GASTSPIEL
Menschengeschäft mit allen Vor- und Nachteilen
Aus dem Alltag eines Labelpromoters
VON STEFAN KAHÉ*
|
Autoreninfo:
|
---|
* Stefan Kahé ist studierter Musikwissenschaftler und Publizist (MA), leitet seit über zehn Jahren
die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Koch Universal Music. Von 1996 bis 2000 arbeitete er bei der
Stuttgarter Firma Intercord Tonträger, wo er ab 1998 Pressechef war. Als Berufsmusiker veröffentlichte
er in den Achtzigern mit der Kultband Gesundfutter (Sänger: Hape Kerkeling) und später mit seiner eigenen
Gruppe Luna Luna bis 1997 als Gitarrist, Komponist und Texter verschiedene Alben und stand viele hundert
Mal selbst auf der Bühne.
|
Im Grunde trifft es das Wort „Alltag“ nicht so wirklich. Wer einen festgelegten
„Nine-to-five“-Job sucht, ist hier in jeder Beziehung falsch. Regelmäßige
Konzertbesuche, Pressetage, Fernsehtermine in ganz Deutschland sind an der
Tagesordnung und prägen das Berufsbild. In gewisser Weise teilen Mitarbeiter von
Tonträgerfirmen das Leben der Künstler, die sie vertreten, nur die Bühne und
Tourneen fehlen. Das Verhältnis zu den Musikern ist mehr oder weniger eng, es
hängt von der Intensität der Zusammenarbeit ab und speziell in der Medienarbeit
auch von einer großen Portion Vertrauen, denn das Privatleben der Stars ist
immer von öffentlichem Interesse und damit verkaufsfördernd für die Medienwelt.
Eine gute Meldung macht Auflage, und die verkauft im besten Fall CDs. Die Musik
ist in der Diskussion mit den Medienpartnern oft genug nur noch liebevoll
gepflegtes Beiwerk – mit Ausnahme von Musikmagazinen, die von Spezialisten
für echte Musikliebhaber geschrieben werden. Hier ist der Streuverlust am
geringsten und der Promotionerfolg sicher am Zählbarsten. Am Ende des Tages ist
es auf allen Ebenen immer ein Geben und Nehmen, das für alle Seiten im besten
Fall zum Erfolg führt. Die Klaviatur der Medienwelt zu verstehen und auf diesem
Instrument ein zielgruppengerechtes „Lied“ zu komponieren, ist Sinn und Zweck
jeder Form der guten und erfolgreichen PR.
„Die Menschen, die Musik lieben und kaufen,
lassen sich nicht für dumm verkaufen.“
|
Zurück zum Promotionalltag. Es ist neun Uhr morgens, das Brötchen ist gerade
dabei, verdaut zu werden. Da kommt plötzlich eine Meldung rein, dass eine
bekannte Künstlerin unseres Hauses schwanger ist. Es dauert keine fünf Minuten,
bis der erste Boulevardjournalist die Geschichte exklusiv mit Fotoreportage im
Blatt haben will und dich anblafft, weil es nicht so einfach geht, wie er sich
das vorstellt. Ich rufe erst mal beim Management an, ob an der Geschichte
überhaupt was dran ist. Natürlich nicht! Die nächsten zwanzig Telefonate kann
ich also geflissentlich mit Absagen verbringen. Die Enttäuschung am anderen Ende
der Leitung ist groß ... Manchmal steckt aber auch ein Stückchen Wahrheit in den
Meldungen, dann muss, so schnell es geht, mit dem Künstler und dem Management
eine Strategie besprochen werden, wie das Problem elegant zu lösen ist. In die
Offensive gehen und eine eigene Meldung über eine große Agentur lancieren, macht
in diesem Fall oft Sinn.
Doch zumeist agiert man selbst in diesem Job. Ich will also was von den
Kollegen, eine Rezension, ein Interview, eine Fotogeschichte oder was immer
interessant sein mag. Speziell bei Newcomern, bei denen der mediale Wert noch
nicht allzu hoch ist, kommen dann von den Journalisten oft lustige Aussagen wie
„das langweilt“, „das ist nicht hot“, oder „die
kriege ich nur ins Blatt, wenn sie blank zieht“. Man muss schon
eine gute Prise Humor mitbringen, um all die Absagen des Tages gut gelaunt an
sich abprallen zu lassen. Doch glücklicherweise gibt es auch die Erfolge, die
schönen Geschichten und Rezensionen, das „Durchbringen“ von neuen talentierten
Künstlern und Bands, die den Job so attraktiv machen. Denn letztlich – und
ich denke, da spreche ich für viele meiner Kollegen – sind wir nicht „in
it for the money“, sondern weil wir Musik lieben und es letztlich irgendwie
geschafft haben, unser Hobby zum Beruf zu machen.
... mehr im Heft
| |
FOLKER auf Papier
|
---|
Dieser Artikel ist nur ein Auszug des Original-Artikel der Print-Ausgabe!
Bestelle sie Dir! Einfach das Schnupper-Abo!
bestellen und
drei Ausgaben preiswert testen. Ohne weitere Verpflichtung!
Oder gleich das Abo
?
|
|