Text: Mike Kamp Die Freundin war’s! Stuart Cassells, einer der drei Piper und Chef der Band, gibt es zu. Bei einer der regelmäßigen Reinigungsaktionen in seiner Wohnung bat er eben jene Dame, ihn doch bitte zu unterstützen und seine herumliegenden CDs zu sortieren, irgendwie, alphabetisch oder nach Genre. Sie entschied sich offensichtlich für Letzteres, und als Stuart irgendwann später die Dudelsacksektion durchsuchte, fand er dort einen Tonträger der Red Hot Chilli Peppers. Auf die Frage, was sie sich denn dabei gedacht hätte, meinte die Freundin ganz unschuldig: „Heißen die denn nicht Red Hot Chilli Pipers?“ Cassells schüttelte ungläubig seinen Kopf – es ist nicht überliefert, ob ihm die Dame immer noch nahesteht –, aber nicht allzu lange, denn dann ging ihm ein ganz gewaltiger Kronleuchter auf. Sofort griff er zum Telefon, rief, ungeachtet der Tatsache, dass es die Zeit war, die die Schotten „the wee small hours“ nennen, seinen Freund und Pipekollegen Willie Armstrong an und weihte ihn ein. Dies war die Geburtsstunde der Red Hot Chilli Pipers. Was Stuart Cassells, der ein Jahr später die Auszeichnung zum BBC Radio Scotland Young Traditional Musician of the Year erhielt, damals in den Sinn kam, war ein denkbar einfaches Konzept: Bringe scheinbare Gegensätze zusammen, die als rückständig empfundenen Pipes mit populären Rock- und Popmelodien der letzten Jahrzehnte. Nimm zum Beispiel den immer wieder gern gegrölten Queen-Klassiker „We Will Rock You“, lasse die Melodie von drei Pipes intonieren, füge drei Rhythmusleute hinzu, dabei unbedingt einen, der die für die schottische Musik so wichtige, trockene Snaredrum spielt. Dann ist ein E-Gitarrist unerlässlich, damit es so richtig kracht. Nenne ihn griffig „G-Man“ (nicht nur, weil er „Gitarre“ spielt, sondern auch noch „Gregor“ James heißt). Und zur Verbreiterung des Sounds wären Keyboards noch ganz hilfreich. Fertig ist die Kiste! Und da Mr. Cassells auch schon mal was von dem betriebswirtschaftlichen Begriff der „Corporate Identity“ gehört hatte, steckte er seine sieben Jungs in einheitlich schwarzes Outfit mit roten Farbtupfern, Kilt inklusive, und suchte ein paar griffige Schubladen wie „Bagrock“ oder „Jock ’n’ Roll“. Die Presse braucht so was. Das ganze ist nämlich ein Produkt, ganz klar, und zwar ein überaus interessantes.
Die Frage ist nur: Funktioniert das? Kann man das verkaufen? Kommt das an? Aber hallo! Hier ein paar Reaktionen: „Das sind meine Jungs! Das hat gerockt!“ Sir Paul McCartney. „Absolut genial!“ Ewan McGregor. „Bei Stuart klingt der Dudelsack wie Pete Townsends Leersaiten-Rickenbacker, das erinnert an die frühen Who!“ Phil Collins. Und das ist nur ein kleiner Auszug aus der Liste illustrer Kommentare, die die geschäftstüchtigen Chillis natürlich prompt im Booklet der aktuellen CD abgedruckt haben. Apropos geschäftstüchtig, manchmal muss man auch einfach nur Dusel haben. Auf gut Glück schickte Cassells eine Bewerbung an „When Will I Be Famous“, eine populäre Samstagabend-Talentshow der BBC. ... mehr im Heft |
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