EDITORIALLiebe Musikfreundinnen und -freunde, gleich zum Auftakt des neuen Jahres hat sich ein weiteres Printorgan im Musikbereich verabschiedet: Notes. Sechzehn Jahre lang war Notes das Vertriebsmagazin von Indigo. Im Unterschied zu fast allen anderen Mitteilungsblättern der CD-Industrie zeichnete sich der Indigo-Newsletter dadurch aus, dass bei der Promotion von Neuveröffentlichungen auch Journalismus statt Marktschreierei angesagt war. In Zukunft will Indigo den Inhalt der Notes auf seiner Website veröffentlichen. Der Trend zur Digitalisierung unseres Lebens geht also unaufhaltsam weiter. Wir halten es da mit Georg Ringsgwandl, der im Folker-Gespräch sagte, dass „die wesentlichen Dinge nach wie vor analog geschehen“. Doch das nächste Opfer scheint sich schon abzuzeichnen. Offensichtlich ist Sing Out!, das seit 1950 in den USA erscheinende Musikmagazin, in Schwierigkeiten. Anders dürfte ein von Pete Seeger verfasster Spendenaufruf nicht zu verstehen sein. So schließt sich der Kreis. Der Mitbegründer von Sing Out! ließ schon in den Fünfzigerjahren bei seinen Auftritten ebenso wie Woody Guthrie, Cisco Houston und viele andere den Hut zur Unterstützung der Zeitschrift herumgehen. Die dritte Nachricht aus der Welt der Musikmedien betrifft Blue Rhythm. Unter dem Motto „Die Weltmusik ist tot. Es lebe die Musik aus aller Welt.“ kündigen die Kollegen von Jazzthing an, ihr „Kind“ Blue Rhythm nicht länger als getrennte Beilage dreimal im Jahr anzubieten, sondern die Themen ins Heft zu integrieren. Die politische Begründung der Redaktion für diesen Schritt: Man wolle „Salsa, Flamenco, Son, Sahara Blues, Balkan-Brass, Samba, Afrobeat, Fado, Bossa Nova ... nicht weiter unter einem so eurozentristisch gefärbten Begriff wie ‚World Music‘ ... isolieren. All diese Musik gehört ins Hauptheft!“ Richtig, kann ich da nur sagen. Wobei auffällt, dass Begriffe wie Folk, Americana oder Lied nicht auftauchen. Aber dafür gibt es ja den Folker ! Auch die Wochenzeitschrift Der Spiegel hat jetzt die Weltmusik entdeckt! Genauer gesagt, der Kultur Spiegel. World Tour heißt die von seiner Redaktion ausgewählte und präsentierte „einzigartige“ CD-Edition. Angekündigt wird „eine wilde Weltreise, ein rasanter Ritt durch Kulturen und Klänge: feurig und verträumt, lebensfroh und melancholisch, hochmodern und traditionell“. Und wer ist Partner des Kultur Spiegels bei diesem Projekt? Sony BMG! Offensichtlich verspricht man sich bei der angeschlagenen Musikindustrie mit Hilfe der Spiegel-Leserschaft, Größen wie Bob Marley, Edith Piaf, Ibrahim Ferrer, Enrico Caruso und Louis Armstrong gewinnbringend zu recyceln. Titel wie Arabian Nights und Sushi Club dürften auch das Publikum ansprechen, das Musik aus allen Ecken und Enden der Welt mag, wenn es nur loungig genug klingt. Nach dem Motto „Für jeden Geschmack etwas dabei!“ meint auch In-Akustik mit seiner „Genussserie“ unter dem Titel A Tasty Sound Collection eine Marktlücke entdeckt zu haben. Wer kann bei dieser Ankündigung auch widerstehen: „Tracks so blue wie die Stimmung, die man nur mit einem guten Singlemalt übersteht. Lieder wie Wein – von Singern und Songwritern. Entspannende Musik zum Seelebaumelnlassen und Tee trinken ...“ Diese Ankündigung wird eigentlich nur noch dadurch übertroffen, dass „unser“ Papst jetzt auch auf einer Musik-CD zu hören ist. Alma Mater heißt das im November in Rom vorgestellte Werk, bei dem erstmals in der Geschichte die Stimme des Papstes Teil einer musikalischen Komposition wird. Leider konnte die Folker-Redaktion der Einladung zu Pressekonferenz, zwanzigminütiger Listening-Session im Palazzo Senatorio und anschließendem Fototermin auf dem Kapitolsplatz nicht folgen. Schade eigentlich, denn das hätte bestimmt etwas hergegeben für unsere Rubrik „Lichtspiel“. Und man kann Papst Benedikt XVI auch kaum widersprechen, wenn er anlässlich der Veröffentlichung der CD erklärte: „Ich bin davon überzeugt, dass Musik die einzige Sprache auf der Welt ist, die alle Menschen vereint.“ Bleibt nur die Frage, ob sich der Papst auf Alma Mater weltmusikalisch, folkig oder als Liedermacher präsentiert. Leider liegt die CD dem Folker nicht zur Besprechung vor. Ende November ging auf dem Theaterkahn in Dresden das Liederfest 2009 der Liederbestenliste über die Bühne. Gerhard Schöne, Johanna Zeul und Dziuks Küche sorgten für einen musikalisch abwechslungsreichen Abend, der dem Jubiläum angemessen war. 25 Jahre Liederpreis. Der Südwestrundfunk, der Nachfolger des Südwestfunks, der 1984 die Liederbestenliste ins Leben gerufen hatte, ließ sich ein besonders originelles Geschenk einfallen. SWR-Hörfunkdirektor Bernhard Hermann ließ durch seinen zuständigen Redakteur mitteilen, dass der Sender ab 2010 die Durchführung des Liederfests nicht mehr durch einen Konzertmitschnitt unterstützen wird. Der Liederpreis der Liederbestenliste wird dadurch nur eine Zukunft haben, wenn es dem Vorstand des Vereins deutschsprachige Musik gelingt, auf politischer Ebene für entsprechende Unterstützung zu sorgen. Die Zuschauer des Liederfests auf dem Theaterkahn schlossen sich mit ihrer Unterschrift einer entsprechenden Forderung an. Das alles soll uns jedoch nicht davon abhalten, in die Musikwelt einzutauchen, die wir als Redaktion Ihnen auch mit dieser Ausgabe des Folker wieder anbieten. Von Folk und Welt bis zu Lied und Country ist einmal mehr alles vertreten. Und angesichts der Tatsache, dass die US-Regierung sich mit Indianerstämmen auf Entschädigungszahlungen geeinigt hat – insgesamt 3,4 Milliarden Dollar sollen 300.000 Ureinwohner erhalten, die um Milliardenzahlungen aus einem Treuhandfonds betrogen wurden –, ist das Interview mit Buffy Sainte-Marie ein gutes Beispiel dafür, dass für den Folker Musik auch immer etwas mit sozialen und politischen Zusammenhängen zu tun hat. Und damit wünsche ich Ihnen wieder einmal eine interessante wie unterhaltsame Lektüre. Ihr Folker-Chefredakteur PS: Keine Angst, auch dieses Mal gibt es etwas aus dem Land der Freien und Mutigen zu vermelden. Wobei ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Während erwiesenermaßen jedes Jahr in den USA Tausende von Menschen sterben, weil sie keine oder nur eine unzureichende Versicherung haben, fällt den Abgeordneten bei der Debatte um die Reform des Gesundheitswesen offensichtlich nichts Wichtigeres ein, als sicherzustellen, dass kein Cent aus Versicherungsleistungen für eine Abtreibung verwendet werden kann. Gleichzeitig soll jedoch eine Bestimmung aufgenommen werden, dass Beistand der Kirchen beim Gebet eine erstattungsfähige Leistung sein soll!? Es wird aber noch besser. Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen 2012 empfehle ich die Lektüre von Sarah Palins Memoiren Going Rouge. Nach der Lektüre kann nämlich niemand mehr sagen, man habe nicht gewusst, wer diese Frau ist und wofür sie steht. Die Lösung aller Probleme sieht sie darin, dass letztendlich Gott alle Dinge füge. „Mein Leben ist in Seiner Hand“, meint Palin, gibt eine kleine Lehrstunde in Sachen Kreationismus und ihren Lesern zum Ausklang noch den gutgemeinten Rat, das zu tun, was sie selbst vor vielen Jahren getan habe, „nämlich Ihn zur Übernahme einzuladen“. Durch Seine Gnade sei ein amerikanisches Leben ein außergewöhnliches Leben. |
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