Rezensionen BÜCHER
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ROSA SALA ROSE
Lili Marleen: Die Geschichte eines Liedes von der Liebe und vom Tod
Aus d. Span. von Andreas Löhrer. Dt. Erstausg.
München: DTV, 2010
239 S., mit s/w-Abb. plus CD. [DTV Premium; 24801]
ISBN 978-3-24801-3
Ein Lied wie eine Eiche ... Die Rede ist von „Lili Marleen“, dessen Verse im
Ersten Weltkrieg von Hans Leip geschrieben wurden und die, von dem Komponisten
Norbert Schultze vertont und von der Sängerin Lale Andersen auf Schallplatte
aufgenommen, einen Siegeszug durch ganz Europa antraten. Unzählige Legenden
ranken sich um dieses Lied, wie jene, dass überall an den Fronten kurz vor 22
Uhr die Waffen auf beiden Seiten schwiegen und die Soldaten, Freund wie Feind,
diesem Lied lauschten, das der deutsche Militärsender Belgrad (mehr oder weniger
durch Zufall) zum ersten europaweiten Pophit puschte und von der deutschen
Schauspielerin und Sängerin Marlene Dietrich zum „biggest hit of World War II“
gemacht wurde.
Die spanisch-deutsche Germanistin Rosa Sala Rose spürt in ihrem packend
geschriebenen Buch allen Aspekten der „Geschichte eines Liedes von der Liebe und
vom Tod“, wie es im Untertitel heißt, nach. Die Autorin schildert die Versuche,
das Lied zu bannen oder es zu instrumentalisieren, zeigt auf, wie die
Propagandamaschinerie des Dritten Reiches funktionierte oder in diesem
speziellen Fall auch nicht, sie schildert, wie die Sängerin des Liedes fast an
ihrem Erfolg zerbricht, mit Sende- und Auftrittsverboten belegt wird und
trotzdem überlebt. Man erfährt, warum die Nichte Siegmund Freuds beharrlich zu
belegen versucht, dass sie die Original-Lili-Marleen des Liedes sei, man liest,
wie die Engländer das Lied als „Kriegsbeute“ beschlagnahmten, und erfährt, wie
es schließlich in Las Vegas zum Schnulzenhit par excellence avancierte, während
es die Hauptfigur des Liedes in ihrer Heimat zum Maskottchen der
Bildzeitung brachte und später Vorbild für die Barbiepuppe wurde.
Dem erstklassig recherchierten Buch liegt eine Audio-CD bei, die neben der
Originalversion des Liedes von Lale Anderson die von Marlene Dietrich enthält,
eine früher veröffentlichte Urversion (mit einer anderen Melodie) sowie für
Antinazi-Propaganda umgetextete Versionen.
Ulrich Joosten
Bezug:
www.dtv.de
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WERNER HINZE [Hrsg.]
Historisch-politische Lieder aus acht Jahrhunderten
Hrsg. Landeszentrale für politische Bildung Schleswig-Holstein, zusammengestellt mit
teilw. übarb. Erläuterungen von Werner Hinze
Kiel: Landeszentrale für politische Bildung, 2009
336 S., mit zahlr. Noten u. Abb.
ISBN 978-3-936743-08-1
Lieder sind unter Umständen sehr gut geeignet, historische Ereignisse nicht nur
rational, sondern vor allem auch emotional zu erfassen und zu verstehen. Diesem
Zweck dient der Band Historisch-politische Lieder auch acht Jahrhunderten
in besonderer Weise. Das Buch fußt auf einer im Jahre 1987 bei der
Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg erschienenen Broschüre
zum Thema historisch-politische Lieder, die später von dem Liedersammler Jochen
Wiegand um historische Lieder aus Schleswig-Holstein und Hamburg ergänzt wurde.
Das Ganze wurde nun von dem Liedforscher Werner Hinze nochmals ergänzt und
gründlich überarbeitet. Herausgekommen ist ein opulentes Werk, das umfassend
Auskunft gibt zu Liedern vom Mittelalter bis in die Jetztzeit. Die Herausgeber
stellen mehr als einhundert Lieder in Text, Noten, häufig auch mit
Gitarrenharmonien versehen, in ihrem jeweiligen historischen Kontext vor.
Sinnvoll ergänzt werden die Lieder und Erläuterungen durch zahlreiche
Schwarz-Weiß-Abbildungen.
Der historische Zeitrahmen umfasst folgende Epochen beziehungsweise
Themenbereiche: Mittelalter, Bauern und Landsknechte, Absolutismus, Französische
Revolution, Befreiungskriege, 1848er-Revolution, Deutsch-Dänische Kriege,
Auswanderung, Industrialisierung, Wilhelminisches Reich, Weimarer Republik, Das
Dritte Reich, Zwei deutsche Staaten, Soziale Bewegungen, Dänische Lieder,
Norddeutsches Leben und schließlich Hymnen.
Ein Literaturverzeichnis ermöglicht die Weiterbeschäftigung mit dem Thema. Was
eindeutig fehlt und die Arbeit mit dem Buch erleichtern würde, ist ein
alphabetisches Liederverzeichnis. Erstaunlich niedrig ist der Anschaffungspreis
von lediglich zwei Euro plus Porto. Für jeden an Liedern interessierten
Zeitgenossen also unbedingt eine empfehlenswerte Investition.
Kai Engelke
Bezug:
www.politische-bildung.schleswig-holstein.de
,
info@lpb.landsh.de
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PETE SEEGER
Where Have All the Flowers Gone: A Singalong Memoir
Ed. by Michael Miller. Rev. ed. 2009
Bethlehem, PA: Sing Out! Publishing, 2009
313 S., mit zahlr.. Noten, Akk., Tabs, s/w-Fotos u. Zeichnungen
ISBN 978-0-393-33861-4
In dritter, überarbeiteter und erweiterter Auflage erscheint das Vermächtnis des
wohl einflussreichsten Liedermachers und politischen Aktivisten der vergangenen
Jahrzehnte. Es ist eine musikalische Autobiografie, die neben Noten, Akkorden
und Texten von 267 Liedern Geschichten, Anekdoten, Fotos und Zeichnungen enthält
– rares Material von den Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts bis
heute, in zehn Kapitel gegliedert und sämtliche Lebensabschnitte des Musikers
umspannend, der wie kein zweiter das Five-String-Banjo popularisierte und mit
den Weavers Folksongs hitparadentauglich machte. Es enthält natürlich Seegers
große Hits „Where Have All The Flowers Gone“ oder das von Roger McGuinn und
seinen Byrds zum internationalen Evergreen gemachte „Turn, Turn, Turn“ sowie
„Guantanamera“ und viele andere. Banjopicker dürfen sich über die Tabulaturen
unter anderem der „Goofing-Off Suite“ freuen, Gitarrenpicker über die von
„Living In The Country“ und viele mehr, denn oft werden zu den Noten und
Akkorden auch Tabulaturen abgedruckt.
Die dritte Auflage des von Sing Out
herausgebrachten Buches wurde nochmals um ein umfangreiches Postskriptum mit
vielen Liedern aus der jüngeren Vergangenheit erweitert, die nach
Veröffentlichung der ersten Auflagen entstanden sind. Aber die beste Neuerung
ist eine beiliegende MP3-CD, die zumindest die erste Strophe und den Refrain
aller 267 Lieder und Instrumentalstücke enthält. Eine schönere Ergänzung seines
Liederbuches hätte sich Pete Seeger, für den es zeitlebens immer das wichtigste
politische Anliegen war, Menschen durch gemeinsames Singen zu vereinen, nicht
wünschen können. Denn mit Hilfe der CD kann auch jemand, der keine Noten lesen
kann, die Melodie erlernen. Das Buch enthält einen umfangreiches Personen- und
Liedanfängeregister, eine ausführliche Bibliografie und Diskografie sowie eine
Liste von Webressourcen.
Wenn es denn überhaupt einen Anlass zur Meckerei gibt: Die wunderschöne
Zeichnung aus der Feder Eric von Schmidts, die auf der ersten Auflage noch in
Farbe das Cover zierte, ist auf dem Umschlag der Neuauflage lediglich in
Schwarzweiß abgedruckt. Schade!
Ulrich Joosten
Bezug:
www.singout.org
,
www.wwnorton.co.uk
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HELMUT HATTLER
Songbook: 16 Bass-Transkriptionen seiner besten Songs mit Tabulatur
Inkl. Mp3-CD
Detmold: Wintrup-Musikverlag, 2009
144 S., überw. Noten plus Abb. [BOE; 7258]
ISBN 978-3-86543-434-0
Bass mit Plektrum? Geht doch gar nicht! So hieß es, als sich der E-Bass von der
E-Gitarre emanzipierte und Jungs mit flinken wie kräftigen Fingern den knackigen
Anschlag des Pleks durch Fingerspitzengefühl und reichlich Hornhaut ersetzten.
Hattler machte es umgekehrt und demonstrierte ab den frühen Siebzigerjahren
erfolgreich, dass die Fingertechnik sicher eine Ergänzung sei, dass es aber zum
Plektrumklang keine Alternative darstelle (Hattler hatte mit der Gitarre
angefangen). Besonders bei einer eher perkussiven Spielweise mit vielen
dead notes ist das Plektrum klar im Vorteil. Dual angelegt ist auch das Buch:
Die Transkriptionen der 16 Songs sind in Notenschrift wie in Tabulatur
nachzuvollziehen. Auf der CD ist erst der komplette Song ohne Bass zu hören,
dann der Bass alleine, zusätzlich gibt es zu vielen Stücken Spieltipps. Diese
Konzeption überzeugt, jedoch fehlt unbedingt eine time line
in der Bassspur, da Hattlers Spielweise eine rhythmisch hohe Präzison
erfordert. Fazit: Plektrumbassisten können sich auch vierzig Jahre nach
Hattlers Vorstoß noch Tricks und Ideen abholen, und Fingerbasser sollten sich
ruhig mal auf das Plektrumexperiment einlassen, denn ein Bass klingt dann zum
einen völlig anders, zum anderen schult es auch Groove-Empfinden, Dynamik und
Präzision. Und Spaß macht es sowieso!
Luigi Lauer
Bezug:
www.bosworth.de
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FOLKER auf Papier
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