FOLKER – Rezensionen

Rezensionen BÜCHER


NADIA BIRKENSTOCK
Celtic Harp & Song Vol. 1

Neuried: Eigenverlag, 2010
55 S., nur Noten.

13 Lieder und Instrumentalstücke enthält das erste Heft der Harfenistin Nadia Birkenstock. Sauber gesetzt und mit Gitarrenakkorden versehen, enthalten die Songs ein bis zwei Gesangsstimmen sowie die Texte. Schön an diesem Spielheft ist, dass es nicht ausschließlich für Harfenisten verwendbar ist, sondern auch für Klavier, Akkordeon und andere Instrumente verwendet werden kann. Neben traditionellen Stücken enthält das Buch auch ein Stück des berühmtesten aller keltischen Harfner, Turlough O’Carolans „Carolan’s Farewell to Music“, beliebte Songs wie „The Water Is Wide“ und „The Cuckoo“, aber auch fünf Stücke von Frau Birkenstock selbst.

Ulrich Joosten

Bezug: go! www.nadiabirkenstock.com

 

NADIA BIRKENSTOCK – Celtic Harp & Song


NICOLE MANON LEHMANN
Sama und die ‚Schönheit’ im Kathak –
Nordindischer Tanz und seine ihn konstituierenden Konzepte am Beispiel der Lucknow-gharana

Münster: LIT Verlag, 2010
671 S., Ill. [Klangkulturstudien; Bd. 4]
Zugl.: Köln, Univ., Diss., 2008
ISBN 978-3-643-10252-2

Bis zu 200 Glöckchen trägt die Kathak-Tänzerin an jedem Fußgelenk. Sie klingen bei ihren Bewegungen, der rhythmischen Fußarbeit oder ihren schnellen Drehungen. In Nordindien sind die Kathak-Tänzerinnen und -Tänzer Geschichtenerzähler. In ihren getanzten Geschichten verbinden sie Rhythmus mit Schönheit und den Handlungen religiöser Mythen. Nicole Manon Lehmann begründet in ihrem Werk ihre These, dass die ästhetische Essenz des Kathak-Tanzes im musikalischen Fixpunkt namens „Sama“ zum Ausdruck kommt. Im Sama treffen sich Tänzer und die sie begleitenden Musiker immer wieder an einer bestimmten rhythmischen Stelle, an der die ganze Schönheit und Tiefe dieser Kunstform sichtbar wird. Wer mit Kathak bereits vertraut ist, den wird diese Theorie nicht überraschen. Doch die Autorin liefert dafür die theoretische Grundlage.

Der 671 Seiten dicke Wälzer ist die Dissertation und das erste deutschsprachige Werk über Kathak. Doch keine Angst: Der Text lässt sich hervorragend lesen und ist mit eigenen Erlebnissen geschmückt. In elf Kapiteln führt die Autorin in die religiösen Hintergründe und die Geschichte des Tanzes ein. Sie analysiert die Tanzbewegungen und setzt sich kritisch mit Frauen- und Männerrollen auseinander. Das Buch ist kein Lehrbuch für Kathak. Doch es sei allen Kathak-Schülerinnen und Schülern wärmstens ans Herz gelegt. Sie erhalten ein sehr fundiertes Basiswissen über diesen auch in Deutschland unterrichteten Tanz. Da es in der indischen Kultur keine Trennung zwischen Tanz, Gesang und Instrumentalmusik gibt, profitieren auch Musikerinnen und Musikern beziehungsweise Fans der indischen Ragamusik sehr von dem Werk.

Udo Hinz

Bezug: go! www.lit-verlag.de

 

NICOLE MANON LEHMANN – Sama und die ‚Schönheit’ im Kathak


HUGH CHEAPE
Bagpipes –
A National Collection of a National Treasure

Edinburgh: NMS Enterprises Ltd. Publ., 2008
154 S., mit Abb., plus CD-ROM.
ISBN 978-1-905267-16-3

BARRY W. SHEARS
Dance to the Piper –
The Highland Bagpipe in Nova Scotia

Sydney, Nova Scotia: Cape Breton University Press, 2008
239 S., mit zahlr. Abb., plus CD.
ISBN 978-1-1897009-33-8

Zwei Bücher über Pipes mit sehr unterschiedlichen Gewichtungen. Cheape geht es um die schottische Variante im europäischen, speziell irischen Kontext und dem entsprechenden Einfluss. Dennoch erfahren wir einiges über die Geschichte der Pipes als solche, die etwa im Jahr 1500 nach Schottland „einwanderten“ und die Harfe als populärstes Instrument ablösten, über die Rolle der Piping-Dynastien wie die der MacCrimmons bis hin zur Schlacht von Culloden, über die Weiterentwicklungen der Pipes und über die zwiespältige Rolle der Armee und der Pipe Bands. Unterstützt wird die Thematik zeitgemäß mit einer CD-ROM mit Material aus der Bagpipe-Sammlung des National Museum of Scotland.

Shears hingegen stellt sich die Frage: Wie überlebten die Highland Bagpipes in der kanadischen Provinz Nova Scotia? Der Zeitrahmen erstreckt sich vom Beginn der Einwanderung aus Schottland im Jahr 1773 bis 1997. Den Anfang bildet die Schilderung der vom Mutterland anfangs völlig losgelösten, eigenständigen Entwicklung der Pipes und ihrer Musik aufgrund der ländlichen Isolation. Die Industrialisierung entzog dem Piper seine Rolle in der (meist gälischsprachigen) Gemeinschaft und die um 1900 entstehenden Pipe Bands erstickten jede Individualität. Im 20. Jahrhundert dann bereiteten importierte Lehrer aus Schottland mit einer fast schon chauvinistischen Einstellung den noch bestehenden lokalen stilistischen Eigenheiten den Garaus. Eigentlich eine traurige Dokumentation, aber eine sehr sorgfältige und umfassende (nicht zuletzt wegen der CD), wobei lediglich die zu kleinen und daher überflüssigen Landkarten zu kritisieren sind. Ach ja, und der berühmte schottische Ossian-Fake wird nicht aufgeklärt, aber wer sich so intensiv mit Schottland und seinem manchmal auch diskussionswürdigen Export beschäftigt, dass er dieses Spezialistenbuch lesen möchte, der oder die kennt sich diesbezüglich eh aus.

Mike Kamp

Bezug: go! www.nms.ac.uk , go! www.cbupress.ca

 

HUGH CHEAPE – Bagpipes

BARRY W. SHEARS – Dance to the Piper


MICHAEL HEATLEY
Das Mädchen aus dem Song: Angie, Lola, Rita, Suzanne und Maggie May – und welche Geschichte sich dahinter verbirgt
Übers. von Madeleine Lampe
Genehmigte Lizenzausg., 3. Aufl.

Berlin : Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2010
247 S., mit zahlr. s/w-Fotos.
ISBN 978-3-89602-579-1

Cherchez la femme! Wer wollte nicht schon immer mal wissen, welche Geschichte sich hinter den Namen der Mädchen aus dem Song verbergen, warum Angie, Lola, Rita, Suzanne, Maggie May, Layla, Sharona oder Peggy Sue und andere den Liederschreiber dazu animierten, ihnen ein Lied zu widmen? Wer also auf die Frage nicht schüchtern „Ich nich’!“ erwidert und auf gepflegten Gossip steht, dem bietet dieses Buch eine unterhaltsame und informative Lektüre. Heatley recherchiert die Lebenswege der genannten und weiterer Damen und spürt der Frage nach, wer sie waren, wie es dazu kam, dass ein Lied über sie geschrieben wurde, und was später aus ihnen wurde. 50 Popklassiker überwiegend der Sechziger- und Siebzigerjahre lässt er auf seiner amüsanten Reise durch die Popgeschichte Revue passieren, Musikhistorie und Klatsch wohldosiert gemischt.

Unterhaltsam und erhellend.

Ulrich Joosten

 

MICHAEL HEATLEY – Das Mädchen aus dem Song


PETER BISSEGGER, PETER HAUZENBERGER, MANFRED VERAGUTH
Große Schweizer Kleinkunst

Zürich: Rüffer & Rub, 2010
340 S., mit zahlr. s/w-Fotos
ISBN 978-3-907825-50-7

„Die Schweizer Kleinkunstszene ist in ihrer Dichte und Ausstrahlung eine weltweite Besonderheit.“ So beginnen die drei Autoren ihren chronologischen Überblick über sechzig Jahre Kleinkunst, von den Anfängen bis heute, vom politischen Kabarett über die Liedermacherszene bis zur Comedywelle. Es ist ein erstes umfassendes Buch zu diesem Thema, das keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, bei der Fülle an Vorhandenem wohl auch gar nicht erheben kann. Aber es vermag mit genauen Beobachtungen, Anekdoten und Originaltexten, sehr persönlichen Gastbeiträgen von bekannten Künstlern und vielen Fotos doch repräsentative Etappen innerhalb der Entwicklung zu skizzieren und mit einer umfangreichen Bibliografie zu ergänzen. So wird mit dem Cabaret Voltaire, mit Frank Wedekind, der Pfeffermühle, Cornichon nach ersten alternativen Formen zu den großen Theatern in den großen Kriegen gesucht, über die frühen Kellerbühnen berichtet, die von Basel, Zürich und Bern bis Zug, Luzern und St. Gallen während der Sechzigerjahre Heimstatt und Spielstätten für Kleinkunst aller Art geworden sind. Die nächsten Jahrzehnte sind von zunehmender Vernetzung, der Geburt der Kleintheatervereinigung, ersten Kleinkunstpreisen, der Folkwelle, der Friedensbewegung und einer verstärkten Aufmerksamkeit der Medien gekennzeichnet. Die Namen von Künstlern und Künstlergruppen wie Dimitri, Emil, Joachim Rittmeister, Circus Knie tauchen bereits in den ersten Jahrzehnten auf und schauen mittlerweile, größtenteils immer noch aktiv, auf etliche Bühnenjubiläen zurück. Über die mittlere Generation – Viktor Giacobbo, Gardi Hutter, Linard Bardill – wurde der Staffelstab in den Neunzigerjahren an die darauf folgende – Ursus & Nadeschkin, Massimo Rocchi – weitergegeben und geht von da aus an die wiederum Jüngeren, die ab 2000 mit neuen Formen, Comedy und Poetry-Slam, auf ihre jeweils ganz eigene Weise die Bretter, die die Welt bedeuten, erobern.

Cathrin Alisch

Bezug: go! www.ruefferundrub.ch

 

P. BISSEGGER, P. HAUZENBERGER, M. VERAGUTH – Große Schweizer Kleinkunst


WALTER HANSEN (Hrsg.)
Das große Buch der Volkslieder –
Über 400 Lieder aus Deutschland, Österreich und der Schweiz
Mit Ill. von Ludwig Richter. Vollst. Ausg. 2010

München: DTV, 2010
352 S., mit Noten u. Ill. [dtv; 13934]
ISBN 978-3-423-13934-2

Bei diesem Buch handelt es sich offenbar um die erweiterte Neuauflage der Neuauflage des Originals. Obwohl, man weiß es nicht, denn abgesehen von der Information „vollständige Ausgabe 2010“ auf der Titelblattrückseite, gibt es keinen Hinweis darauf, dass das Buch bereits 2004 im Bassermann-Verlag erschienen ist – mit gut 100 Liedern weniger. Und diese wiederum basiert auf einer Ausgabe des Mosaik-Verlages. DTV- und Bassermann-Ausgabe sind über weite Strecken identisch, von Notensatz, Layout bis zu den Anmerkungen zu den Liedern, die sich wortwörtlich und im gleichen Satz finden. Auch die Ludwig-Richter-Illustrationen sind identisch. Möglicherweise war die Bassermann-Ausgabe eine gekürzte Version der Mosaik-Ausgabe, die nunmehr wieder vollständig angeboten wird – man weiß es eben nicht. Das Vorgehen erscheint äußerst fragwürdig: Wollte man durch Weglassen der Quellenangaben den Eindruck erwecken, es handle sich um eine Neuheit?

Den Gebrauchswert des Buches schmälert das aber nicht. Es versammelt mehr als 400 Volkslieder aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, mit Noten und Gitarren-Akkordbezeichnungen und – wenn auch äußerst sparsamen – Anmerkungen zu Entstehung und Hintergrund einiger (längst nicht aller) Lieder. Für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem deutschsprachigen Volkslied ist das Buch daher kaum brauchbar. Wer jedoch einfach nur eine preisgünstige Quelle deutscher Lieder sucht, der dürfte mit dieser in 25 thematische Kategorien (zum Beispiel „Märchen und Sagen“, „Moritaten“, „Küchenlieder“, „Abschiedslieder“, „Soldatenlieder“, „Trinklieder“, „Handwerkerlieder“ u. v. m.) gegliederten Sammlung bestens bedient sein.

Ulrich Joosten

 

WALTER HANSEN (Hrsg.) – Das große Buch der Volkslieder


DYLAN
100 SONGS & BILDER
Übers. Max Dax. Dt. Erstausg

Berlin: Bosworth, 2010
406 S., mit Noten, Akkordsymbolen u. Gitarren-Griffbild, 100 Fotos. [Bosworth Edition; BOE7526]
ISBN 978-3-86543-593-4

Kein Vor- oder Nachwort, kein Bildquellennachweis, gerade einmal ein Inhaltsverzeichnis. Erster Gedanke: ein Bootleg! Dann der Blick auf den Verlag. Nein, der ist seriös! Der zweieinhalb Kilogramm schwere Wälzer im Format 30,8 x 25 x 3,2 cm, im Original 2009 bei Omnibus Press erschienen, wird angepriesen als „sammelwürdig“, und das nicht zu Unrecht. Natürlich gibt es unzählige Dylan-Songbücher. Dieses jedoch kombiniert die Lieder mit zahlreichen, meist großformatigen Fotos aus allen Schaffensperioden Dylans und kurzen Kommentaren der Herausgeber sowie jener Künstlerkollegen, die die 100 Songs ausgewählt haben. Hinzu kommen autobiografische Anmerkungen des Meisters selbst. So erhält man einen interessanten kleinen Eindruck von der Entwicklung Dylans in seinen fast fünfzig Jahren als Musiker. Unter den Kommentatoren finden sich illustre Namen wie Pete Seeger, Martin Carthy, Ralph McTell, Roger McGuinn, Kris Kristofferson, Bob Marley, Emmylou Harris, Rosanne Cash oder Nick Cave. Die Fotos sind bekannt, passen aber in ihrer Stimmung größtenteils gut zu dem jeweiligen Song, dem sie zugeordnet wurden. Die offiziell angegebene Seitenzahl umfasst nur die Songs, abgedruckt in kompletter Notation mit Akkordsymbolen und Gitarrengriffbild. Die Seiten mit Kommentaren und/oder Fotos wurden nicht mitgezählt. Das Buch ist gut geeignet, dem „Dylan-Neuling“ Appetit auf mehr Informationen über diesen einflussreichen Ausnahmekünstler zu machen. Dem Kenner erlaubt es eine kleine Zeitreise, und dem Dylanologen dürfte die Anschaffung ein Muss sein.

Ingo Nordhofen

Bezug: go! www.bosworth.de

 

DYLAN – 100 SONGS & BILDER


JOHN POWELL
Was Sie schon immer über Musik wissen wollten –
Alles über Harmonien, Rhythmus und das Geheimnis einer guten Melodie

Übers. Michael Hein

Berlin: Rogner & Bernhard, 2010
332 S. mit s/w-Abb.
ISBN 978-3-8077-1065-5

John Powell ist sowohl Physiker als auch Musikwissenschaftler. Er scheint demnach wie geschaffen dafür, zu erläutern, was genau Musik eigentlich ist. Und dies gelingt ihm in seinem Werk auf auch für Laien nachvollziehbare Weise. Um dies zu erreichen, zerlegt er Musik in ihre einzelnen Bestandteile wie „Töne“, Harmonie“ oder „Lautstärke“ und versucht dadurch Fragen zu beantworten wie „Warum klingen zehn Geigen nur doppelt so laut wie eine einzige?“. Man erfährt, dass Töne aus regelmäßigen, sich wiederholenden Schwingungen der Luft bestehen und wie sich das heutige europäische Tonleitersystem aus dem pentatonischen entwickelte. Vieles von dem, was er schildert, mag nicht neu sein, aber Powell fasst zusammen und nimmt Perspektiven ein, die überraschende Einblicke gewähren.

Besonders interessant wird es, wenn er vor Augen führt, dass die heutige Standardtonhöhe, an denen sich Instrumentenbauer, Musiker und Komponisten orientieren, erst seit 1939 international festgelegt ist und vorher von Land zu Land verschieden war; oder plausibel darlegt, dass Gefühlsreaktionen auf bestimmte Musik eher „anerzogen“ als „natürlich“ sind. Er räumt mit „Märchen“ auf, wie etwa dem, dass so etwas gäbe wie eine spezielle „Musikbegabung“. Und er zeigt, dass es selbst für Profis der Branche nahezu unmöglich ist, einen klanglich-qualitativen Unterschied wahrzunehmen zwischen Schallplatten und CDs.

Und dennoch bleibt am Ende die Frage, ob man das Buch gelesen haben muss, egal, ob man Musik macht oder sie „nur“ passiv konsumiert? Powell sagt selbst: „Man braucht keine Theorie, um gute Musik zu machen.“ Und erst recht nicht, um sie gerne zu hören oder sich davon „bezaubern“ zu lassen, möchte man hinzufügen. Seine wichtigste Leistung ist wohl, dass er dazu ermuntert, genauer hinzuschauen, womit er der Musik zwar einige ihrer Geheimnisse raubt, andererseits aber auch gerade dadurch jeden ermutigt, selbst musikalisch tätig zu werden.

Stefan Backes

Bezug: go! www.zweitausendeins.de

 

JOHN POWELL – Was Sie schon immer über Musik wissen wollten

Update vom
09.02.2023
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