Rezensionen Europa
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CHRISTOPHE BOURDOISEAU
Constellation Périphérique
(Phonector, www.christophebourdeoiseau.com)
15 Tracks, 58:36, mit franz. und dt. Texten
Wie singt ein in Holland geborener, in Italien und Frankreich aufgewachsener und
in Berlin lebender Franzose über die Pariser Vorstädte? Christophe Bourdoiseau
singt nicht von Unruhen – Constellation Périphérique ist
ein Liebeslied an die Vorstadt und seine Bewohner. „France“, das
Eröffnungsstück, ist ein Aufruf, die Vorstadt mit all ihrem Potenzial als
Quelle der Erneuerung erstarrter Werte wahrzunehmen. Melodie, Tonlage und
Diktion des Liedes erinnern an Renaud. „Béranger, Brassens und Bruant hört man
nur noch in der Vorstadt“, singt Bourdoiseau - ein Träumer von vergangenen
Zeiten, in denen die Poesie in der Vorstadt noch keimte. Am Prenzlauer Berg
blüht sie immer noch, wunderschön nostalgisch und doch zeitlos aktuell. Der
Schlüssel sind liebevoll und einfühlsam gezeichnete Charaktere wie der
Straßenkehrer im „Chanson Pour Mohamed“ oder die schöne „Laila“, eine
afrikanische Prostituierte. Die ukrainischen Begleiter an Akkordeon, Bass und
Trompete erweisen dem Chanson der Fünfzigerjahre ihre Referenz. Dank jazzigen
Einsprengseln und der sparsamen Instrumentierung tönt die Musik trotzdem
modern. Der Blick auf die Pariser Vorstadt scheint von Berlin aus klarer zu
sein als aus dem Élysée-Palast.
Martin Steiner
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ESKORZO
Paraisos Artificiales
(A’Costao Records WPR01EX/GMI/Galileo MC, www.galileo-mc.de
)
Promo-CD, 11 Tracks, 39:15
Eskorzo kommen aus dem spanischen Granada und machen seit dreizehn Jahren Musik,
die sich irgendwo zwischen Rock, Jazz, Reggae, Ska, Funk, Gitanopunk und Latin
einordnen lässt. Sie selbst nennen das „ConFusion“ und haben damit viele junge
spanische Bands musikalisch inspiriert. Mit Paraisos Artificiales
legen die sieben Herren nach fünf Jahren Pause ihr viertes Studioalbum vor
– „Künstliche Paradiese“ lässt sich das übersetzen. Auf dem Album mischen
sich satte Bläsersätze, rollende Beats, Latinpop, Funk und der recht markante
Gesang von Sänger und Shouter Tony Morenoa. Auch ein bisschen Psychedelic Rock
klingt ab und an durch. Mitunter erinnern Eskorzo etwas an die alten Mano
Negra, wenngleich sie etwas gefälliger klingen, dann wieder haben sie etwas vom
Pathos einer Band wie Mana aus Mexiko. Das detailverliebte Songwriting glänzt
mit eingängigen Melodien wie, so man des Spanischen mächtig ist, philosophisch
tiefgehenden Texten. Ein Album, das einen mit auf eine spannende musikalische
Reise nimmt – und erfrischend ist, da die Herren es verstehen, die
Soundpalette breit zu fassen, im anhaltenden Mestizohype dazu.
Claudia Frenzel
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FÉLIX LECLERC
Le Siècle D’Or
(Le Chant du Monde 2741711/12/Harmonia Mundi, www.harmoniamundi.com
)
Do-CD, 32 Tracks, 153:17, mit Infos
MARCEL MOULOUDJI
Le Siècle D’Or
(Le Chant du Monde 2741715/16/Harmonia Mundi, www.harmoniamundi.com
)
Do-CD, 28 Tracks, 154:10, mit Infos
CATHERINE SAUVAGE
Le Siècle D’Or
(Le Chant du Monde 2741723/24/Harmonia Mundi, www.harmoniamundi.com
)
Do-CD, 27 Tracks, 154:59, mit Infos
Nach Édith Piaf, Jacques Brel, Léo Ferré kommen in der Reihe Le Siècle D’Or
mit Aufnahmen aus den Neunzehnhundertfünfzigerjahren zunehmend weniger bekannte
Chansonniers zu Wort. Einer davon ist Marcel Mouloudji. Der in ärmlichen
Verhältnissen aufgewachsene Schauspieler und Sänger war schon als Jugendlicher
Protegé der Pariser Künstlerszene. Seiner Karriere versetzte der überzeugte
Pazifist einen Keulenschlag, als er am Tag, als Frankreich im Indochinakrieg
die Schlacht von Diên Bièn Phù verlor, das Chanson „Le Déserteur“ von Boris
Vian vortrug. Daraufhin wurde er zur Zielscheibe der Zensoren. Schade, denn die
Chansons von Mouloudji besitzen einen zeitlosen Charme. Seine hohe Stimme ist
voller Ausdruck und die Arrangements zwischen Musette und Jazz sind stimmig.
Ganz und gar nicht der Chansonstil der frühen Fünfzigerjahre war der Blues, mit
dem die Zusammenstellung von Félix Leclerc beginnt. Der Sänger lebte in Québec,
wo er vom französischen Impresario Jacques Canetti entdeckt wurde. Richtig
französisch tönt der Kanadier vor allem dann, wenn seine Bassstimme vom
Orchester umspült wird. Zeitloser wirken seine Lieder mit einfacher
Gitarrenbegleitung. Orchestral und sehr französisch wird es schließlich bei der
Schauspielerin und Sängerin Catherine Sauvage. Ein Schwarzweißfilm für die
Ohren mit Paris als Filmkulisse.
Martin Steiner
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MAMES BABEGENUSH
Klezmer Killed The Radiostar
(Calibrated CALI 090 CB1/Edel Vertrieb, www.edel.de
)
11 Tracks, 53:29
Nicht ein Video, in Anlehnung an den Hit der Buggles aus dem Jahre 1980 –
nein, es ist hörbar Klezmer, welcher dieses Mal den Radiostar gewissermaßen
„umbringen“ soll. Gleich das erste Stück des langersehnten Debütalbums dieses
Sextetts aus Dänemark mit dem Titel „Noch der Havdeleh“ – der Zeremonie,
nach der der Schabbath beendet wird – „groovt“ so unwiderstehlich, dass
man gar im Sitzen mitschwingen könnte. Selbst im Tempo moderat beginnende Lieder
wie die „Bessarabian Hora“ oder „Doina/In a rumeynisher Shenk“ gehen schließlich
in eine Atmosphäre über, die auch in Zukunft Säle zum Kochen bringen wird.
Wahrlich eine Melange aus Tradition und Innovation, wie das Ensemble sein
Konzept selbst ganz richtig beschreibt. Verantwortlich dafür zeichnen in dieser
seit 2004 bestehenden Formation Emil Goldschmidt (Klar; keine Verwandtschaft mit
dem Rezensenten), Bo Rande (Tp), Lukas Rande (Sax), Nicolai Kornerup (Akk),
Andreas Møllerhøj (Bass) und Christian Hørsted (Schlz). Von dieser Band, die
2008 bereits in der Carnegie Hall auftrat, wird sicher noch zu hören sein. Dann
aber nicht mehr als Geheimtipp wie jetzt noch mitunter der Fall.
Matti Goldschmidt
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JOHN MAYALL
Tough
(Eagle Records EAGCD405/Edel, www.edel.de
)
Promo-CD, 11 Tracks 54:55
Bald 76 Jahre alt ist John Mayall, zusammen mit Alexis Korner Auslöser des
britischen Bluesbooms der Neunzehnhundertsechziger. Aus seinen Bluesbreakers
gingen immer wieder Musiker hervor, die ihrerseits Musikgeschichte geschrieben
haben. Dabei ist vor allem Mayalls untrügliches Gespür für Gitarristen
bemerkenswert: Peter Green, Eric Clapton, Mick Taylor, Coco Montoya oder auch
Walter Trout gingen durch Mayalls Schule. Auf Tough hat es
im Vergleich zu den letzten Alben mehrere Wechsel in der Zusammensetzung
der Band gegeben. Geblieben ist Tom Cannings an den Keyboards; Leadgitarre,
Bass und Schlagzeug sind neu besetzt. Musikalisch hält das Album, was der Titel
verspricht: Der Sound ist kompakt, von Altersmüdigkeit keine Spur. John Mayall
besinnt sich auf seine Stärken, singt mit markanter Stimme und spielt eine
fantastische Mundharmonika. Bluesrock, Funk und Balladen, mal in härterer und
mal in sanfterer Gangart. Eigentlich bei jedem Stück gibt es solistische
Wechsel zwischen Mundharmonika, Keyboard und Gitarre, die bei jedem Livekonzert
spontan für Szenenapplaus sorgen dürften. Das ist er, der britische Blues des
21. Jahrhunderts – genauso aufregend und frisch wie vor 45 Jahren!
Achim Hennes
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RISERVA MOAC
La Musica Dei Popoli
(Bayla BAY006/Galileo MC, www.galileo-mc.de
)
13 Tracks, 56:07, mit Texten
Italienische Mestizobands tönen anders als diejenigen aus Barcelona, so auch
Riserva Moac aus der Region Molise. Moac leitet sich aus „Molise, Oriente,
Africa, Cuba“ ab, denkbar wären auch: Muse, Originalität, Anarchie und
„Cosmopolitica“. Die Musiker des Oktetts sehen sich als Weltbürger, die in ihrem
Reservat der Kreativität freien Lauf lassen. Insofern unterscheiden sie sich
kaum von ihren katalonischen Glaubensgenossen. Und doch – musikalisch
liegen zwischen Barcelona und Molise Welten. Von Kuba und Afrika ist auf
La Musica Dei Popoli nur wenig zu spüren, dafür gibt es umso mehr Italopop und Rock der
intelligenten Sorte, balkanische Bläser, und in einigen Liedern keltische
Einflüsse. Musikalische Schwerpunkte hin oder her, Riserva Moac möchten ihren
Spaß haben, zum Tanz aufspielen und laut ihre Weltsicht dem Publikum zurufen:
„Italien wird zum Grab der Migranten ... und der padanische Prinz, der die Angst
schürt, weiß wohl nicht, dass wir in ferner Zeit alle mal Migranten waren.“
Hätte Popmusik nur immer solche Texte! Kein Wunder, dass die Medien des Prinzen
diese Lieder boykottieren. Wir aber tanzen zu den Ohrwürmern der Riserva Moac
– und hoffentlich bald ganz Italien mit uns.
Martin Steiner
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ALASDAIR ROBERTS
Spoils
(Drag City DC392CD/Rough Trade, www.roughtrade.de
)
8 Tracks, 45:51
Alasdair Roberts hat was! Der Sohn von Dougie MacLeans Duopartner der
Siebzigerjahre, Alan Roberts, weiß auch auf seinem fünften Album zu faszinieren.
Auch wenn er andererseits keine Begeisterungsstürme auslöst – dagegen
spricht schon seine leicht weinerliche Antistimme, die jedoch zu den acht
eigenen Songs und ihrer Atmosphäre passt. Alle Melodien atmen mehr als nur einen
Hauch von Tradition. Dafür stehen schon Instrumente wie Drehleier, Dulcimer oder
Psalter. Trotz Eingängigkeit sind die Melodiebögen keineswegs geradlinig, so
baut Roberts zu häufig akustische Störfaktoren ein, zum Beispiel experimentelle
Pop- und Jazzelemente. Und dann die Texte! Keine Nabelschau, aber auch keine
einfach fassbaren Botschaften. Die Roberts gern unterstellte bizarre Poesie
möchte man gerne auch nachlesen, denn auch bei guten Englischkenntnissen kann
man seinen Ohren nicht immer trauen. Leider nicht möglich, zumindest beim
vorliegenden – abgespeckten? – Exemplar fehlten die Texte.
Eigenständig, ungewöhnlich, widersprüchlich, konsequent – Alasdair Roberts
reizt zu Auseinandersetzung. Das kann nur positiv sein.
Mike Kamp
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MARTIN SIMPSON
True Stories
(Topic Records TSCD578/Rough Trade, www.roughtrade.de
)
13 Tracks, 53:51, mit engl. Infos
Von Album zu Album gewinnt er an künstlerischer Größe, der englische Gitarrist,
Sänger und Komponist Martin Simpson. Zuerst machte er sich als kompetenter
musikalischer Partner von June Tabor einen Namen, dann als eigenwilliger
Interpret traditioneller Musik. Mit dem letzten Album, Prodigal Son
von 2007 debütierte er als Songwriter. Nunmehr ist das Verhältnis zwischen
Tradition und Selbstgeschriebenem ausgewogen. Auch der amerikanische Einfluss
ist wieder zu hören, sein dauerhaufter musikalischer Seitensprung neben seiner
großen Liebe, der britischen Musik. Sich nur auf England zu beschränken, wäre
viel zu eng für Simpson. Alles reift und entwickelt sich: sein variables
Gitarrenspiel, sein unverkennbarer Gesang und eben seine selbstverständliche
Art, sich musikalisch eigenständig auszudrücken. Ein Künstler seiner Reputation
bekommt natürlich auch die Unterstützung jeglicher Begleitmusiker, die er für
nötig erachtet. Besonders häufig dabei: Andy Cutting (Akk) und Danny Thompson
(Bass). Von Anfang bis Ende ein Genuss.
Mike Kamp
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SPEED CARAVAN
Kalashnik Love
(Realworld CDRW167/Indigo, www.indigo.de
)
14 Tracks, 59:28, mit Infos
Unfassbar. Schlichtweg unfassbar. Dass einen auf Peter Gabriels Real-World-Label
viele zuvor nie gehörte Klangerlebnisse erwarten, ist bekannt. Kalashnik Love
ist ein weiterer dieser Geniestreiche, die einem den Schlaf rauben, indem sie
musikalische Welten vereinen, die der Hörer bisher schön getrennt hielt. In
diesem Fall durch Oudmeister Mehdi Haddab, der sein Instrument zum perfekten
Melodieträger für eine Dancescheibe, eine Rockoper oder für das Montreal
Jazzfestival macht: Haddab fetzt über seine Saiten, dass man glaubt, nur noch
die Flucht nach vorn in die zusätzliche Erhöhung der Lautstärke könne einen vor
der unbändigen Energie retten. Das Herz bricht während die Tanzfüße Stakkato
stampfen und der Kopf an der Aufgabe scheitert, dass Gehörte zu begreifen.
Spätestens bei der Coverversion von Cures „Killing An Arab“ gibt man sich dem
Humor und der Virtuosität der Künstler geschlagen und fällt in nicht endend
wollende rhythmische Zuckungen. Natürlich, man muss Funk, Techno und Jazz
lieben, um in Euphorie zu verfallen. Die Platte ist durch und durch elektrisch
– und doch Folk in jeder Hinsicht. Wer die Dissidenten liebt, wird Speed
Caravan anbeten.
Chris Elstrodt
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STERZINGER
Sterzinger
(Radio Österreich Eins 2011769, http://shop.orf.at)
15 Tracks, 49:13, plus Videobonustrack, mit Infos
Der Wiener Liederpoet Stefan Sterzinger, der sich, sein neues Album und seine
bevorzugte Figur einfach nur Sterzinger nennt, begegnet öfter mal seinem lieben
Herrgott. Wenigstens einer, mit dem er mal reden kann, wo er doch ansonsten so
allein und verlassen durch die große Stadt geistert. Wienerlieder will der liebe
Herrgott hören – ja, was singt der Sterzinger denn anderes? Aber
vielleicht hat der liebe Herrgott ja Recht: Sterzinger singt halt
Sterzinger-Lieder. Mit brüchiger Stimme, angereichert um den typischen
Hans-Albers-Kiekser, trägt er puristisch zum Akkordeon seine zutiefst traurigen,
abgedreht-skurrilen Geschichten vor. Das meiste stammt aus eigener Feder, doch
ein paar Coverversionen beziehungsweise Fremdtexte sind auch dabei: „Dein ist
mein ganzes Herz“ mit der Musik von Franz Lehár zum Beispiel, „Ich glaub’, ich
bin nicht ganz normal“ (Urheberrechte unklar) oder ein von Sterzinger vertonter
Text von H. C. Artmann, „Heit bin i net munta wuan“. Alles klingt zueinander
passend, eben original Sterzinger: sehr ungewöhnlich, sehr seltsam! Wer sich
gerne mal einen Hörgenuss der etwas anderen Art gönnt, dem sei Sterzingers
morbide Austropopvariante reinen Gewissens empfohlen.
Kai Engelke
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THE SWELL SEASON
(Anti- 7048-2A/Indigo, www.indigo.de
)
Strict Joy
Promo-CD, 12 Tracks, 49:12
Ihr Song „Falling Slowly“ aus dem Film Once hat ihnen
2008 einen Oscar eingebracht – wie schließt das Duo der
Tschechin Marketa Irglova (Kl, Ges) und des Iren Glen Hansard (Git, Ges) daran
an? Mit einem athmosphärisch dichten Album voll Kompositionen, die mal üppig,
mal reduziert instrumentiert sind, getaucht in bezaubernde akustische
Stimmungen. Das kommt oft wie Singer/Songwriter aktueller Machart daher,
genauso häufig aber wie Sechzigerjahre-Folk mit Anklängen an Pentangle oder die
Incredible String Band. Der Auftakt „Slow Rising“ strahlt große Gelassenheit
aus, entfaltet sich nach und nach, sanfte Bläser kommen dazu, Streicher, Piano,
Querflöte. Die Aufzählung mag nach Überproduktion klingen, aber alles ist
geschmackvoll dosiert und fern jeder Völlerei. Den Kern der Musikerriege stellt
Hansards Band The Frames, dazu kommen Leute wie Gitarrist Javier Mas, Pianist
Thomas Bartlett sowie die Bläser Steven Bernstein und Clark Gayton. Für die
Produktion sind Hansard und Peter Katis verantwortlich. Manchmal, etwa bei
„Fantasy Man“, hört sich das wie ein alter Leonard-Cohen-Song an. Oder es lässt
Nick Drake aufleuchten. Ideale Musik für die Stunden nach Mitternacht.
Volker Dick
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SEÁN TYRRELL
A Message Of Peace
(Longwalk Muisc LMCD 006, www.seantyrrell.com
)
Do-CD, 35 Tracks, 107:49
Der raubeinige irische Sänger, dessen Songs musikalisch häufig sehr einfach
gestrickt und weit vom kongenialen Zusammenspiel von Melodie und Text etwa eines
Bob Dylan entfernt sind, konnte dem Rezensenten bisher noch nicht so viel sagen.
Diesmal aber ist es ihm gelungen, aus seiner Stimmgewalt und seinem Talent als
„Storyteller“ wirklich Kapital zu schlagen. „The Life of John Boyle O’Reilly in
Song and Story“ – so der Untertitel des Albums -, der charmant-gelungenen
hörbuchartigen Aufarbeitung einer realen Figur irisch-amerikanischer Geschichte,
lässt sich sehr gut zuhören. Nach den einzelnen Kapiteln hört man das in sich
gekehrte Zupfen auf dem Mandocello – ein Vorläufer der modernen irischen
Bouzouki, der von Gibson in den Vierzigerjahren gebaut wurde, ein wunderbares
Instrument – und dazu in rezitativem Stil dargebotene Vertonungen zum
Thema passender Gedichte, zum Teil aus der Feder des sozial engagierten
Protagonisten der Geschichte (1844-1890) selbst. Bisweilen gibt es musikalische
Unterstützung von Hammondorgel, Bass und Gitarre, einige Songs sind bereits auf
anderen Platten in anderem Zusammenhang zu hören gewesen. Eine sehr spezielle
Produktion, die Zeit und Ruhe bedarf.
Johannes Schiefner
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ELISABETH VATN
Piper On The Roof
(Grappa Musikkforlag HCD7215/Galileo MC, www.galileo-mc.de
)
9 Tracks, 41:56, mit norw. Liedtexten u. engl. Infos
Ihren ersten einfachen Dudelsack kaufte die norwegische Musikethnologin
Elisabeth Vatn 1993 in Mazedonien. Fasziniert von dem aus früheren Kulturen
bekannten Instrument, fand sie schnell heraus, dass die „Säckpipa“ bereits im
Mittelalter, also noch lange vor der Fiddlezeit, auch in Schweden sehr
verbreitet war. Sie erforschte die verschiedenen Formen und Spielweisen, und da
nur wenige traditionelle Stücke für Dudelsack in notierter Form vorliegen,
sammelte sie sich ein Repertoire zusammen, indem sie mit vielen
Dudelsackspielern Kontakt aufnahm und von ihnen lernte. Piper On The Roof
enthält drei traditionelle Stücke, der Rest sind eigene grenzüberschreitende
Kompositionen. Die technische Weiterentwicklung der Säckpipa in Schweden seit
den Achtzigerjahren ermöglichte die Integration vieler Elemente aus Klassik,
Improvisierter, Folk- und Weltmusik. Vatns Mitmusiker unterstützen sie mit
vielen Ideen und teilweise exotischen Instrumenten. Unter den vier Liedern des
Albums findet sich Samisches, wie in „Dušše Oktii“ und „Bjørka“, dann der
bekannte irische Song „Danny Boy“, hier mit norwegischem Text und einem sehr
schön traurigen Dudelsackvorspiel, und das wunderbare Schlaflied „Bagcarolle“.
Ein ganz besonderes Album.
Bernd Künzer
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ZUM
Zum Plays Piazzolla
(CMG Records CMG020, www.zum.org.uk
)
13 Tracks, 59:40, mit engl. Infos
Seit Bands wie Tango Siempre weiß man, dass nicht nur aus Paris oder Berlin
spannendes Neues zum Tango beigetragen wird, sondern auch aus London. Diesen
fünf Instrumentalisten gelingt es, mit viel Fantasie und Virtuosität die Grenzen
des ohnehin schon grenzüberschreitenden Tango-Modernisierers Astor Piazzolla
noch weiter hinauszuschieben. Neun seiner teils hinlänglich bekannten Stücke
werden mit Piano, Geige, Bass, sowie – anders als Gitarre und Bandoneon in
Piazzollas Quintettformat – mit Cello und Akkordeon ganz unforciert
aufgebrochen, teils melodisch oder rhythmisch variiert und erweitert. Organisch,
bisweilen fast unmerklich und doch hörbar sind einige Wechsel zwischen den
Tango- und Jazzstrukturen. Die von Zum-Pianist und -Violinist mit viel
Piazzolla-Atem versehenen, vier neuen, Eigenkompositionen fallen gar nicht auf
inmitten der Materia Prima dieses respektvollen, freiheitsliebenden Tributs an
den Begründer des Nuevo Tango. Diese knappe Stunde wird allen überraschend
kurzweilig erscheinen, die außer einem offenen Ohr für Tango Spaß haben am
gekonnten Experimentieren mit dieser charismatischen Musik. Den hatten offenbar
auch die fünf Musiker unterschiedlichster Hintergründe.
Katrin Wilke
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FOLKER auf Papier
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