Rezensionen Lateinamerika/ Südamerika/ Karibik
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ANÍBAL ARIAS
Escenas De La Ciudad
(Winter & Winter 910 160-2/Edel, www.edel.de
)
17 Tracks, 49:54, mit engl. Infos
Ein charmantes Gesamtkunstwerk ist diese Edition, eine Kombination aus
Fotoskizzenbüchlein und CD, die einen sonoren Rundgang durch Buenos Aires
eröffnet. Stadtführer ist der 1922 dort geborene Tangogitarrist Aníbal Arias,
der fast ein Jahrhundert dieser Musik verkörpert. Er verabredete sich mit
etlichen, älteren wie jüngeren Kollegen zu einem gemeinsamen Konzert im offenbar
von guter Akustik gesegnetem Hof eines geschichtsträchtigen Gebäudes: eine
später als Gefängnis missbrauchte ehemalige Jesuitenkirche, die heute dem
Gedenken an die Militärdiktaturen Argentiniens dient. Zu den Mitwirkenden des
Abends gehört auch die vom argentinischen Rolling Stone
zur besten Tangosängerin der Gegenwart gekürte 43-jährige Lidia Borda mit den
beiden einzigen Vokalstücken des Albums. Die Tangos, Walzer oder von Folklore
inspirierten Stücke – mal mit Arias’ Gitarre gestaltet, mal um eine
zweite, Bandoneón oder Geige erweitert – durchwandern mehrere Dekaden der
Musikgeschichte. Im Hintergrund und in den Übergängen der Stücke vernimmt man
die Atmosphäre des Konzertortes, Menschenstimmen, Straßenlärm von draußen, der
einen für Sekunden in die Gegenwart zurückgeholt.
Katrin Wilke
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GILZENE & THE BLUE LIGHT MENTO BAND
Sweet Sweet Jamaica
(Nueva Onda/World Village France WVF007/Harmonia Mundi, www.harmoniamundi.com
)
Promo-CD, 15 Tracks, 62:43
Es war schön, als die Welt im 20. Jahrhundert endlich zusammenwuchs – aber
es brachte auch böse Nebeneffekte mit sich. Sehr schnell existiert im
Bewusstsein der Massen nur noch, worauf sich die Millarden verständigen –
und der Rest stirbt dahin. Der Mento ist ein solches Relikt aus einer Zeit, in
der die westliche Welt neben Fernsehen und Konsum auch noch ein paar richtige
Freizeitbeschäftigungen hatte. Als Jamaika noch nicht auf Kiffen, also Reggae
und seine Dancehall-Spielarten reduziert war. Sondern unter anderem auch noch
richtige Volksmusik pflegte, wie sie nun mit Gilzene & The Blue Light Mento
Band noch einmal den Sprung über den Atlantik schafft. Musik, die vom Alltag
erzählt, dem Sex, der Liebe und den anderen Dingen, die zwischen Menschen den
lieben langen Tag abgehen, Musik, so simpel gestrickt, dass jeder sie kapiert
und singen und spielen kann. Und die folglich auch so aufgenommen gehört –
und im vorliegenden Fall auch wurde: zack dahergeschrammelt, schön stupide
Ein-Ton-Mantras überall im Mix, mitunter so schräg und verstimmt, dass nicht mal
der leibhaftige Toots bei „Sweet & Dandy“ es richten kann – aber echt
und lebendig. Und entsprechend gefällig. So soll es sein.
Christian Beck
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MERCEDES SOSA
Cantora
(RCA Victor 88697567812/Sony, www.sonymusic.de
)
75:13, 19 Tracks, mit span. Infos
Diese Sammlung von Liedern ist mehrfach ergreifend. Als letztes, musikalisch
superbes Tondokument der kürzlich verstorbenen großen Argentinierin. Und weil
die „Stimme Lateinamerikas“ dafür mit vielen argentinischen, spanischen oder
brasilianischen Kollegen teils erstmals das Gesangsmikro teilte. Darunter mehr
oder weniger seelenverwandte, nicht selten wie Sosa selbst politisch engagierte
Barden wie Joan Manuel Serrat oder Caetano Veloso. Oder Charaktersängerinnen der
jüngeren Garde wie Lila Downs. Auch neben Popmusikern wie Vicentico von Los
Fabulosos Cadillacs oder der Mexikanerin Julieta Venegas macht die Gesangsdiva
eine sehr gute, ja noble Figur: Die Youngsters verschwinden nicht in Sosas
langem Schatten, sondern bilden interessante, bestenfalls einander spannend
kontrastierende Allianzen mit ihr. So Shakira in „La Maza“ aus der Feder des
Kubaners Silvio Rodríguez – ein kleiner Höhepunkt des Albums. Selbst mit
dem Reggaeton-MC René von Calle 13 hat sich Sosa verabredet, für den
tangogefärbten Protestsong „Canción Para Un Niño En La calle“. Das Album
erscheint bei uns als Destillat zweier Originalalben mit insgesamt 35, stark der
Folklore Argentiniens verhafteten Duetten.
Katrin Wilke
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FOLKER auf Papier
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