Rezensionen Deutschland
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DIESELKNECHT
Alte Liebe rostet nicht
(Ruhrfolk 4012, www.ruhrfolk.de
)
17 Tracks, 45:08, mit dt. Infos
Klassenfahrt, Mundorgel raus, fertig zum gemeinsamen Singen! Es geht ins schöne
Dortmund zu den vier wackeren Landmännern von Dieselknecht. Die hoppeln tagsüber
auf Traktoren über die Felder des Ruhrgebiets. Und abends sitzen Pa (bj, g),
Junior (perc), Smelly (b) und Marcellus W. (g, dobro) in ihrem Blockhaus an der
B 1 und grölen die alten Lieder aus ihrer Schulzeit, die heute eigentlich
niemand mehr gern hört, weil sie so abgewichst sind. Aber da die Knechte all das
in einer Mischung aus Rockabilly, Punk, Folk und Bluegrass betreiben, möchte man
sich ihnen am liebsten mittrinkend an den Hals werfen und einstimmen – bei
„Wir lieben die Stürme“, „Bolle“, „Heute hier, morgen dort“ und „Als wir
jüngst“. Sogar „Trotz alledem“ wird zur bierseligen Stimmungsnummer. Aber
zwischendurch brechen die Jungens aus, spielen „Hundsgemein“ von Ideal oder „Ich
hab’ ein zärtliches Gefühl“ von Herman van Veen. Ja, sind das jetzt harte Kerle
oder nicht? Doch, denn nur die ganz Harten können so ein Lied bringen. Aber auch
die mit rauer Hand selbstgeschriebenen Stücke besitzen die Qualität zum
Mitsingen, siehe „Niemals zurück“. Wie kommentiert Produzent Guntmar Feuerstein?
„Watt ’n Strahl!“
Volker Dick
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GREGOR HILDEN, RICHIE ARNDT, TIMO GROSS
The Vineyard Sessions
(Fuego FUEGO 1973/Rough Trade, www.roughtrade.de
12 Tracks, 56:14
Was machen drei der profiliertesten Bluesgitarristen Deutschlands, wenn sie
einmal ein paar Tage freie Zeit haben? Sie besuchen sich, und wenn die
Verabredung dann noch bei Timo Gross in Bad Bergzabern stattfindet, wird
natürlich gemeinsam musiziert und das Gespielte gleich im hauseigenen Studio
mitgeschnitten. Ganz so zufällig war die Entstehung der Vineyard Sessions
dann wohl doch nicht, aber der über die Maßen entspannte Eindruck, den das
Album hinterlässt, legt solche Gedanken sehr nahe. Dabei stehen die drei
Musiker für jeweils andere Schattierungen der blauen Töne: Timo Gross lässt es
bei seinen Auftritten gerne einmal so richtig krachen, Richie Arndt macht aus
seiner Verehrung für Rory Gallagher keinen Hehl und Gregor Hilden steht für den
sparsam-zurückgenommenen, vollendeten Ton. Im Trio auf akustischen Gitarren
ergänzen sich diese Stilistiken ganz vortrefflich. Im Wechsel übernimmt jeder
einmal den Rhythmus, die Melodie oder das Solo, wobei sich Arndt und Gross die
Gesangparts teilen. Die sonst im elektrischen Kontext gespielten Stücke
erhalten so einen ganz neuen Ausdruck. Persönlicher Favorit nach oftmaligem
Hören? Es gibt keinen: Jedes der zwölf Stücke ist ein Highlight!
Achim Hennes
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KANNEMANN
Flache Wasser sind still
(Moon Sound Records/New Music Distribution, www.new-music-distribution.de
)
10 Tracks, 46:02, mit dt. Texten und Infos
Er ist nicht nur ein waschechter Singer/Songwriter mit norddeutscher Seele,
dieser Kannemann aus Hamburg, sondern auch ein talentierter
Multiinstrumentalist. Macht außer Kontrabass und Cello spielen alles selbst:
Texte, Kompositionen, Arrangements, Gesang, Akustik- und E-Gitarren, Bass,
Klavier, Mundharmonika, Harmonium, Schlagzeug, Perkussion. Und wie er es macht,
macht er es gut. Mit knorrigem Charme, frei von jeglichem Weltschmerzgesäusel
interpretiert er mit rauer Stimme seine Hamburger Balladen zum Zuhören, Träumen
und Nachdenken. Kannemann ist tief verwurzelt in seiner Region, und so sind
seine Songs auch Heimatlieder, reich an plastischen Bildern und dabei völlig
kitsch- und klischeefrei. Kannemann schaut sehnsüchtig den Schiffen nach,
vertraut auf die Kraft des Klabautermanns, betrachtet kritisch die Entfremdungen
auf St. Pauli und Altona, singt von Liebe und Liebesleid, von Seeleuten und
Gestrandeten. Möchte endlich irgendwo vor Anker gehen, um schließlich,
vielleicht im schönsten Augenblick, zu sterben. Und über der gesamten Szenerie
kreisen immer die Möwen. Lieder voller Gefühl, aber ohne jede Gefühlsduselei
– gefühlvoll und hart, zupackend und zart.
Kai Engelke
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FUNNY VAN DANNEN
Saharasand
(Jochens Kleine Plattenfirma/Warner Music, www.warnermusic.de
)
21 Tracks, 58:46
Selbst wenn man Funny van Dannen schon lange kennt, ist man doch immer wieder
überrascht, aus welchen Themen dieser so ganz eigene Künstler Lieder macht.
Ausgefallene Themen, schräge Ideen, sparsame Instrumentierung, und trotzdem
entstehen bei ihm wunderbar eingängige und kluge Songs. Ob er als Rächer mit
seiner Katzenpissepistole auf Hedgefondmanager losgehen möchte, ob er Probleme
der Welt auf den männlichen Samenstau zurückführt – stets sind seine
Lieder zwischen Ernsthaftigkeit und ironischer Provokation angesiedelt. Da
schildert er zum Beispiel wie er geradezu zwanghaft immer wieder, auch bei den
unpassendsten Gelegenheiten das Wort „Sozialismus“ sagen muss. Soweit ist es
also schon mit ihm gekommen, er möchte halt auch „Saugefährlich klingen“, so der
zweite Titel. Saugefährlich sind seine Lieder freilich nicht, aber hundsgemein
ist diese scheinbare Naivität, die seine Lieder auszeichnet. Wie er seine
sperrigen Inhalte in Verse gießt, die oft so eine ganz winzig kleine Spur
holprig klingen, aber letztlich doch so elegant gereimt sind, das ist schon
gekonnt und raffiniert. Ob ernst, ob heiter, ob spinnert – nix ist zu
ausgefallen, dass er nicht einen guten Song daraus machen kann.
Rainer Katlewski
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FOLKER auf Papier
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