HEIMSPIEL
Wenn Begeisterungsfähigkeit, Tatkraft und Fantasie, dazu noch eine gehörige Portion Mut, ersatzweise vielleicht auch ein wenig Verrücktheit, aufeinander treffen, dann stehen die Chancen durchaus gut, etwas ganz Besonderes auf die Beine zu stellen. Nahezu im Alleingang, lediglich unterstützt von einem soziokulturellen Verein im Hintergrund und mit Hilfe einiger mittelständischer Unternehmen der Region, organisieren und veranstalten Stefan Wenzel und Daniel Zein seit 2008 die Geraer Songtage, die in diesem Frühjahr bereits in die fünfte Runde gehen. Zielstrebig arbeiten die beiden Musikfanatiker daran, in der Kulturlandschaft Thüringens und Mitteldeutschlands ein Festival zu etablieren, das nicht nur jedes Jahr ein attraktives Programm zu bieten hat, sondern darüber hinaus ein gewisses Verantwortungsgefühl für umweltpolitische Erfordernisse erkennen lässt. TEXT: KAI ENGELKE
Die Songtage in Gera sind bestrebt, ein klimafreundliches Festival zu sein. Wir verwenden Werbemittel, die auf Umweltpapier in einer zertifizierten Druckerei in ... mehr im Heft
Wer in Münchens Fußgängerzone musizieren will, braucht einen Dietrich, Albert Dietrich, der gut sechzigjährige Leiter der Stadt-Information im Münchner Rathaus. Er hat die Lizenzen zum Spielen. Seit zwölf Jahren vergeben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt-Information, in der es sprichwörtlich zugeht wie am Stachus, die begehrten amtlichen Genehmigungen. Von montags bis samstags ab neun Uhr an maximal zehn Straßenmusikanten oder Bands pro Tag. Zusätzlich werden täglich zwei Maler, drei Statuen (die sich nur bewegen, wenn ein Geldstück in ihrem Hut landet) und zwei Clowns zugelassen. Mehr ist auf den 1.600 laufenden Metern nicht drin, da zwischen jedem Künstler ein Abstand notwendig ist. TEXT: KAY REINHARDT
Die Nachfrage ist sehr groß. Rund 4.000 Künstler enthält die Kartei des Jahres 2011. Angehört, werns den ganzn Tag, sagt Albert Dietrich, aber an diesem Tag musizieren dürfen nur die ersten zehn für gut Befundenen. Im Sommer warten Künstler bereits ab fünf Uhr auf ihre Chance. Wer es in die Kartei geschafft hat, wird nicht erneut geprüft, muss sich aber immer wieder anstellen. An allen Wochentagen castet Albert Dietrich, bei seiner Abwesenheit eine der Kolleginnen, für die Spielplätze zwischen Stachus, Marien- und Odeonsplatz. Wer die Tageslizenz, einen rosafarbenen Schein, in der Hand hat, darf, maximal an zwei Wochentagen und am Sonntag, entweder vormittags zwischen 11 und 14 Uhr oder von 15 bis 22 Uhr, an stündlich wechselnden Orten malen oder sich anderweitig zur Schau stellen. Die dafür erhobene Gebühr von zehn Euro füllt die klamme Kasse der Weltstadt mit Herz jedes Jahr mit rund 20.000 Euro, die als Verwaltungsaufwand voll in den städtischen Haushalt einfließen. Dafür muss ein Straßenmusikant lange singen, selbst wenn er es in München auf bis zu 50 Euro pro Stunde bringen kann. Leider stehen die Mittel nicht zweckgebunden für Kulturarbeit zur Verfügung Unter den Kulturarbeitern in Münchens Öffentlichem Dienst ist Albert Dietrich sicher einer der wenigen, die ihre Gehälter zu einem großen Teil refinanzieren. Dafür sollte ihm OB Ude die Ohrwaschln vergolden lassen. ... mehr im Heft
Eine Festivaltour, die sich nicht an einem Musikstil, einer Musiktradition oder einer Herkunftsregion, sondern an einem Instrument orientiert – kann die funktionieren? Besucher des TFF Rudolstadt kennen die von Wolfgang Meyering initiierten Magieprojekte, bei denen in jedem Jahr Musikerinnen und Musiker zusammenkommen und demonstrieren, wie man ganz verschiedene musikalische Traditionen auf diversen Vertretern einer Instrumentenfamilie zu Gehör bringt. Dabei wird aber jedes Jahr ein anderes Instrument vorgestellt. Bei der Akkordeonale geht es immer nur um Akkordeons, abgesehen von wenigen Begleitinstrumenten, die fast jedes Jahr wechseln, mal Cello, Drehleier und Perkussion oder, wie 2012, Geige und Posaune. TEXT: MICHAEL A. SCHMIEDEL
Der Initiator, Arrangeur und Tourmanager der Akkordeonale ist Servais Haanen, niederländischer Akkordeonspieler, dem es dieses Instrument von Jugend an besonders angetan hat, seit er in einer Kneipe seiner Heimatstadt einem Akkordeonisten begegnete: Wir haben an der Maas gewohnt und bei uns an der Ecke war eine Schiffer-Kneipe. Dort gab es einen Papagei, eine Madame mit turmhoch toupierten Haaren und einen Akkordeonisten. Als kleines Kind hat mich das sehr fasziniert, ich bin da öfters einfach reingegangen, bis mich meine Mutter an den Ohren wieder rausgezerrt hat, weiß er zu erzählen. Seinen Eltern schien das Akkordeon kein seriöses Instrument zu sein, so dass Haanen zuerst den Umweg über Blockflöte, Mundharmonika, Klavier, diverse Blechblasinstrumente und schließlich die Gitarre nehmen musste, bis er letztere nach seinem Gitarrenexamen verkaufte und sich endlich dem Akkordeon widmen konnte. Alternative zum langweiligen QuetschkommodenorchesterDas Akkordeon wurde im 19. Jahrhundert in Österreich erfunden, in Deutschland und Italien bald industriell hergestellt und von europäischen Emigranten in alle Winkel der Erde verbreitet. In der Folge entstand eine Vielzahl verschiedener Typen, chromatische und diatonische, Modelle mit Tasten und solche mit Knöpfen, Konzertinas und Bandoneons, Ausführungen mit nur einer Tonart und andere mit vielen, einige mit Halb- oder gar Vierteltönen und einige mehr. Und überall wurden und werden völlig unterschiedliche Musikstile darauf gespielt, je nach Musiktradition. ... mehr im Heft
Unter der Schirmherrschaft der deutschen UNESCO-Kommission e. V. entsteht im Berliner Stadtteil Kreuzberg ein einzigartiges Projekt: die Global Music Academy. Als private Hochschule in Gründung und bereits mit einigen Angeboten am Start, will sie das Potenzial nicht-westlicher Musikkulturen erschließen, um neue und zeitgemäße Formen kosmopolitischer, urbaner Musik zu entwickeln. Dazu stützt sich das Projekt auf drei Schwerpunkte: den Global Music Campus, der die Akademie international an andere Institute und Musiker andockt, die Global Music Studies, die Studium und Forschung zu weltweiten Musikkulturen ermöglichen sollen, und die Global Music Boxx, die eine breite Palette an Kursen auch für Amateure aller Alterstufen bereit hält. TEXT: SABINE FROESE
Angefangen hat alles mit einem Schlusspunkt, als 2005 die Abteilung für Weltmusik an der Berliner Hochschule für Musik Hanns Eisler (HFM) aufgelöst wurde. Der südafrikanische Saxofonist, Komponist und Arrangeur William Ramsay, der diesen Bereich an der HFM aufgebaut und geleitet hatte, sprach darüber mit Global Music CampusDie Projekte des Global Music Campus, zeitlich begrenzt und mobil angelegt, haben zwei Kernelemente: Zum einen tragen die Musiker in den Partnerländern musikalisches Wissen zusammen, das dadurch erhalten bleibt, mit dem gearbeitet werden kann und das in die Lehrinhalte der Akademie einfließt. Wir wollen, dass unsere Musik überall zu hören ist, dass sie gespielt und dokumentiert wird, nur so überlebt sie – diesen Satz haben Andreas Freudenberg und Willliam Ramsay auf ihren Recherchereisen immer wieder gehört. Deshalb bildet die Akademie zum anderen Musiker und angehende Musiklehrer vor Ort in Technik und Musiktheorie aus und vermittelt, wie Lehrmaterialen erstellt werden können. ... mehr im Heft |
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