Rezensionen EUROPA
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ALBOROSIE
2 Times Revolution
(Greensleeves Records GRE2093/ VP Music Group/ Groove Attack, www.myspace.com/alborosie
)
15 Tracks, 55:38, mit engl. Infos
Über all das grauenhaft bierernste Reggae-Pathos auf dem Gutmenschen-Geleis,
gern aus deutschen Landen und selbstredend möglichst hohl, sind fast zwei der
grundlegenden Eigenschaften der Popmusik in Vergessenheit geraten, heute noch
genau so gültig wie eh und je: Abenteuerlust und Vergnügen! Alberto Dascola aus
Sizilien hat nicht darauf vergessen, auch nicht in seinen harten ersten Jahren
auf Jamaika, wo er seit zehn Jahren residiert und zunächst anscheinend alles
andere als freundlich behandelt wurde. Man höre International Drama, komplett
mit Likkle Italy, Unterwerfung der italienischen Mama unter den Don und
hirnrissigen Arienansätzen der Ehrenwerten Gesellschaft in makellosem
Dancehall-/Rootsgewand: nahezu brüllend komisch! Oder La Revolucion, wo es zur
Abwechslung von all dem ewigen Jah-Rastafari-Getue mitteleuropäischer
Mittelklasseschnösel, die offenbar alles nachplappern würden für einen Euro, mit
einem ordentlichen Touch Mestizo auch mal um den eher reggaefremden Commandate
Che Guevara geht. Fast wünscht mal sich ganz viel Fire und Brimstone –
und dann noch mal ganz von vorn mit dem Reggae! Mit allem Drum und Dran, Drogen,
Sex und Rock n Roll logischerweise inklusive
Christian Beck
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ALEXANDER BALANESCU, ADA MILEA, BALANESCU QUARTET
The Island
(Saphrane Records S 62610/Sunny Moon, www.balanescu.com
)
18 Tracks, 59:08, mit Texten und Infos
1969 verließ der Rumäne Alexander Balanescu seine Heimat, um in London eine
Ausbildung zum Geiger zu absolvieren. Nach einigen Jahren im Arditti Quartet
gründete er in den Achtzigerjahren sein Balanescu Quartet, um zeitgenössische
Kammermusik aufzuführen. Bekannt wurde dessen langjährige Zusammenarbeit mit
Michael Nyman. Vor beinahe 20 Jahren kehrte Balanescu in sein Heimatland zurück
und entdeckte dabei, wie sehr sein Spiel von dessen Folklore beeinflusst ist. In
Rückbesinnung auf seine Wurzeln suchte er nach zeitgenössischen rumänischen
Künstlern, mit denen er zusammenarbeiten wollte. So traf er auf die
Schauspielerin und Musikerin Ada Milea, die literarische Werke als Vorlage für
ihre musikalisch-szenischen Theaterinszenierungen benutzt. Milea, die sich dem
Surrealismus verbunden fühlt, arbeitete Daniel Defoes Robinson Crusoe
als Paraphrase auf das moderne Rumänien um. The Island, wie
der Stoff nun heißt, ist eine betörende und verwirrende Mischung aus
Hörspiel und Musiktheater. Rumänische Folklore trifft auf modernes
Liedermachertum, brechtischer Sprechtext auf atmosphärische Sprachcollage.
Eigenartig und einzigartig, wie die künstlerische Haltung der beiden Schöpfer.
Michael Freerix
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BATTLEFIELD BAND
Line-up
(Temple Records COMD2104/Sunny Moon, www.templerecords.com
)
13 Tracks, 59:08, mit engl. Infos
Wie verkraftet die Battlefield Band den Abgang ihres letzten Originalmitglieds
Alan Reid? Diese Fanfrage kann nun anhand des aktuellen Albums beantwortet
werden. Instrumentell sind die Batties noch stärker und variabler geworden,
bringt doch der neue Mann Ewen Henderson Fiddle, Pipes, Piano und Whistle in das
Quartett mit ein, was zu einigen interessanten Duetten führt. Gesanglich hat
sich nicht viel geändert, denn den Jungs fehlt weiterhin eine wirklich große
Stimme. Henderson jedoch bringt erstmals gälischsprachiges Material ins
Repertoire der Band, und diese Songs zählen prompt zu den stärksten. Was fehlt
sind eigentlich nur die Lieder mit sozialkritischem Hintergrund, die Reid gut
und gerne schrieb. Mit Line-up ist die Battlefield Band nun endgültig
im Status einer Institution, die unabhängig vom Personal erfolgreich agiert. Und
im Hintergrund führt Manager und Produzent Robin Morton das Unternehmen BB,
wahrscheinlich mit eiserner Hand. Ein Umstand, der nicht zu unterschätzen ist.
Mike Kamp
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BOY
Mutual Friends
(Grönland 118/Rough Trade, www.listentoboy.com
)
Promo-CD, 12 Tracks, 47:52
Die eine kommt aus Hamburg, die andere aus Wien, die eine spielt Gitarre, Bass
und Klavier, die andere singt, die eine heißt Sonja Glass und die andere Valeska
Steiner, und zusammen nennen sie sich Boy und haben ein Album eingespielt, dem
man den deutschsprachigen Ursprung nicht anhört. Inspiriert ist das verträumte
Projekt musikalisch unüberhörbar vom Songwriterpop der Kanadierin Feist, und ein
bisschen hat es auch vom schmucken Schniegelsound der französischen Band
Phoenix, deren Schlagzeuger für die Aufnahmen nach Berlin gelockt wurde. Die
Latte hängt also hoch, wird aber locker übersprungen: das Cover, die
englischsprachigen Texte (kleine Themen, hübsch unprätentiös), der Gesang und
die gewieften Arrangements mit starkem Akzent auf akustischen Gitarren –
alles supergeschmackvoll. Produziert hat Philipp Steinke, ehemaliger Bandkollege
von Glass bei Asher Lane. Manchem dürfte das alles zu glatt und freundlich sein
– Musik, die auch von Schöner Wohnen empfohlen werden könnte,
Musik wie ein Stuhl von Vitra. Ökonomisch scheint es ein Erfolg zu werden, vom
Start weg verkauft sich das Album der Debütanten ausgesprochen gut. Wir werden
uns an den bekloppten Bandnamen gewöhnen, jede Wette.
Gunnar Geller
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BUDAM
Man
(Tutl Records/Volvox Music/Cargo Records 51033, www.budam.net
)
Promo-CD, 9 Tracks, 35:52
Die Grenzen zwischen den Musikstilen verschwimmen. Musiker verlassen immer öfter
die klassischen Schubladen von Rock, Indie oder Folk und entwickeln ihren
eigenen Stil. Und diese Individualität lässt sich auch verkaufen. Ob
Katzenjammer, La Brass Banda, Sigur Rós oder Zaz – die Frage, was das
eigentlich stilistisch nun ist, lässt sich heute nur noch schwer beantworten. So
auch im Falle Budam, sicherlich ein Künstler, den viele nicht mit Weltmusik
assoziieren würden. Aber bei genauem Hinhören ist dieser Mix aus Nick Cave, Yann
Tiersen und Arcade Fire genau das – im Sinne einer modernen Form des Folk,
wie ihn zur Zeit beispielsweise auch Teitur produziert. Der Vergleich ist kein
Zufall, denn auch Budam ist ein färöischer Künstler. Mit seinem zweiten Album
Man schlägt er rockigere Töne an, was seinem Faible für Streicher und Piano keinen
Abbruch tut. Seine Arrangements sind mutig mit schnellen Spannungswechseln
durchsetzt, man fühlt sich abwechselnd kalt und warm geduscht. Die Texte gehen
auf eine Weise unter die Haut, wie man es von Independentbands der Achtziger
kannte, belastend, fremdartig. Budam lädt zu einer Entdeckungsreise in seinen
Kopf ein. Betreten auf eigene Gefahr.
Chris Elstrodt
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ALASDAIR FRASER & NATALIE HAAS
Highlanderss Farewell
(Culburnie Records CUL123, www.alasdairfraser.com
, www.nataliehaas.com
)
13 Tracks, 62:13, mit engl. Infos
Das dritte Album dieses ungewöhnlichen Duos: der erfahrene schottische Fiddler
und die junge und versierte Cellistin aus Kalifornien. Das soll Folkmusik sein?
Und wie! Nehmen wir das siebeneinhalbminütige Titelstück mit dem zentralen Thema
Immigration. Es startet eher bedächtig mit einem schottischen Strathspey und
endet als wilder amerikanischer Breakdown. Die vier traditionellen Tunes werden
meisterlich interpretiert, und wenn das Tempo langsam anzieht, steigert sich das
Cello von einer breit gestrichenen Begleitung bis zur mitreißenden perkussiven
Untermalung, die ein opulentes Schlagzeug locker ersetzt. Oder nehmen wir den
darauffolgenden Jig Runrig/The Ramnee Ceilidh, wo das Cello nach knappen zwei
Minuten mit der Solostimme einfällt, erneut perkussiv begleitet und dann wieder
die Melodie übernimmt. So geht es weiter bis zum letzten Track, wo die
versammelte Schar der Künstlerkollegen – zum Beispiel Martin Hayes oder
Bruce Molsky – einstimmt und zum Abschluss ein Werk schon fast
sinfonischen Ausmaßes schafft. Kein Gesang – und der wird auch nicht
vermisst.
Mike Kamp
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BELLA HARDY
Songs Lost & Stolen
(Navigator Records NAVIGATOR045/Rough Trade Distribution, www.bellahardy.com
)
12 Tracks, 42:22, mit engl. Texten
Aber holla! Auf ihrem ersten Album vor einigen Jahren klang die junge Fiddlerin
aus Derbyshire einfach nur entzückend und ziemlich traditionell. Nun legt sie
Album Nummer drei vor und Bella Hardy hat definitiv einen Quantensprung gemacht.
Alle Songs selbst geschrieben, durchweg erwachsenen Texte, emotionsgeladener
Gesang, und die Musik geht ziemlich in Richtung Indie-Folkpop.
Interessanterweise sind aber dennoch die Wurzeln deutlich hörbar, was wohl nicht
zuletzt an den Mitmusikanten liegt. Wie die Engländerin die Creme der
schottischen Folkmafia um Anna Massie, Kris Drever, Corrina Hewat oder Patsy
Reid im schottischen Studio versammeln kann und trotzdem noch von Creative
Scotland gesponsert wird, bleibt im Dunkeln. Was der Qualität natürlich keinen
Abbruch tut: Folk von heute, spannend und eingängig.
Mike Kamp
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POLO HOFER
Polo Hofer singt Bob Dylan 1981-2011
(Sound Service SCD 30/Mäule & Gosch, www.polohofer.ch
)
Do-CD, 20 Tracks, 81:08, mit Texten
Rechtzeitig zum siebzigsten Geburtstag des Shakespeare des Pop (Polo Hofer
über Bob Dylan) brachte der erfolgreichste Schweizer Mundartsänger zwanzig
Dylan-Songs auf Berndeutsch heraus. Hofer verehrt Dylan seit bald fünf
Jahrzehnten, das Vorbild und den vier Jahre jüngeren Hofer verbindet auch
stimmlich einiges: Tiefe und hohe Töne schaffen beide kaum mehr. Dylans Ausdruck
schadet das kaum, Hofers Dylan kommt dagegen recht geradlinig daher. Das ist
dann problematisch, wenn der Schweizer Dylans Texte praktisch wörtlich
übernimmt. All Along The Watchtower etwa, überraschend verpackt in
Latinrhythmen, verliert so seine kryptische Magie. Musikalisch orientieren sich
Hofer und seine langjährigen Mitstreiter an der Americana und dem Rootsrock des
US-Südens. Jeder Einsatz sitzt perfekt. Auf der anderen Seite fehlt den Musikern
der Raum, sich zu entfalten. Hofers Dylan wird nie zum Folk mit Klampfe und
Stimme reduziert, rockt aber auch nie richtig ab. Polo Hofer und Bob Dylan
hatten beide ihre eigenen Radiosendungen. Beide bewiesen ein untrügliches Gespür
für die Rootsmusik der USA. Was wäre wohl herausgekommen, wenn Polo Hofer seine
Dylan-Songs in Austin, Texas, statt in Bern aufgenommen hätte?
Martin Steiner
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HOVEN DROVEN
Rost
(Westpark Music Westpark 87217/Indigo, www.hovendroven.com
)
12 Tracks, 43:26, mit engl. Infos
Rost hat das Quintett aus Schweden, das mit Geige, Saxofon, Gitarre, Percussion
und Bass spielt, noch nicht angesetzt auch wenn es seit über zwanzig Jahren
zusammen ist. Der Titel entstand eher zufällig bei Fotoaufnahmen in einer
rostigen Umgebung. Das ihnen angehängte Attribut Folk Metal ist nicht ganz
glücklich, weil ihre Musik viel näher am Folk ist, besonders bei diesem Album,
wo sie mehr zurück zu den Wurzeln gehen. Der zu Bewegung animierende rockige
Klang wird immer wieder beruhigt und mit einer schönen Melodieführung
bereichert, vom Saxofonisten Jens Comén wie vom mit der traditionellen Musik
aufgewachsenen Geiger Kjell-Erik Eriksson – mitreißender, aber auch
einfühlsamer Musiker von Triakel. Wie bei einem Liveauftritt 2010 in Korrö
klingen die vorliegenden Aufnahmen nach eigener Einschätzung der Band besser
als irgendwelche von früher, wo wir einiges zu kompliziert gemacht haben; die
Lieder seien langsam, organisch und demokratisch gewachsen. Es sind alles
Instrumentalkompositionen, bis auf zwei alles eigene, und sie klingen
schwedisch. Sehr lyrisch: Mörsil, Rost und Sista Dagen. Ein ausführlicher
Bericht über die Gruppe ist im Folker-Internet-Archiv nachzulesen.
Bernd Künzer
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MICHEÁL Ó HEIDHIN
Ceol Sidhe – Shee Music
(Cló Iar-Chonnacht CICD186, www.cic.ie
)
19 Tracks, 70:22, mit detaillierten Infos
Das engagierte Team von Cló Iar-Chonnacht, einer puristischen Plattenschmiede
aus Connemara in Irland, bringt ein neues Kleinod auf den Markt. Micheál Ó
hEidhin ist ein nicht mehr ganz junger Musiker aus dem County Galway. In seiner
Jugend spielte er Pianoakkordeon, ein Instrument, welches in traditionellen
irischen Kreisen zumindest Stirnrunzeln hervorruft, passt doch sein eher
brachialer Charakter wenig zur feinsinnigen und hochverzierten irischen Musik.
An schweren Rückenproblemen leidend, sah sich Ó hEidhin gezwungen auf die
leichter zu handhabende Konzertina umzusteigen, mit deren Spieltechnik er sich
dann relativ spät im Leben vertraut machte. Aufgrund seiner Musikalität brachte
er es dennoch auch dort zur Meisterschaft. Sein subtiler Rhythmus, seine
feinsinnigen Verzierungen sind für einen Musiker seines Alters ungewöhnlich und
höchst beeindruckend. Mit von der Partie sind die Ikonen Charlie Lennon (v) und
Steve Cooney (g). Sehr interessante Stückauswahl, eine spannende, mitreißende
Aufnahme! Besonders für Liebhaber der Konzertina ein echtes Muss.
Johannes Schiefner
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JUNE TABOR & OYSTERBAND
Ragged Kingdom
(Westpark Music 87215/Indigo, www.brightfieldproductions.co.uk/tabor.htm
, www.oysterband.co.uk
)
12 Tracks, 46:14, mit engl. Infos u. Texten
Gut zwanzig Jahre haben sie sich Zeit gelassen, um den Nachfolger von
Freedom & Rain einzuspielen, vielleicht ist es gerade deshalb ein so
knackiges Album geworden. June Tabor und die Oysterband sind erfahrene Profis,
und daher ist vom ersten Ton an klar: Die Folkrocker und die Lady mit der großen
Stimme sind auch diesmal ein himmlisches Paar. John Jones, ganz Gentleman,
überlässt June Tabor den Großteil des Gesangs, und doch sind die Stücke am
überzeugendsten, wo beide sich das Singen teilen, etwa bei der tausendmal
interpretierten und dennoch frisch klingenden Child Ballad Son David und wenn
sie den Joy-Division-Hit Love Will Tear Us Apart zum Folksong machen. Oder
wenn die ganze Crew beim traditionellen schottischen Sweet Sixteen mit voller
Kraft die Stimmbänder einbringt. Das ist abgeklärt, das ist ganz, ganz großes
Kino. Aber warum haben die Sechs einen Song wie The Hills of Shiloh auf das
Album gelassen? Hübsch, aber das ist doch ein klarer June-Tabor-Song, da ist
keine Unze Oysterband drin. Doch einen Ausreißer, der zudem nicht schlecht, nur
unpassend ist, kann man verschmerzen. Folkrockfans, kaufen! Besser wird es
dieses Jahr wohl nicht mehr werden.
Mike Kamp
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RICCARDO TESI & BANDITALIANA
Madreperla
(Materiali Sonori Associated VM3001/Galileo MC, www.riccardotesi.com
)
12 Tracks, 56:01, mit Texten
Riccardo Tesi, toskanischer Botschafter des diatonischen Akkordeons, scheint
keine Schaffenskrise zu kennen. In dieser Folker-Ausgabe wird er gleich
zweimal erwähnt: einmal im Kurzschluss mit Accordion Samurai
und hier mit der diesjährigen Auslese seiner Banditaliana. Wie bei
Spitzenweinen stellt man sich bei dem Quartett die Frage, ob es sich um einen
sehr guten oder einen herausragenden Jahrgang handelt. Für die richtige
Mischung sorgen wie immer die Instrumentals des Bandleaders und die Lieder des
Sängers und Gitarristen Maurizio Geri. Tesis Stücke verströmen dieses Mal ein
wenig Klezmer- und Balkan-Flair, Saxofonist Claudio Carboni und Percussionist
Gigi Biolcati bringen eine jazzige Note ein. Besonders schön sind die Einlagen
des Letzteren auf der Kalimba, dem afrikanischen Daumenklavier. Auf den acht
Liedern des Albums singt Maurizio Geri in poetischen Worten über die Liebe, das
Meer und einen von Glücksspielern ausgebeuteten Planeten. Geris warmer,
ausdrucksstarker Gesang ist wie immer eine Klasse für sich. Ein sehr guter oder
ein herausragender Jahrgang? Sagen wir es so: Bei der Banditaliana gibt es
eigentlich nur herausragende Jahrgänge.
Martin Steiner
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MARTIN SIMPSON
Purpose + Grace
(Topic Records TSCD584/Rough Trade, www.martinsimpson.com
)
13 Tracks, 57:36, mit engl. Infos
Der Status eines Musiker zeigt sich daran, wie bereitwillig die Kollegen seinem
Ruf folgen, wenn es an die Aufnahme eines Albums geht. Martin Simpson rief, und
es kamen unter anderem Jon Boden, Dick Gaughan, Fay Hield, June Tabor und
Richard Thompson. Noch Fragen? Diesmal konzentriert sich Simpson bei den
diversen Kollaborationen und Solostücken – über die seine reguläre Band
nicht vergessen werden sollte – nur zweimal auf Eigenkreationen. Die
beiden zentralen Stücke haben Banjothemen und erzählen wunderschöne Geschichten.
Der Rest des Materials stammt unter anderem von dem erwähnten Mr. Thompson,
Bruce Springsteen und natürlich mehrfach vom erprobten englischen, schottischen
und amerikanischen Mr. Trad. Für die Gitarrenfreaks verrät Simpson
Saitenstimmung und Capoplatzierung. Aber das Spielen der Stücke, das wissen wir
spätestens seit Rudolstadt hautnah, ist ein ganz anderes Problem. Dass bei
Simpson das handwerkliche Können bei den Instrumenten und der Stimme nicht den
Emotionen im Wege steht, das beweist er mit diesem Album erneut. Ein wirklich
reifes Werk!
Mike Kamp
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UXÍA
Meu Canto
(Fol Música 100FOL102/Galileo MC, www.uxia.net
)
15 Tracks, 53:27, mit galic., portug. u. span. Texten und galic. Infos
Ihr elftes Album, mit dem die Sängerin auch gleich 25 Jahre künstlerischen
Schaffens feiert, entstand in Rio. Die Galicierin ging mit Landsleuten und
brasilianischen Musikern wie Lenine an die Neulektüre wichtiger Lieder aus ihrem
Liverepertoire sowie an die Erarbeitung einiger Neuzugänge. Dieser
Schulterschluss zwischen ihrer Heimat und dem größten portugiesischsprachigen
Land reiht sich bei Uxía Senlle, die mit Fug und Recht als eine der
entflammtesten lusofonen Kulturbotschafterinnen betrachtet werden darf, in eine
lange Kette von Aktivitäten ein. Zu den herausragendsten zählt das 2003 ins
Leben gerufene internationale lusofone Festival Cantos na Maré, das in
Pontevedra, unweit des Geburtsorts der Sängerin, Musiker des gesamten
portugiesischen, inklusive galicischen Sprachraums versammelt. Viele von ihnen
trifft man auf Uxías Platten wieder, so auch auf der aktuellen, mit der sie sich
vor der Gesangskultur an sich verneigt, vor der Stimme als universellstem,
zugänglichstem und essenziellem Instrument. Ihre eigene ist nach wie vor von
einnehmender Klarheit, Frische und allgemeingültiger Kraft, obgleich in ihr nach
wie vor die reiche galicische Gesangstradition nachhallt.
Katrin Wilke
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HUBERT VON GOISERN
Entwederundoder
(Capriola/Blankomusik/Sony Music 88697 94338 2, www.hubertvongoisern.com
)
12 Tracks, 51:19
Hubert von Goisern dürfte abgesehen von Udo Jürgens wohl der bekannteste Musiker
Österreichs sein. Schon früh hat es ihn aus dem Salzkammergut in die weite Welt
gezogen. Eine musikalische Donaufahrt hat er unternommen, er war in Tibet und
Afrika, gar schon, laut Albumtitel, im Exil! Nun ist er wieder zu Hause
angekommen. Auf Exotismen und opulente Instrumentierungen hat er verzichtet, auf
gehaltvolle, introspektive Texte nicht, ist schlicht ins Salzburger Studio
gegangen, hat einige Musiker mitgenommen und ist möglicherweise bei sich selbst
angekommen. Sprich: Er singt noch immer Dialekt, lässt immer noch seine lang
gezogenen, typischen Schreie und Juchzer hören und spielt Akkordeon, das
allerdings eher verhalten. Aber beim musikalischen Umfeld hat er sich aufs
Rudimentäre beschränkt, auf Musik, mit der er sozialisiert wurde. Bei einem Mann
seines Alters sind das natürlich Volksmusik, Jazz, Blues und Rock. So heult in
den ersten Stücken eine E-Gitarre den Rock und Blues heraus, wird es danach
beschaulich mit Klavier zur Jazzbegleitung, um am Schluss noch einmal mit
Maultrommel und Vollbesetzung zur Volksmusik zurückzukommen. Eine runde Sache.
Harald Justin
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FOLKER auf Papier
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