Rezensionen INTERNATIONAL
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DIVERSE
Lets Get Together In Venezuela – Songs zur Weltfrauenkonferenz
(Music for the People, www.music-for-the-people.de)
12 Tracks, 48:26
Laut Beschluss der Weltfrauenkonferenz 1985 in Nairobi sollte bis zur
Weltfrauenkonferenz 2010 eigentlich weltweit jegliche gesetzliche oder
strukturelle Benachteiligung von Frauen beseitigt sein. Dass die Konferenz nun
erst 2011 stattfindet, sagt schon fast genug. Aber genug gemosert, das Album hat
durchaus gute Seiten. So zeigt es, dass es auch bei Frauen jede Menge
Unterschiede in Persönlichkeit und Lebensbedingungen gibt. Bei den Texten
dominiert die englische Sprache, es gibt aber auch Deutsches und Spanisches zu
hören, und es ist einfach gut, mal wieder Bread And Roses zu hören, diesen
Klassiker der Frauenbewegungslieder, hier von den Companeras gesungen. Es geht
sambamäßig los, wir hören afrikanische Rhythmen, dann getragenere, fast
klassische Weisen, sogar einen Kinderchor, die Hessler Spatzen. Die Texte
stammen unter anderem von Juliane Gabriel, Frank Baier und Nümmes, und eine
neugierig machende neue Bekanntschaft ist Toni Woods aus Schottland mit Holding
Strong. Zum Mitsingen ist der Titelsong mit zwei Playbackversionen insgesamt
dreimal enthalten. Und im Preis von 5 Euro ist laut Aussage des Labels eine
Spende zur Vorbereitung der Weltfrauenkonferenz 2011 enthalten.
Gabriele Haefs
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DIVERSE
Magic Clarinet – The Single-Reed Instruments 1
(Noethno 1005/6/7/Galileo MC, www.galileo-mc.de)
3 CDs, 47 Tracks, 250:00, mit 96-seitigem Booklet
Seit Jahren legt das TFF Rudolstadt neben einem Schwerpunkt auf Länder und Tänze
auch einen auf verschiedene Instrumente. Je nach vorgestelltem Instrument rückt
dabei auch schon einmal die gesamte Familie an: Von Selbstgebasteltem bis zu
professionell Hergestelltem ist dann die ganze Bandbreite am Start. 2001 hatten
die Initiatoren allerdings die klassische Klarinette, also jenes vom
Nürnberger Instrumentenbauer Johann Christoph Denner 1690 als Fortentwicklung
des Chalumeaus geschaffene Gerät im Sinn. So traten denn beim obligaten
Gemeinschaftskonzert auch vornehmlich Interpreten aus den USA und Europa auf und
präsentierten – von Klezmer bis Ländler – den ihnen eigenen
weltmusikalischen Ansatz; zu hören hier auf CD 3. Doch da die Klarinette
überdies auch in Klassik, Jazz und vielen außereuropäischen Musikformen zu den
omnipräsenten Instrumenten zählt, hören wir auf den ersten beiden CDs dann auch
noch einen geschmacksicher und mit viel Sachverstand zusammengestellten
Querschnitt durch die – durchaus wörtlich zu nehmen – weite Welt der
Klarinette. So ist diese 3-CD-Box, nicht zuletzt auch dank des opulenten
Booklets, ein vorzügliches Kompendium für Augen, Ohren und Kopf.
Walter Bast
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DIVERSE
Revolution Disco
(Trikont US-0403/Indigo, www.indigo.de)
15 Tracks, 49:52, mit engl. und dt. Infos
Russendisko-Macher Yuriy Gurzhy, gebürtiger Ukrainer, ist nicht mit Rock n
Roll aufgewachsen, sondern mit sozialistischen Partisanenliedern. Bei seinen
DJ-Auftritten im Westen lernte er jedoch schnell die Partymusik des heutigen
politischen Undergrounds lieben und ergänzte seine Osteuropamucke damit. Das
geht vom polnischen Dancehall Vavamuffins bis zum moldawischen Folkpunk von Zdob
Si Zdub, von quietschigen Surfrockfassungen der Internationalen bis zur
titelgebenden Revolution Disco von Rotfront, die stark an die Schlagerdisko
Dschinghis Khans erinnert. Trotz reichlich Idealismus bleibt also der Spaßfaktor
hier nicht außen vor. Neben den unvermeidlichen Spuren Mano Negras fällt
insgesamt der Hang zum Reggae auf. Diesseits der typischen Polkastampfer für die
Liebhaber geistiger Getränke sind die Höhepunkte bei den Exoten zu finden, etwa
Attwengers zungenbrecherischem und bitterbösem Alpenpunk oder dem von der
italienischen Banda Bassotti auf Deutsch versuchten und als Ska gelungenen
Arbeitsloser Marsch. Früher trafen Gewehrkugeln den Klassenfeind, heute sind
es eben Diskokugeln. Protestsongs auf der Wandergitarre können die
Attac-Generation wohl nur noch bedingt locken.
Hans-Jürgen Lenhart
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ESTHER OFARIM
Esther Ofarim
(Bear Family Records BCD 17120 AH, www.bear-family.de)
12 Tracks, 35:33, mit Texten in div. Sprachen u. dt. Übersetzung
Und wieder einmal hat die Bear Family zugeschlagen. Diesmal mit der Israelin
Esther Ofarim und der Neuauflage eines Albums aus dem Jahre 1972. Eingespielt
mit dem Kammerorchester der Münchner Philharmoniker, war das Album seinerzeit
vor allem hierzulande ein Erfolg. Im Ausland damals so gut wie nicht erhältlich,
wurde es nun digital bearbeitet und 38 Jahre später, wenngleich mit
unterschiedlicher Reihenfolge der Titel, neu herausgegeben. Die Lieder haben
nichts an Glanz verloren; Ofarims Vielsprachigkeit mag auch heute noch
verblüffen! So enthält das Album, oft irrtümlich First Album
genannt, Lieder in folgenden Sprachen: Ladino, Hebräisch, Italienisch,
Französisch und Deutsch. Es war jedoch lediglich ihr erstes Album nach der
Trennung von Abi Ofarim, bereits eine Dekade zuvor hatte sie mehrere Soloalben
als Esther Reichstadt herausgebracht. Sämtliche nicht-hebräischen Lieder, neun
an der Zahl, wurden von Gitarrist Erich Ferstl komponiert, der Ofarim auf dem
Album auch begleitet; der Rest von dem in Israel populären Mordechai Zeira.
Freunden abwechslungsreicher Weltmusik – ein damals noch unbekannter
Begriff – sei dieses wahrlich fantastische Album wärmstens empfohlen.
Matti Goldschmidt
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JOSEPH TAWADROS
The Hour Of Separation
(Enja ENJ 9555-2/EDEL Kultur, www.edel.com)
15 Tracks, 77:56, mit engl. Texten
Schubladen mit der Aufschrift Jazz oder Weltmusik verlieren zunehmend ihre
Griffigkeit. Sie klemmen. Dies belegt auch das Album des erst 27-jährigen
ägyptisch-australischen Oudvirtuosen Joseph Tawadros. Er und sein Bruder James
(perc) werden von drei Musiklegenden begleitet: John Abercrombie (g), John
Patitucci (b) und Jack DeJohnette (dr). Sie besitzen die Souveränität, sich auf
Tawadros einzustimmen – auf großartige Melodien, die keinen Gesang
benötigen, auf sein reichhaltiges, weitgehend solistisches Udspiel, das die
Motive nuancenreich variiert, um dann in die Improvisationen einzutauchen. Durch
einige Stücke schimmern bekannte Themen orientalischer Musiktraditionen.
The Hour Of Separation
verbindet Spielfreude, Professionalität und Leichtigkeit. Die Randnotiz, dass
dieses fast 80-minütige Album in zwei Tagen eingespielt wurde, illustriert die
Stimmigkeit eines Ensembles, in dessen Zentrum die arabische Laute Ud ihre
Schönheit immer neu entfaltet. Das Album kommt ohne Mätzchen aus, ohne
vordergründig demonstrierte Kunstfertigkeit eines grandiosen Udspielers und
ohne wohlinszenierte Egomanie bekannter Begleitmusiker. Es ist eine Hommage an
den guten Ton.
Birger Gesthuisen
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FOLKER auf Papier
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