HEIMSPIELHANDGEBAUTE QUALITÄT AUS MÖNCHENGLADBACHFlötenbauer Colin GoldieHimmlische Whistles für irdische Musiker
Der faszinierende Klang der Uilleann Pipes und die tiefe, rauchzarte Stimme einer Low Whistle nehmen in der traditionellen Musik Irlands eine zentrale Rolle ein, und es ist alles andere als einfach, eine Whistle gut und kompetent zu spielen. Noch schwieriger ist es, eine Low Whistle mit ihren teilweise sehr weit auseinander liegenden Tonlöchern in sehr guter Qualität zu bauen. TEXT: ULRICH JOOSTEN Die vermutlich besten Low Whistles der Welt kommen nicht aus Irland, sondern aus Deutschland und stammen von dem Whistlebauer Colin Goldie. Er lebt und arbeitet in Mönchengladbach, das ansonsten eher für seinen Fußballverein und seine Textil- und Bekleidungsindustrie bekannt ist. Was um alles in der Welt verschlägt einen Engländer in diese Stadt am Niederrhein? Frauen und ihre Haustiere! Colin Goldie verliebte sich in ein deutsches „Fraulein“, das einen Kater hatte. Die Rede ist nicht von Schnapsideen, sondern von strengen englischen Quarantänebestimmungen für einwandernde Haustiere. „Ich dachte mir“, erinnert Goldie sich, „es ist für mich leichter, meine Zelte in England abzubrechen. Außerdem gefiel mir das Land. Hätte ich damals allerdings gewusst, was es bedeutet, sich mit der ganzen Bürokratie hier auseinanderzusetzen, die ein Kleingewerbe mit sich bringt, hätte ich es mir vielleicht noch mal überlegt.“ Töne aus einem MessinghandtuchhalterSeit Goldie als Teenager die irische Musik durch Alben von Planxty, der Bothy Band und der Horslips entdeckte, hängt er am Haken und spielt Whistle. Ohne Unterricht liefen die ersten Jahre holprig: „Ornamentierungen, die ich auf CDs hörte, waren zunächst unlösbare Geheimnisse. In den späten Achtzigern entdeckte ich bei den Moving Hearts und Davy Spillane erstmals den Klang von Overton-Whistles. Danach wollte ich unbedingt Low Whistle spielen. Ich kaufte mir eine mit Plastikkopf, denn eine Overton konnte ich mir als Schüler nicht leisten“, so Goldie. Aber nach ein paar frustrierenden Jahren mit der billigen Whistle beschloss er, sich selbst eine bessere zu bauen. Er borgte sich eine Overton als Vorlage für seine erste Low D [Low Whistle in D-Stimmung;Anm. d. Red.], die er aus einem verchromten Messinghandtuchhalter baute und die nach etwa siebzehn Stunden mit minimaler Werkzeugausrüstung fertig war. „Sie ist keine Schönheit und erinnert ein wenig an Frankenstein, da sie Bolzen im Kopf hat, um den Block zu halten. Aber sie klingt gut und ist ordentlich gestimmt“, erzählt der Whistlebauer. ... mehr im Heft
„Ein Liedermacherfestival, in Erfurt, am zweiten Januarwochenende, bei uns im Museumskeller? Ha, ha, ha, das wird doch nix, da kommt doch keiner“, meinten die Betreiber des Musikklubs im Herbst 1999, und ihr Lachen hallte in den Gewölben des ehemaligen „Großen Hospitals“ wider, das Ende des 14. Jahrhunderts für Pflegebedürftige erbaut wurde. Heute ist es Domizil des Museums für Thüringer Volkskunde, eines Altenheims und des Musikklubs. Sie lachten Vicki Vomit, den Deutschrocker, Liedermacher, Comedian, Kabarettisten und ehemaligen „Skurril-Metaller“ zwar aus, überließen ihm aber den für hundertfünfzig Leute zugelassenen Museumskeller für das „1. Erfurter Liedermacherfestival“ im Januar vor zehn Jahren. Achtzig Gäste kamen zum Pilotprojekt in den Juri-Gagarin-Ring 140a. Das machte Vicki Vomit Lust auf mehr. Mit dem Folker spricht er über seine Erfahrungen und die bevorstehende zehnte Ausgabe, die in diesem Jahr vom 8. bis 10. Januar stattfindet. DIE FRAGEN STELLTE KAY REINHARDT Was waren die Beweggründe, in Erfurt ein Liedermacherfestival ins Leben zu rufen? Eigentlich war der Auslöser eine Krise, in der ich Ende der Neunzigerjahre steckte. Ich war Rockmusiker und hatte Zoff mit meiner Plattenfirma. Es ging so nicht mehr weiter. Meine Freunde Götz Widmann und Martin „Kleinti“ Simon vom Duo Joint Venture meinten, ich sei selbst schuld an meiner Situation, und luden mich zu ihrem Liedermacherfestival nach Kevelaer am Niederrhein ein. Ich fuhr hin und war begeistert von dieser Liedermachercommunity. Anfänger und Profis spielten sich ihre Songs vor, diskutierten und musizierten miteinander. Der Gedanke, so etwas auch in Erfurt zu machen, ließ mich nicht mehr los. Wie entwickelte sich das Festival? Der halbvolle Keller beim Festivalstart 2000 hatte den Musikklub überzeugt, und seitdem ging es immer weiter: Aus einem Tag wurden erst zwei, dann drei. Der Museumskeller reichte bald nicht mehr aus, glücklicherweise können wir zusätzlich den Saal im gegenüberliegenden Haus der sozialen Dienste nutzen. Inzwischen sind drei Festivaltage Tradition geworden, mit Newcomerbühne am Freitag, auf der die besten acht Bewerber spielen, einem Konzert am Samstag und einer offenen Bühne am Sonntag, auf der Kurzauftritte mit zwei Liedern und Zugaben möglich sind. ... mehr im Heft
Am 20. und 21. November 2009 fanden in der Berliner Werkstatt der Kulturen die Feierlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum von Profolk, des Verbandes für Lied, Folk und Weltmusik in Deutschland statt. Diese deutsche Interessenvertretung der Szene lud dazu Mitglieder wie Interessierte zu einem Jubiläumskonzert ein, unter anderem mit Künstlern wie Scarlett O’ und Jürgen Ehle, Fyn, Mckinley Black sowie den dänischen Folk-Shootingstars Phønix. Neben einer Ausstellung zu 25 Jahren Profolk gab es Workshops, ein Werkstattkonzert deutscher Liedermacher, Vorträge und Gesprächsrunden, unter anderem zum Stellenwert der Weltmusik in den Medien, an der auch Folker-Chefredakteur Michael Kleff teilnahm. Zum Anlass des Jubiläums waren einige Profolk-Veteranen aus den Anfangsjahren in Berlin anwesend, darunter Jens-Peter Müller, heute vor allem Konzertagent und -veranstalter (unter anderem Folkbaltica) sowie Betreiber von Nordpool, einem Büro für skandinavische Musik. Der ehemalige und langjährige erste Vorsitzende von Profolk erinnert sich ... TEXT: MICHAEL KLEFF „Ich will ehrlich sein: Die Unterlagen aus meiner aktiven Profolk-Zeit von 1985 bis 1995 liegen irgendwo im Keller, die Namen von vielen der wackeren Mitstreiterinnen und -streiter sind heute ohne Bedeutung. Einen Bundesverband zu führen war für einen jungen Familienvater eine anstrengende und belastende Aufgabe. Profolk war durch den ersten Geschäftsführer Harald Schmidt gleich in eine existenzielle Krise geraten. Schmidt war einer dieser ‚Macher‘, wie sie immer wieder in Vereinen und Verbänden auftauchen, die große Sprüche klopfen, aber schnell durch die zu hohen Ansprüche und den Berg alltäglicher Arbeit die Kontrolle verlieren. Lebendig, auch durch die aktuellen Feiern zum zwanzigsten Jahrestag des Mauerfalls, sind mir die wirklich großen und die kuriosen Ereignisse. Als Profolk 1984 gegründet wurde, standen die Sorgen und Bedürfnisse der Folkklubs im Vordergrund. Nach den glorreichen Siebzigerjahren, in denen das Folkrevival für ausverkaufte Konzerte sorgte, nahm das Interesse in den Achtzigern rapide ab. Festivals gingen ein und die Klubs mussten sich Gedanken machen, wie Folk an mehr Menschen zu bringen und wie die Ausgaben, zum Beispiel die GEMA-Abgaben, in den Griff zu bekommen seien. Die ersten Aktivitäten und Aktionen waren damals ‚Mehr Folk in die Medien‘ (heute wären wir froh, den Stand halten zu können!), Profolk-Tourneen mit ausländischen Gruppen und der Abschluss eines GEMA-Gesamtvertrages. ... mehr im Heft |
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