lamour noch die Musik dazu geschaffen. Es geht um die Initiation
einer jungen Druidin, die die geheimnisvolle Alraune – Französisch:
Mandragore – suchen muss; eine Pflanze, die früher oft als Ritual- und
Zauberpflanze angesehen wurde. Der Fantasy-Comic ist liebevoll und genretypisch
gezeichnet von Brucero. Bei der musikalischen Umsetzung wirken neben
Multiinstrumentalist Lamour (Gitarre, Keyboard, Dudelsack, Bombarde,
Computer-Beats) viele Größen der bretonischen Szene mit wie Gilles Servat,
Myrdhin und Louise Ebrel. Leider ist das Album über weite Strecken lahm und
langatmig geraten. Nur hin und wieder lässt Lamour seine große Fähigkeit
aufblitzen, traditionelle bretonische Musik mit elektronischen Beats und
akustischen Instrumenten funky und clubtauglich zu machen.
Christian Rath
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LITHA
Dancing Of The Light
(Artes Records ARCD30453/Rough Trade Distribution, www.litha-music.com
)
14 Tracks, 65:46, mit dt. und engl. Infos
Litha ist die angelsächsische Bezeichnung für das Fest und den Monat der
Sommersonnenwende – und der neue Name des gemeinsamen Projekts der Duos
Deitsch (Gudrun Walther & Jürgen Treyz) und Secret Orders (Claire Mann &
Aaron Jones), die somit nun eine Band sind. Wie schon unter ihrem alten Namen
2Duos präsentieren sie auf diesem ihrem zweiten Album eine Mischung aus
deutschen und schottischen, nebst irischen und englischen Liedern und
Instrumentals, wobei die Instrumentbegleitung der deutschen Lieder sehr
inselkeltisch gefärbt ist. Ob bei Balladen und Liebesliedern oder Reels und
Zwiefachen, die Vier zeigen wieder, wie verwandt und unterschiedlich zugleich
die verschiedenen Musiktraditionen sind und wie vielfältig sie klingen können,
wenn sich passionierte Profis ihrer annehmen. Die Gesangspartien werden vor
allem von Gudrun Walthers und Aaron Jones' Stimmen kontrastreich geprägt, während
auf den Instrumenten Gitarre, Dobro, Bouzouki, Gizouki, Fiddle, Diatonisches
Akkordeon, Flute und Whistle alle vier gleichermaßen brillieren und von Anfang
bis Ende einen vollen, mitreißenden Klang bieten. Das Album ist eine
gleichrangige Fortsetzung des ersten und den Freunden der Musik aller
Beteiligten zu empfehlen.
Michael A. Schmiedel
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LA MAL COIFFÉE
Ou! Los Òmes!
(Sirventés 21166013/LAutre Distribution, www.myspace.com/lamalcoiffee
)
12 Tracks, 45:34, mit occitan. und franz. Texten und Infos
Frisch, frech und völlig ungeschönt, selbstbewusst und mit einer gesunden
Portion National- oder besser Regionalstolz behaupten sich La Mal Coiffée
mühelos gegen die weibliche A-cappella-Konkurrenz. Frei nach dem Motto Gute
Mädchen kommen in den Himmel, die anderen überall hin führte bereits das zweite
Album, A LAgacha (2009) die fünf Sängerinnen aus dem Languedoc bei
mehr als 200 Konzerten quer durchs Land und brachte ihnen hervorragende Kritiken
ein. Sie bleiben bei der im vergangenen Herbst veröffentlichten dritten
Produktion sowohl ihrer Verbundenheit zur occidentalen Sprache treu als auch dem
musikalischen Grundgestus. Unisono geführte Stimmen wechseln mit clever
gesetzter Mehrstimmigkeit und dabei überraschenden polyphonen Elementen, die oft
im Dienst kraftvoller spannender Rhythmik stehen, teilweise mit Übergängen zu
Mouth Music. Perkussive Instrumente werden sparsam, aber sehr wirkungsvoll
eingesetzt und transparent abgemischt. Auffallend sind neben den reizvollen
ungewohnten Details in Melodieführung und Harmonik vor allem die ausgesprochen
schönen Anfänge und Schlüsse der einzelnen Titel. Phantastisch lebendige Musik!
Cathrin Alisch
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MY DARLING CLEMENTINE
How Do You Plead?
(Drumfire Records DRMFR006/Cargo Records, www.facebook.com/mydarlingclementine.music
,
www.michaelwestonking.com
)
13 Tracks, 51:22, mit engl. Texten und Infos
Glücklich die Paare, die nicht nur den Alltag teilen! Lou Dalglish und ihren
Gatten Michael Weston King eint offenbar auch die Liebe zur Country Music
– in England, der Heimat der beiden, sicher nicht die Regel, weswegen My
Darling Clementine, womit sie aus dem gemeinsamen Faible nun ein Dutzend
Duett-Funken schlagen, verständlicherweise denn auch nicht einer gewissen
Ambivalenz der Haltung entbehrt. Das beginnt bei der Aufmachung des Albums mit
einer Porträtserie des Paars auf der Wartebank des Standesamts – oder,
siehe Albumtitel, des Scheidungsgerichts? Gegen letzteres sprechen Rosen und die
Braut in Weiß. Oder sind es die Blumen aus I Bought Some Roses, wo der Titel
den Zusatz bekommt: Theyre not for you? How Do You Plead?
hält sicher die Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Ironie, eine Mischung, wie
sie im Country, bei aller Liebe, für aufgeklärte Zeitgenossen ja auch gar nicht
anders möglich ist. Cracks wie Martin Belmont und Geraint Watkins kleiden die
lakonische Melancholie in souveräne, fast majestätische Gelassenheit. Und auf
dem Booklet zieht Töchterchen Mabel eine Schnute dazu – das handfesteste
Ergebnis all der Gemeinsamkeiten, die dieses Album hervorgebracht haben.
Christian Beck
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RADIO RUMELI
Balkan Stories
(Galileo Music GMV041/Galileo MC, www.radiorumeli.de
)
12 Tracks, 54:41
Radio Rumeli stellt mit erfrischender Leichtigkeit eine Fusion zwischen
balkanischen und orientalischen Traditionen und der Jetztzeit her. Der Bandname
meint also weniger das Repertoire des Ensembles – Rumeli wird der
europäische Teil der Türkei genannt, der Begriff bezeichnet die Nahtstelle
zwischen Orient und Okzident, zwischen Ost und West, zwischen Tradition und
Moderne. Das tschechisch-türkisch-deutsche Quartett klingt mit Geige,
Klarinette, Percussion und dezenten Keyboardharmonien sowie drei Gastmusikern
keineswegs spektakulär – ohne jene solistische Akrobatik, wie sie von
vielen Balkan-Orient-Bands aus der Scholle gebrochen wird. Statt dessen kommt
Radio Rumeli überraschend entspannt daher und wirkt erfrischend souverän für
eine erst zwei Jahre alte Band. Lieder und Instrumentaltitel wechseln sich ab,
in den wechselnden Stilistiken schimmern ungarische, makedonische, albanische,
türkische und bulgarische sowie armenische Wurzeln durch. Das Album klingt wie
ein Club-Konzert und stellt damit eine Intimität her, die der Musik angemessen
ist.
Birger Gesthuisen
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EMILY SMITH & JAMIE MCCLENNAN
Adoon Winding Nith
(White Fall Records WFRCD003, www.emilysmith.org
, www.jamiemcclennan.com
)
11 Tracks, 42:54, mit engl. Texten und Infos
JAMIE McCLENNAN
In Transit
(White Fall Records WFRCD002, www.jamiemcclennan.com
)
12 Tracks, 54:25
Mit ihrer im doppelten Sinne ausgezeichneten Stimme kann Emily Smith eigentlich
nichts falsch machen. Wenn sie dann noch die Songs ihres Nachbarn in
Dumfriesshire, Robert Burns, interpretiert, dann ist das zwar nicht neu, aber es
klingt sehr erfreulich. Smith und Jamie McClennan teilen sich auf
Adoon Winding Nith alle Instrumente mit Ausnahme des Double Bass
von Duncan Lyall. Im eigenen Studio aufgenommen und produziert muss Ehemann
McClennan ob der Stimme seiner Gattin naturgemäß einen Schritt zurücktreten.
Daher ist es nur gerecht, wenn er zusätzlich ein durchgehend selbst
geschriebenes, selbst produziertes und dicht arrangiertes Instrumental-Soloalbum
vorlegen darf. Bei den Tunes von In Transit beweist er vor allem sein
Können als Fiddler, erneut unterstützt von Bassist Lyall und fünf weiteren
Kollegen mit Whistle, Gitarren, Mandoline und Schlagzeug, und einmal hilft auch
die Ehefrau mit dem Piano aus. Auch dieses Album ist sehr geschmackvoll und
empfehlenswert.
Mike Kamp
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CARMEN SOUZA DUO FEAT. THEO PASCAL
London Acoustic Set
(Galileo Music GMCD046/Galileo MC, www.carmensouza.com
)
12 Tracks, 59:38, mit Infos
Wer Kapverden hört, denkt an Mornas und Cesária Évora. Bei der
kapverdischstämmigen Carmen Souza, einer der polyglotten, jungen Sängerinnen,
die mit gleichem Effekt Französisch, Englisch, Kreolisch oder Portugiesisch
singen, sollte man besser an Ella Fitzgerald, die Königin des Scat-Gesangs,
denken. Kamen auf Souzas Studioalben die Rhythmen und Melodien der Heimat ihrer
Eltern neben dem Jazz noch stärker zum Tragen, so zeigt die vorliegende
Live-Auswahl sie ausschließlich von ihrer jazzigen, experimentellen Seite. Sie
zerdehnt und zerhackt die Silben nach Belieben, keucht und krächzt, spielt dazu
die akustische Gitarre ebenso minimal wie sie singt – immer rhythmisch,
und immer im Dienste der Stimme. Theo Pascal, ihr musikalischer Partner, spielt
abwechselnd Bass und Percussion. Das hört sich nicht immer einfach an,
fasziniert aber trotzdem, gerade weil die Stücke bis auf die Knochen abgemagert,
auf ihre Essenz zurückgestutzt werden. Einer der Höhepunkte des Albums ist mit
Sous Le Ciel De Paris von Edith Piaf eines der wenigen nicht von Theo Pascal
und Carmen Souza geschriebenen Stücke des Albums. Der Spatz von Paris hätte
sicher Freude an dieser rauen Fassung des Liedes gehabt.
Martin Steiner
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VALKYRIEN ALLSTARS
Ingen Hverdag
(Heilo HCD7220/Grappa/Galileo MC, www.valkyrienallstars.com
)
11 Tracks, 37:02, mit allen Liedtexten und norw. Info
Das Trio begann seine steile Karriere 2005 im Osloer Club Valkyrien. Es folgten
viele Konzerte und mehrere Preise, wie 2010 der Preis der Deutschen
Schallplattenkritik für ihr Debütalbum von 2007. Weiter ging es mit
To Måner und nun folgt ihr drittes Album Ingen Hverdag
(Kein Alltag). Anders als bei ihren teils sehr heftigen Bühnenauftritten vor
meist jüngerem Publikum, enthält dieses Album viele ruhiger arrangierte schöne
Melodien mit besinnlichen Texten, beides meist aus der Feder von Tuva
Livsdatter Syvertsen und Erik Sollid. Mit dem Dritten im Bunde, Ola Hilmen,
spielen sie sich durch die Resonanzsaiten Hardanger-Fiedeln, die bestimmend für
den Klang der Gruppe sind. Hier setzen sie diese intensiver als Geigen
klingenden Instrumente außer beim Instrumentalstück Frøyraken zugunsten ihrer
Gastmusiker an Gitarre, Cello und Kontrabass etwas zurückhaltender ein. Dennoch
bleibt es beim unvergleichlichen Klang der Gruppe. Ob man das Ergebnis Folk
oder Pop nennen will – die norwegischen Wurzeln sind sowieso nicht zu
überhören. Besonders berührend Himmel Og Hav, mit warmer und weicher Stimme
von Erik Sollid gesungen, und Jeg Tenker På Deg in gleicher Weise von Tuva
Syvertsen.
Bernd Künzer
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FOLKER auf Papier
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