Besondere CDs
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DIE BESONDERE – DEUTSCHLAND I
DIVERSE
Stimmen Bayerns – Der Tod
(Trikont US-0415/Indigo, www.trikont.de
)
28 Tracks, 76:01, mit dt. Infos
Stimmen Bayerns – Die Liebe
(Trikont US-0416/Indigo, www.trikont.de
)
22 Tracks, 67:05, mit dt. Infos
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I wui ned / Na, na, na, i stirb ned / I stirb nia / I konned sterm / Mi
derwischd der Doad ned / I kimm eam aus / Olle sterm / I alloa, i leb (I will
net, Karl Obermayr liest Herbert Regele). So ähnlich könnte es sich auch mit
der Motivation hinter dem neuesten Geniestreich des Münchener
Spezialitätenlabels in Sachen Audiozusammenstellungen mit Herz und Verstand
verhalten: Mundart am Leben halten, Brauchtum, Gefühl, Stimmung, Geruch –
all die Dinge, an die man sich aus einem in Bayern gelebten Leben erinnern kann,
mag oder muss. Eva Mair-Holmes und Achim Bergmann, die gemeinsam Trikont leiten,
haben die neue Reihe Stimmen Bayerns gemeinsam mit Andreas Koll, im Hause
bereits mit einer ganzen Reihe Zusammenstellungen bayerischer und jüdischer
Künstler hervorgetreten, so breit angelegt wie das Leben logischerweise auch
südlich der Weißwurstlinie ausfällt. Weitere Folgen sind bereits jetzt zu den
Themen Der Rausch, Die Freiheit, Das Verbrechen, Der Hass, Der Betrug,
Mord und Totschlag angekündigt – unter anderem. Den Auftakt machen Der
Tod und Die Liebe, zwei prall gefüllte Wundertüten bayerischer
Mundartdichtung und -Darbietung zu den beiden Generalthemen überhaupt –
eines bei aller Allgegenwärtigkeit gesamtgesellschaftlich eher ein bisschen tabu
(Tod), das andere eigentlich zerquatscht und zerquasselt bis zum Erbrechen
(Liebe). Geht aber auch erträglicher, wie gleich zu Beginn des leichteren der
beiden Startvolumen der Reihe Helmut Fischer noch einmal mit seiner charmanten
Monaco-Franze-Single von 1983 Spatz, schau wia i schau zeigt. Deutlich weniger
süßlich geht es natürlich insgesamt bei Der Tod zu. Die Stimmen sind mal ganz
tief und kraftvoll regional gefärbt, mal leichter und leichtgewichtiger; viele
bekannte darunter zeitigen manch einen Reflex. Oft von ziemlich giftigem Humor
und bissiger Lakonik, werden die Texte in beiden Fällen zusätzlich durch etwa
ein Drittel Musik aufgelockert – wobei interessanterweise die reinen
Textdarbietungen an Melodie, Flair und Swing den Liedern und Songs keinesfalls
nachstehen. Eher im Gegenteil
Christian Beck
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DIE BESONDERE – DEUTSCHLAND II
CASSARD
Bukalemun
(Klangwelten Records, www.duo-cassard.de
)
13 Tracks, 61:03
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Christoph Pelgen und Johannes Mayr nennen ihr Duo nach dem bretonischen
Freibeuter Jaques Cassard, dessen Kampf gegen die englische Seeblockade in der
Schlacht von Syracuse 1710 zum Erfolg führte. Pelgen, einer der renommiertesten
deutschen Dudelsackspieler, setzt dem Namensgeber auf Bukalemun
mit einem selbstkomponierten Hanter Dro ein musikalisches Denkmal, das auf
Bombarde und Kirchenorgel eingespielt wurde. Ein Beispiel für die musikalische
Freibeuterei des Duos, auch für die Risikobereitschaft ihres Konzeptes. Lieder
und Instrumentalstücke, eigene und traditionelle, aus dem gesamten europäischen
Raum, eingespielt auf immer wieder neuen, verblüffenden
Instrumentenkombinationen, mit einer Spielfreude, die ihresgleichen sucht. Aber
Pelgen mit Schäferpfeife, Gaita, Hümmlechen, Bourbonnaise, Biniou Kozh,
Bombarde, Chalumeau, Low Whistle, Mandoline und Gesang sowie Johannes Mayr an
Akkordeon, Nyckelharpa, Piano, Orgel, Kontrabass und Gesang reichte diese
Vielfalt noch nicht – auch vier Gastmusiker holten sie mit weiteren
Instrumenten ins Studio dazu. Bukalemun, so der
gut gewählte türkische Titel des Albums, bedeutet Chamäleon, und so
wandlungsfähig wie dessen Haut sind auch die Farben der musikalischen Palette.
Neben den Instrumentalstücken zeigen melancholische Lieder wie das traditionelle
französische Weihnachtslied Bonne Sainte Vierge Marchant Sur Terre oder die
schwedische Stefansweise Staffan Var En Stalledräng, dass Mayr und Pelgen
nicht nur ihre Instrumente virtuos beherrschen und grandiose Arrangements zu
schreiben wissen, sondern obendrein auch tolle Sänger sind. Bei aller Vielfalt
entsteht nie der Eindruck von Stückwerk – das Gegenteil ist der Fall
– Bukalemun bietet eine Stunde Musik aus einem Guss: europäisch vielfältig, verinnerlicht
emotional und immer wieder verblüffend. Das Album ist zum Wegträumen schön, ein
Hochgenuss von der ersten bis zur letzten Minute; eine Produktion, die
internationalen Standards in jeglicher Hinsicht gerecht wird.
Ulrich Joosten
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DIE BESONDERE – EUROPA
SÍLVIA PÉREZ CRUZ & JAVIER COLINA TRIO
En La Imaginación
(Contrabaix/Karonte KAR 723/Nuba Records/Galileo MC, www.enlaimaginacion.com
)
Promo-CD, 10 Tracks, 54:08
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Gerade ist uns durch das Frauenquartett Las Migas ( Folker 2/2011
)
eine der aktuell bezauberndsten, charaktervollsten Frauenstimmen
Spaniens zu Ohren gekommen. Nun scheidet die singende Frontfrau leider aus
diesem Ensemble aus – wohl auch, um sich freier auf vielen, hoffentlich
nicht zu vielen anderen musikalischen Pfaden weiterzubewegen. Die Katalanin
dabei zu begleiten, wie hier gemeinsam mit – erneut ist ein Superlativ
angebracht – einem der wichtigsten Jazz- und Flamencokontrabassisten
ihres Landes, ist allerdings nicht minder interessant. Javier Colina widmet
sich seit Langem intensiv der stilistisch und emotional reichen Welt des Bolero
und seiner durch die Musikbewegung des sogenannten Filin (Feeling) in Havanna
modernisierten jazzigen Variante. Der in Madrid lebende Musiker aus Pamplona
schätzt nach eigener Aussage gerade auch die starke poetische Kraft dieser
Liedkultur und fand dafür in Pérez Cruz eine begnadete Übermittlerin. Wundersam
zeitlos, elegant, luftig leicht muten beider feinnervige Interpretationen vor
allem im spanischen Sprachraum populärer Klassiker an. Bei uns noch am ehesten
bekannt: Sindo Garays Danzón La Tarde und – durch Omara Portuondo
– Óscar Hernández Bolero Ella Yo, der auf betörende Art nur mit Gesang
und Bass gestaltet wurde. Neben Stücken nicht mehr lebender Komponisten wie der
Mexikanerin María Grever oder dem afrokubanischen Canto Belén des Kubaners
Ernesto Grenet finden sich auch zwei Kompositionen der heute 77-jährigen
Habanera Marta Valdés. Der unter kubanischen wie spanischen Troubadouren
beliebten Liedpoetin ist das Album auch gewidmet. Die einfühlsame
Instrumentierung mit Platz für Soli ist vier großen spanischen Jazzern zu
verdanken: neben Colina seinen langjährigen musikalischen Partnern, dem
Schlagzeuger Marc Miralta aus Barcelona und dem Saxofonisten Perico Sambeat
sowie dem jungen Pianisten Albert Sanz aus Valencia, der wie Miralta in Berklee
studierte und wie dieser auch in der New Yorker Musikszene aktiv ist.
Katrin Wilke
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FOLKER auf Papier
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