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Instrumente
der Welt
DUDUK
Das süße
Aprikosenholz
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Arabische und orientalische Oboen sind in der Regel ohrenbetäubend laut und
durchdringend schrill. Nicht so der Duduk, der sich auch für geschlossene Räume
eignet. Er kann sanft klingen wie eine Flöte, warm wie eine Klarinette, säuselnd
wie ein trauriger Gesang. Für Aram Khachaturian (1903-1978), den armenischen
Komponisten, der den berühmten Säbeltanz schrieb, war der Duduk das einzige
Instrument, bei dem ich weinen muss.
TEXT:
HANS-JÜRGEN SCHAAL
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Den tiefen, dunklen, weichen Ton verdankt der Duduk (duduk: Betonung auf der
zweiten Silbe!) seiner eigenwilligen Form. Anders als bei den afrikanischen und
asiatischen Kegeloboen ist seine Röhre nach unten hin nicht erweitert
(konisch), sondern besitzt eine durchgängig gleichbleibende Bohrung
(zylindrisch). Das Doppelrohrblatt ist hingegen besonders breit und bei den
tiefen Instrumenten bis zu vierzehn Zentimeter lang. Man braucht daher viel Luft
für den Duduk und muss die Backen kräftig aufblasen, nicht nur bei der
Zirkularatmung. Um das typische süßtraurige Vibrato hervorzubringen, wird der
Ton am breiten Mundstück ordentlich durchgekaut – mit Zähnen, Lippen und
Zunge. Diese Mundbewegung scheint sich auch im Namen des Instruments
niedergeschlagen zu haben: Das Wort Duduk ist mit dem deutschen dudeln oder
tuten verwandt.
Im Kaukasusstaat Armenien gilt der Duduk als Nationalinstrument. Schon im
frühen Mittelalter war er dort weit verbreitet, manche Spuren führen sogar bis
in die Antike zurück. Traditionell wird er aus dem weichen, süßen Baumholz der
Aprikose gefertigt, der Symbolfrucht Armeniens, und hieß daher früher auch
Tsiranapogh: Aprikosenpfeife. Für das Rohrblatt verwendet man Schilfrohr vom
Fluss Aras, der den Kaukasus von West nach Ost durchfließt. In den Ohren der
Armenier spricht der herzzerreißend traurige Klang des Duduks von ihrem tief
inneren Seelenschmerz, ihrer leidvollen Geschichte und der strengen Schönheit
ihres Hochlands. Jerewan, die Hauptstadt Armeniens, gilt seit Jahren als das
Zentrum der Dudukspieler. Allerdings ist das Instrument auch in den
Nachbarstaaten verbreitet: In der Türkei heißt es Mey, in Aserbaidschan Balaban,
in Georgien Duduki, im Iran Narmeh-Ney. Statt Aprikose nimmt man in diesen
Ländern für die Herstellung auch das Holz der Birne, Maulbeere, Olive oder
Walnuss.
In Heft 4/2012 setzt Hans-Jürgen Schaal seine Reihe über die typischen
Instrumente der Folk- und Weltmusik fort. Dann geht es um die Bechertrommel, die
als Darbuka, Dombak oder Djembe in vielen Musikkulturen eine wichtige Rolle
spielt.
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