Rezensionen Deutschland
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BORDUNROT
Zeitblüten
(Ojo Music OJOCD 002, www.bordunrot.de
)
11 Tracks, 45:25, mit Infos
Ein Ehepaar macht Musik – kann das gut gehen? Johannes Mayr,
Folkförderpreisträger mit Hölderlin Express, Musiker bei Dán, La Marmotte und
Cassard und bekannt für exquisite Akkordeonarbeit und als Komponist im
Musique-Trad-Stil, und Ingrid-Mayr-Feilke, Folkförderpreisträgerin mit Rolling
Drones, Musikerin im Bereich Alte Musik und Tanzleiterin für internationale
Volkstänze, beweisen mit ihrer ersten Duoproduktion: Ja, es kann! Und wie:
Besinnlich bis beschwingt und mitreißend gehen etwa Musetteklänge auf dem
Akkordeon und Gänsehaut treibende Flötentöne eine homogene Symbiose ein.
Einflüsse nordischer, keltischer und französischer Musikkulturen und immer neue
Instrumentenkombinationen, etwa mit Drehleier, Piano, Cajón, Perkussion,
Bouzouki und der Nyckelharpa mit ihrem hypnotischen Klang lassen aufhorchen. Die
traditionellen Stücke und Eigenkompositionen bringen die Füße sogleich zum
mitwippen oder animieren zum Wegträumen in wunderbare Melodien und Klänge. Das
Album ist gelungen produziert, mit einem ausgewogenen und sehr transparenten
Gesamtklang, der die ausgefuchsten Arrangements schön zur Geltung bringt.
Wohlfühlmusik für Körper und Geist! Und nicht unbedingt etwas für Tänzer.
Ulrich Joosten
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DORLE FERBER
Stroh zu Gold
(Klangwelten Records, KW 20043, www.klangwelten.com
)
17 Tracks, 53:37, mit dt. Texten und Infos
17 eigentümliche Klanggebilde, seltsame Toncollagen, geheimnisvolle
Geräuschkompositionen voller Poesie und märchenhaftem Zauber. Sind das
eigentlich noch Lieder? Völlig nebensächlich! Die multitalentierte Künstlerin
entführt den unvoreingenommenen Hörer in ihren ganz eigenen, bunt schillernden
Klangkosmos. Durch einen blauen Falter zu Beginn der Reise verwandelt, geht es
mit den Wildgänsen, vorbei an singenden Wegwarten, immer dem Lauf der Donau
nach, von Sommerlichtern erleuchtet, begleitet von zartem
Waldelfenbeingelächter, durch märchenhafte Gefilde im Weltenritt bis nach Java
und wieder zurück. Abgesehen von ein paar wenigen Gast-Einsprengseln –
unter anderem Akkordeon, Marimba, Kontrabass, Loops und Geräusche – hat
die schamanenhaft-schräge Dorle Ferber mit Stimme, Violine, Blech und allerlei
Plunder alles selbst gezirpt, geflüstert, gesungen, gebrüllt, gespielt,
gesponnen und gewebt. Ein im Doppelsinn fantastisches Werk, allerdings
vornehmlich zum bewussten Zuhören geeignet.
Kai Engelke
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NATASCHA LEONIE
Forget Humble
(Eigenverlag, www.nataschaleonie.com
)
13 Tracks, 41:57
Zwischen Folk und Pop bewegt sich die gebürtige Frankfurterin Natascha Leonie
auf ihrem ersten Album Forget Humble.
Mit Beat und Bass steigt man ein; mit Geräuschen im Hintergrund, als würde man
Aufzug fahren, geht es um das Idealisieren einer Person. In „Don Juan“ sucht
sie jemanden, der Ihre Träume teilt, und unterlegt das mit Folkgeigen und
Elektroloops. Vorwiegend bewegt sich Leonie auf dem weichen Boden der Ballade.
Großartig der Walzer „Dog ’n’ Bone“. Mit schlichtem Klavier und ein paar
Streichern schafft es die Künstlerin ohne viel Schnickschnack, Trauer und
Sehnsucht ohne Pathos durch die Lautsprecher zu schicken. Das Handgemachte und
Direkte steht der ehemaligen Konzertpromoterin mit langjähriger Musikausbildung
in Jazz und Klassik ohnehin am besten. Gerne würde man auch etwas in ihrer
Muttersprache von ihr hören. Aber auch mit englischen Texten ist das Album
leicht und beschwingt zu hören, ohne nichtig zu sein.
Sarah Habegger
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JOSCHO STEPHAN
Django Nuevo
(Acoustic Music Records 319.1437.2/Rough Trade, www.roughtrade.de
)
14 Tracks, 51:11
Zum 100. Geburtstag Django Reinhardts ein neues Album von Joscho Stephan, wie
immer Zigeunerswing vom Feinsten. Stephan tritt mittlerweile deutlicher als
Komponist hervor, als spektakulären Solisten kennen wir ihn ja längst. Seine
titelgebende Hommage an den Übervater, „Django Nuevo“, ist ein fein arrangierter
Tango, „San Vincenzo“ eine hinreißende Latin-Nummer mit gedoppelter
Melodiestimme. Die Soli in ihrer reifen und überlegenen Gestaltung verraten die
in zahllosen Liveauftritten erworbene Routine und Gelassenheit. Vater Günter an
der Rhythmusgitarre und Max Schaaf am Kontrabass schaffen wie gewohnt das
solide, treibende Swingfundament, während Geiger Sebastian Reimann auch hier und
da solistisch ins musikalische Geschehen eingreift. Mozarts „Rondo Alla Turca“
findet sich wie eine Walzerfassung des Lennon/McCartney-Evergreens „Michelle“.
Carlos Santanas „Revelations“ beendet ein kurzweiliges, weil abwechslungsreiches
Album. Es ist das einzige reine Gitarrensolo und zeigt den immer zu einem
flotten Solo bereiten Joscho Stephan einmal von einer ganz anderen Seite. Und
siehe da, auch das steht ihm gut. Joscho Stephan zählt zweifellos zu den
innovativsten Erben Django Reinhardts.
Rolf Beydemüller
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TRANSORIENT ORCHESTRA
Live im Katakomben Theater
(Makro-DVD/CD 1008/Medien Vertrieb Heinzelmann GmbH, www.m-v-h.com
)
8 Tracks, 66:00 + DVD desselben Materials
Für die Couch Potatoes unter den Musikliebhaberinnen ist diese Produktion der
Vorhof zum Paradies: acht grandiose Stücke, dargeboten von einem der heißesten
Jazzorchester weltweit, unaufgeregt abgefilmt, mit sparsamem und ruhigem Schnitt
und phänomenal guter Tonqualität! Das 20-köpfige Transorient Orchestra des
Geigers und Gitarristen Andreas Heuser verbindet auf gleichermaßen geniale Weise
große kompositorische und improvisatorische Freiheit mit perfektem Timing im
Zusammenspiel und großem Können im solistischen Bereich. Und, besonders
faszinierend: Es wird dabei in kein interpretatorisches oder instrumentales
Korsett gezwängt. Gut die Hälfte der Mitwirkenden haben Vorfahren außerhalb
Deutschlands, und so mischen sich wie selbstverständlich Klänge, Rhythmen und
Instrumente verschiedener volksmusikalischer Herkunft mit dem klassischen
Besteck von Jazz und Rock. Der traditionsreiche Jazz-meets-the-World-Gedanke
wird derzeit von keinem Ensemble perfekter mit Leben erfüllt. Bleibt zu hoffen,
dass der Bandleader dieses wundervolle Ensemble noch lange zusammenhalten kann.
WalterBast
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VIVID CURLS
Lebenstanz
(Eigenverlag, www.vivid-curls.de
)
12 Tracks, 46:46
Das zweite Album der Allgäuer Liedermacherinnen Irene Schindele (Akustikgitarre,
Gesang) und Inka Kuchler (Gesang) trägt das Wörtchen „Unplugged“ im Untertitel.
Von der Band des Debüts ist Werner K an Flamenco- und Akustikgitarre zu hören
und steuert einige fabelhafte Klaviersätze bei. Schlagzeuger Markus Wohner setzt
dezente Cajóntupfer. So entsteht ein sehr entspannter, akustischer
Singer/Songwriter-Sound, der fast noch mehr überzeugt als der elektrischere
Rock/Pop-Klang des Vorgängers. Wiederum singen die Curls meist im Allgäuer
Dialekt, gelegentlich englisch, einmal gar spanisch. Alle Lieder sind
Koproduktionen der beiden Damen. Sie handeln von Liebe, Leben und Tod und
schlagen auch sozialkritische Töne an. Den Stilmix aus Pop, Rock und
Folkelementen bringt die ausgewogene Produktion des Albums homogen rüber. Die
Instrumente klingen sehr räumlich und lassen Platz für die beiden Stimmen, die
angenehm im Vordergrund stehen. Und die beiden Damen interagieren mit Alt- und
Mezzosopran schlafwandlerisch sicher – jede allein wäre mühelos in der
Lage, jeden sogenannten „Superstar“ aus dem TV von der Bühne zu fegen. Gemeinsam
sind sie mit ihren Traumharmonien eh phänomenal.
Ulrich Joosten
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RAINER VON VIELEN
Milch & Honig
(Ebenso Musik/Rent a Record Company RVV003P/Rough Trade, www.roughtrade.de
)
Promo-CD, 13 Tracks, 51:16
Auftakt und Finale des Albums beschreiben sowohl die musikalische als auch die
inhaltliche Bandbreite der Songs von Rainer von Vielen. „Klub Krise“ kommt mit
technomäßigen, dunklen Elektrobeats und einer Botschaft zur Finanznot daher:
„Wir haben’s immer schon gewusst, mussten uns vor der Wahrheit verstecken /
Unsere Augen mit dem Glauben an Profit bedecken“. Den letzten Track dagegen,
„Bei den beiden“, eröffnen sanftes Akkordeon und Obertongesang, die in eine
balladeske Reflexion darüber führen, wie im Alltag so die Zeit vergeht. Was das
Leben ausmacht und was das Gute stört – um diese Themen kreisen die
intelligenten Texte der Band aus dem Allgäu mit ihrem Songschreiber von Vielen,
der mit Sprache und Redewendungen ein buntes Spiel treibt, etwa in der Ballade
„Alles ist verbunden“: „Es steht Euch auf die Stirn geschrieben: / Ihr wollt
Euch lieben. / Doch Euer Brett vorm Kopf verdeckt die Schrift / sodass mein
Blick auf lauter Holzköpfe trifft.“ Das Album verlangt musikalische Toleranz;
sogar Bayerisches baut von Vielen ins Album ein – ausgerechnet Sidos „Mein
Block“ wird genial gejodelt! Das alles ist genau, was viele wollen: Musik, die
Kopf und Arsch bewegt.
Volker Dick
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WILLIAMS WETSOX
... vaganga, aba ned vagess’n – 30 Jahre Williams Wetsox
(R’n’D 307.0064.2/BSC Music/Rouch Trade, www.roughtrade.de
)
Do-CD, 29 Tracks, 134:50, mit knappen dt. Infos
„Mein erstn Blues auf Boarisch hob i Vierasiebzg gschriehm, aus ‚Just Wanna
Make Love To You‘ is ‚Weg vom Bund‘ worn“, fixiert Williams Fändrich im
Eröffnungstitel „Kämpfer“ („In der Mannschaft vom Blues“) den Anfang –
also im Jahre WM-Endspiel in München in grauer Vorzeit. Nur fünf Jährchen später
trommelte er Williams Wetsox zusammen, mit denen er nun bereits seit über
dreißig Jahren vom oberbayerischen Huglfing aus durch die Lande tourt, aktuelle
Besetzung: Groover Krüger, Marcel Pölitz, Thomas Gugger, Dauergast Bluesharp
Slim. Blues im Sinne eines Ausdrucks von Leid spielen die Fünf, wie
... vaganga, aba ned vagess’n
auf ebenso kurzweilige wie unterhaltsame Weise zeigt, nicht direkt –
dafür sind sie fidel, womöglich geht’s ihnen dafür zu gut. Aber die
musikalische Form ist Blues, Blues, zur Abwechslung ein bisserl Reggae, ein
Gstanzl, ein Boogie, ein bisschen Funk und wieder Blues und noch mal Blues. Der
kommt im hier vorwiegend live eingespielten Karrierequerschnitt auf eine
hochsympathische Art niemals poliert, gar glatt, womöglich steril daher,
sondern immer quicklebendig, blendend aufgelegt – und mit enorm
ansteckender Spielfreude! Wieder „vagess’n“ praktisch unmöglich ...
Christian Beck
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FOLKER auf Papier
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