Rezensionen DEUTSCHLAND
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B. B. AND THE BLUES SHACKS
London Days
(CrossCut Records ccd11100/In-akustik, www.in-akustik.com
)
15 Tracks, 52:25
Ein großartiges Album einer großartigen Band – eigentlich ist damit
bereits alles gesagt. Seit zwanzig Jahren machen die Hildesheimer Blues Shacks
nun schon ihre Musik, die im Blues und Rhythm and Blues der
Neunzehnhundertvierziger- und -fünfzigerjahre wurzelt. Eine reine Retroband
waren sie jedoch nie, stets brachten sie eine eigene Note ins Spiel. Über die
Jahre haben sie ihren Stil immer weiter verfeinert und in gewissem Maße
erweitert; mal schlug das Pendel eher zum Rock ’n’ Roll, dann kam ein Stomp oder
ein relaxter Swing ins Repertoire beziehungsweise auf das jeweils aktuelle
Album. Eigentlich jede Veröffentlichung wurde mit diversen Preisen dekoriert,
und das, obwohl die Blues Shacks doch im Grunde eine Liveband sind. Auf London
Days wird nun fortgeführt, was sich beim Vorgängeralbum abzeichnete: Der Soul der
Sechzigerjahre hält Einzug. Unterstützt wird die hervorragend aufeinander
eingespielte Band dabei von einer „Horn Section“ und einem Backgroundchor, auf
den meisten Tracks kommt noch eine Hammond B3 dazu. Jeder, wirklich jeder Song
ist ein kleines Meisterstück, immer toll gesungen, geschmackvoll solistisch
interpretiert und mit viel Groove und Gefühl begleitet.
Achim Hennes
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ROBERT CARL BLANK
Last Time I Saw Dave
(Analoghaus/R.D.S. RDSCD017/RDS/Cargo Records, www.cargo-records.de
)
11 Tracks, 54:53, mit Texten und Infos
Wo sind die ganz großen Songs geblieben? Bleibt einem wirklich nichts anderes
übrig, als am Lagerfeuer immer wieder auf „Under The Bridge“ zurückzugreifen?
Als Alternative bietet Robert Carl Blank aus Hamburg die elf Songs seines
Zweitlings an, von denen wir jeden einzelnen sofort mitspielen möchten. Der
erste Griff nach dem Hören des Albums wird mit Sicherheit zum Tourkalender des
Künstlers gehen. Genauso sicher ist es, dass man bis zum Konzert die Texte
auswendig kann. Robert Carl Blank scheint das Schreiben guter Songs im Blut zu
liegen. Man kann Paul Brady oder Jackson Browne als Referenz erwähnen, zumindest
deren stärkere Nummern – das ist es, was Last Time I Saw Dave
vom Gros der anderen Singer/Songwriter-Alben mit Popattitüde unterscheidet: Es
findet sich kein schwacher Titel! Jeder Song ist einzigartig, mal funkig, mal
klassischer Liedermacher, mal eine Rocknummer und mal vom Soul inspiriert. Die
akustische Gitarre schmiegt sich perfekt an das Rockumfeld der Begleitmusiker,
das Ergebnis ist ein sanftes und doch packendes Album, welches Mädchenherzen
brechen wird, und das der Jungs obendrein.
Chris Elstrodt
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HAMBURG KLEZMER BAND
In The Beginning
15 Tracks, 64:10
Fulminant beginnt das erste Album des Hamburger Quintetts mit „Yikhes And
Perenica“ – man glaubt zwar, alles schon einmal gehört zu haben, trotzdem
klingt es nicht altbacken, sondern frisch und mitreißend. Das lässt sich sogar
noch steigern: Bei den nachfolgenden Stücken „Hoffmann Hora“ und „Bulgar
Kodenice“ sieht man vor dem geistigen Auge bis in die Ekstase tanzende Massen
– die Hamburg Klezmer Band spielt ein äußerst vielseitiges und
abwechslungsreiches Programm jüdischer, moldawischer, ukrainischer und
rumänischer Musik, tief verwurzelt und hochvirtuos, mit viel Seele und
ungebremster Tanzwut. Peza Boutnari (dr), Stanislav Dinerman (acc), Bandgründer
Mark Kovnatskiy (v, voc), Mikhail Manevitch (tub) und Merlin Shepherd (cl) sind
die Musiker, über die sonst relativ wenig zu erfahren ist. Bedauerlicherweise
gibt das Booklet nur wenig her – und so kann man nur spekulieren, von wo
die Familien der Musiker ursprünglich stammen, was es mit den Stücken im
Einzelnen auf ich hat, oder ob Kateryna Ostravska (perc) der Gruppe tatsächlich
angehört, wie es im Internet vermeldet wird. Wer auf solche Informationen
verzichten kann, macht mit dem Erwerb dieses Albums sicher keinen Fehlgriff.
Matti Goldschmidt
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KNUT KIESEWETTER
Niee Leder vun mien Fresenhof
(Conträr 1CD83190-2/Indigo, www.indigo.de
)
15 Tracks, 53:46, mit platt- und hochdt. Texten und Infos
„Neue Lieder von meinem Friesenhof“ kann unter Umständen ein bisschen
irreführend klingen, handelt es sich hier doch um die Wiederveröffentlichung
einer LP aus dem Jahr 1986, allerdings angereichert um drei Bonustitel. Es ist
das Verdienst des Conträr-Verlages, nicht nur aktuellen Liedermachern und
Kabarettisten eine Plattform zu bieten, sondern auch hörenswerte Lieder und
Songs, die lange vergriffen waren, durch Neuveröffentlichung vor dem Vergessen
zu bewahren. Bei Knut Kiesewetter, ohne Frage einer der wichtigsten Vertreter
und Vorreiter norddeutscher Liedkultur, lohnt sich das allemal. Zwar klingt nach
heutigen Hörmaßstäben Manches bei ihm ein wenig glatt, stellenweise gar
schlagerhaft, doch seine Melodieführungen und Interpretationsweisen sind immer
wieder für Überraschungen gut, die Texte kommen witzig daher („Fru Schmidt“),
nachdenklich („He keem nich mehr“) oder auch poetisch („De ole Kaat“). Zudem
zeigt sich in den Liedern von Knut Kiesewetter eine tiefe Naturverbundenheit.
Kiesewetter ermöglicht singend und spielend – und das schon seit
Jahrzehnten – einen authentischen Zugang in die norddeutsche Seele und
Mentalität.
Kai Engelke
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TITUS LANG
Ausflug
(Sonntagsmusik/Audiomagnet AM 400061, www.audiomagnet.com
)
10 Tracks, 29:17, mit Infos
Wo soll man ihn einordnen, Titus Lang aus Leipzig? Ist er ein Liedermacher? Ein
Singer/Songwriter? Eine neue deutsche Indiefolk-Hoffnung? Sein aktuelles,
drittes Album Ausflug klingt auf höchst angenehme Weise wie mit
einfachstem Equipment zu Hause aufgenommen. Keinerlei Schickschnack –
einfach nur Lieder pur. Dem Zuhörer vermittelt sich das Gefühl, gemeinsam mit
dem Musikus, der sich auch als Prosa-Autor, Comiczeichner und
Nachrichtenreporter betätigt, in der Küche zu sitzen und einem Privatkonzert zu
lauschen. Der Gesang klingt völlig unangestrengt und entspannt. Bei der
instrumentalen Begleitung dominiert das Banjo, aber auch Gitarre und
Mundharmonika sind zu hören. Alles bemerkenswert sparsam eingesetzt, kein Ton zu
viel und gerade deshalb sehr glaubhaft, sehr ausdrucksstark. Ein im Wortsinne
eigenartiges Werk, das man gerne öfter in den Player legen möchte. Das Inlay
enthält leider so gut wie keine Informationen und auch keine Liedtexte. So muss
man halt genau hinhören. Macht man aber auch gerne.
Kai Engelke
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LIEDERLICHER UNFUG
Mirst von herzen leide
(Löwenzahn Medien HD20103/Galileo MC, www.galileo-mc.de
)
14 Tracks, 60:05, mit dt. Texten und Infos
Die ehemalige Schulband aus Hainichen hat seit ihrem Debüt 2005 einen
Riesenschritt in Richtung Professionalität, Ausstrahlung und Arrangements getan.
An ihren besten Stellen erinnert das kreative, präzise, druckvolle Zusammenspiel
von Drehleier, Flöte und Klarinette auf Mirst von Herzen leide
an die französische Gruppe Dedale. Glücklicherweise wurde diese Stunde
akustischer Musik nicht so glattgebügelt wie viele gängige Produkte, sondern
wirkt erfrischend und abwechslungsreich. Der Titelsong beginnt mit
mittelhochdeutschem Gesang über einem Bordunteppich. „Dunkle Wolk“ glänzt mit
schönen Flötenparts und interessanter Drehleierschnarre. Hackbrett, böhmische
Hakenharfe und Maultrommel bringen neue Klangfarben. Bekannt sind die
mittelalterlichen Stücke „Sumer is icumen in“, „Herr Mannelig“ und die zwei
spanischen Cantigas-Stücke. Das bretonische Drehleierstandard „An Dro“
erscheint in einer gut arrangierten Fassung. „Gaudete“ wird a capella in der
Steeleye-Span-Variante gesungen, leider nicht so prägnant wie von Maddy Prior.
Viel besser gelingt der vierstimmige Gesang beim mazedonischen Lied im
Siebenachteltakt, wo der Satz selbstgeschrieben wurde. Wohltuend und rundum
empfehlenswert.
Piet Pollack
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THE MOONBAND
Open Space
(Rockville RVMB001/Soulfood, www.soulfood-music.de
)
13 Tracks, 56:54, mit engl. Texten
Vorbilder wie Calexico oder Giant Sand gibt es genug. Aber kann man diese Musik
im Weltraum überhaupt empfangen? Fünf junge bayerische Raumreisende griffen
gegen die Trägheit in der Schwerelosigkeit einfach selbst zu den Instrumenten
und nannten sich The Moonband. Merkwürdige Namen tragen sie, etwa Chris Houston
und Eugen Mondbasis, um mal die beiden Songschreiber zu nennen. Ihnen sind eine
ganze Reihe vorführbarer Stücke im Americana-Idiom gelungen. Bereits der Opener
„Devil’s Got A Piece Of Us“ setzt sich im Ohr fest, die zweite Nummer „Tom
Waits“ knüpft mit ihrer einprägsamen Mandolinenlinie gleich dort an. Überhaupt
gehört die von Katerina Kirková gespielte Mandoline zum festen Klangbild der
Moonband – wie auch ihr dezenter Harmoniegesang. Kontrabass, Banjo, Lap
Steel: Hier mögen’s welche traditionell. Schade, dass die Crew erst am Anfang
ihrer Karriere steht und sich offenbar noch kein besseres Equipment leisten
konnte. Denn der zeitweise etwas dünne Pickup-Sound trübt die Sache. Ansonsten
fließen die Songs leicht dahin, verziert von hübschen Riff-Ideen. Und weil wir
alle gemeinsam die Moonband-Songs singen sollen, sind im Textheft die
Begleitakkorde abgedruckt.
Ignition!
Volker Dick
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PASSEPARTOUT GMBH
Ein neues Lied, ein bessres Lied
(Eigenverlag, www.druliotto.de
)
3 CDs, 41 Tracks, 174:42, mit Texten und Infos
Diese drei CDs gehören nicht nur in jeden Geschichts- und Musikunterricht,
sondern auch in die Hände angehender politischer Liedermacher. Sepp Zauner, Uli
Otto und Robert Hasleder zeigen mit ihrer Sammlung von Liedern aus den Jahren
der sogenannten Liberalen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts, wie Dichter und
„Liedermacher“ gesellschaftliche Vorgänge kommentierten. Anders als heute, wo
viele Künstler ohne mögliche Nachteile fürchten zu müssen einen „politischen“
Titel aufnehmen, weil es „angesagt“ ist, sahen sich Heinrich Heine, Hoffmann von
Fallersleben oder Adolf Glassbrenner nicht nur Anfeindungen ausgesetzt, sondern
auch direkter Verfolgung. Das Trio Passepartout GmbH greift mit Ein neues
Lied, ein bessres Lied eine Liedtradition auf, die zwar in den Jahren des
Folkrevivals Anfang der Siebziger- bis in die frühen Achtzigerjahre eine Rolle
spielte, mittlerweile aber vielleicht noch auf der Burg Waldeck gepflegt wird
und ansonsten sowohl in der Musikszene selbst als auch in den Medien keine Rolle
mehr spielt. Umso verdienstvoller ist es, dass hier nicht nur die Musik in
Erinnerung gerufen wird, sondern von Till Otto im beigelegten Kommentarheft für
alle Lieder und seine Autoren – soweit bekannt – auch eine fundierte
historische Einordnung geliefert wird. Es tut der Zusammenstellung gut, dass
Passepartout GmbH sich bei Arrangement und Instrumentierung nicht unbedingt
streng um Authentizität bemühen. Instrumente wie Bouzouki, Fretlass Bass, Banjo
oder Dobro bringen sowohl irische als auch US-amerikanische Folkelemente ein.
Michael Kleff
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STEPHAN SCHEUSS
One Pure Soul
(Songways SW 507 CD /Ozella Music/Galileo MC, www.galileo-mc.com
)
13 Tracks, 55:02, mit engl. Texten
Zumeist nur mit akustischer Gitarre und seiner einzigartigen Stimme gibt Stephan
Scheuss alten Soul- und Jazzstandards ein neues Gewand. Und das
verblüffenderweise, ohne das Genre zu verlassen, obwohl er nicht einfach diverse
Klassiker zur Gitarre spielt, sondern sie auch völlig anders arrangiert.
Gleichzeitig legt er auf beeindruckende Weise mit Falsett- oder Scatgesang die
gleiche Intensität in seine Stimme wie die großen Vorbilder. Bei Marvin Gayes
„What’s Going On“ verzichtet er auf den berühmt unwiderstehlichen Groove und
konzentriert sich ganz auf die Melodie. Umgekehrt arrangiert er den
Gamble/Huff-Hit „Drowning In The Sea Of Love“ im Mehrspurverfahren fast wie eine
A-capella-Vokalgruppe: Die Stimme wird mit einem EFX-Gerät verfremdet, im
Hintergrund ein fast afrikanisch anmutender, mit Vokalperkussion und Gitarre
erzeugter Beat, und für ein jazziges Gitarrensolo bleibt auch noch Zeit. Gerade
wenn Songs alles Beiwerk entzogen, ihnen der typische Beat genommen wird, und
sie immer noch überzeugen, wird oft deutlich, warum manche Lieder Hits wurden
und andere nicht. So dargeboten könnten sich selbst Folkies hier sogar mit
Tanzhits wie „Maniac“ aus Flashdance anfreunden.
Hans-Jürgen Lenhart
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FOLKER auf Papier
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