HEIMSPIELDie Instrumentenbauer im Vogtland waren einmal führend auf dem Weltmarkt. Der Folker wollte wissen, ob sie heute an ihre glorreiche Vergangenheit anknüpfen können. Kay Reinhardt ist deswegen in die auch als „Musikwinkel“ bezeichnete vogtländische Region um Klingenthal, Markneukirchen und Bad Elster gefahren. Dies ist sein siebter und letzter Heimspielbeitrag zu diesem Thema. AUF DIE MISCHUNG KOMMT ES ANZwei Meister in Geigenbau und -spielVater und Sohn Schlegel
Hoch über dem Zentrum von Erlbach im Vogtland lebt die Geigenbauerfamilie Schlegel. Ihre Meisterwerkstatt liegt in schöner Hanglage. Manchmal ziehen die Wolken so tief, dass man die Engel zum gemeinsamen Musizieren heranrufen könnte. Im Schlegel-Häuschen, von dem aus man weit ins Tal blicken kann, hängt der Himmel nicht voller Geigen. Ein paar restaurierte Violinen im Regal, am Boden ein Cello. Einfach, bescheiden und zweckmäßig ist die kleine Werkstatt eingerichtet. Sie hat gerade so viel Raum, wie zwei Männer zum Arbeiten brauchen. Ein Werkstattbesuch, der ahnen lässt, wie die ersten Geigenbauer im sächsischen Musikwinkel vor 350 Jahren arbeiteten. TEXT: KAY REINHARDT Schnitzmesser, Stechbeitel, Sägen, Feilen, Zwingen, Polierpulver, Pinsel, Fläschchen und vieles andere mehr liegt, steht und hängt griffbereit an seinem festen Platz. Der Leimtopf köchelt auf Sparflamme. Vier geschickte Hände schnitzen und schleifen mit Gefühl. Es sind die Hände von Vater Klaus und Sohn Frank Schlegel, die seit 1984 zusammenarbeiten. Sie haben viel zu tun. Eine Lieferung neuer Geigen an die Musikinstrumentenhandwerker-Genossenschaft Markneukirchen (MIGMA eG) steht bevor. Die organisiert den Export der neuen Instrumente. Viele davon gehen nach Japan. Darüber sind Schlegels froh, denn die Zahlungsmoral der Käufer in Fernost ist sehr gut. Die Lieferung geht erst ab, wenn das Geld auf dem Konto ist. Jeder Zulieferer muss die von ihm zugesagte Anzahl an Instrumenten termingerecht liefern, sonst platzt der gesamte Auftrag. Es ist schon vorgekommen, dass Kollegen vorbestellte Instrumente an besser zahlende Privatkunden verkauft haben. Damit gefährden sie den guten Ruf und die Existenz der ganzen Genossenschaft. Die Endkunden bleiben den Meistern unbekannt; ganz klar, denn die Zwischenhändler haben kein Interesse an einem direkten Kontakt. Dadurch gibt es für Exportinstrumente auch keine Wartungsverträge. Geiger sind treue KundenViele sächsische Berufsmusiker spielen auf Schlegel-Geigen. Nach der Wende kamen vor allem Musiker aus der Region Hof, Bayreuth und Kulmbach dazu. Pro Jahr bauen die beiden Schlegels über zwanzig neue Geigen. Ihre Hauptkunden sind klassische Orchestermusiker. Frank Schlegel sagt: „Geiger sind in der Regel konservative Leute und lebenslange, treue Kunden. ...“ ... mehr im Heft
Solingen – die Stadt im Bergischen Land ist seit dem Mittelalter als Zentrum der deutschen Klingen-, Messer- und Schneidwarenindustrie bekannt. Die Qualität Solinger Klingen ist sprichwörtlich. Aber was, bitteschön, führt den ambitionierten Gitarrenpicker, Banjofrailer oder Mandolinenchopper in die Neuenhofer Straße im verträumten Stadtteil Höhscheid? Qualität! Und die findet er seit 2003 in Oliver Waitzes New Acoustic Gallery (NAG). TEXT: ULRICH JOOSTEN
Die NAG ist auch – natürlich – ein Musikalienhandel. Aber nicht nur. Was diesen Laden so besonders macht, sind das Angebot durchgehend hochwertiger Instrumente sowie die international hochkarätig besetzten Workshops und Konzerte, die seit Jahren Teilnehmer aus ganz Deutschland und darüber hinaus anlocken. In wunderschönem Ambiente in einem Eckhaus aus dem 16. Jahrhundert untergebracht, verfügt die New Acoustic Gallery über verschiedene Räume, in denen Instrumente mit edlen Hölzern und klangvollen Markennamen wie Santa Cruz, Oskar Graf, Beneteau, Collings, Bourgeois, Dupont, Deering oder Prucha in aller Ruhe angetestet werden können. Und es gibt einen kleinen, gemütlichen Saal, in dem die Konzerte und Workshops stattfinden. Musikalienhandlungen gibt es wie Sand am Meer, auch solche, die Konzerte veranstalten oder in denen man Unterricht nehmen kann. Das Besondere in Solingen ist, dass Oliver Waitze kompromisslos auf Qualität setzt. Das gilt für Instrumente, aber auch für Dozenten und konzertierende Künstler. Waitze bietet fachkundige Beratung und verkauft nur Instrumente, die er selber spielt und von denen er in der entsprechenden Preisklasse überzeugt ist. „Bei nachlassender Qualität fliegt das ‚nachlassende‘ Instrument sofort aus dem Angebot.“ ... mehr im Heft
Was haben Blues, Jazz und Folk mit Johann Sebastian Bach zu tun? Alles Genannte hat in Eisenach ein Zuhause. Die Wartburgstadt ist nicht nur Bachs Geburtsort, auch Horst Lippmann (1927-1997) – Partner im legendären Produzentenduo „Lippman + Rau“ – kam von dort. Bis vor Kurzem fast unbemerkt, ist in dem Zusammenhang in den vergangenen zehn Jahren in Eisenach eine einzigartige Sammlung zum frühen Jazz und Blues in Europa und den USA zusammengetragen worden. Für Reinhard Lorenz, der gemeinsam mit Daniel Eckenfelder, einem Unternehmer aus Süddeutschland, das International Jazz Archive Eisenach leitet, ist Johann Sebastian Bach ohnehin der „erste Jazzer“, und den 1959 entstandenen Jazzclub Eisenach versteht er als „Gegenpol zum Bachhaus“. TEXT: MICHAEL KLEFF Reinhard Lorenz zitiert gerne Chris Strachwitz, wenn er über Musik spricht. Der Arhoolie-Records-Gründer habe einmal gesagt, Musik sei immer das Ergebnis der Eigenart einer Landschaft, in der sie geboren werde. Und das thüringische Mittelgebirge habe Platz für Bach und Armstrong. Während Bach schon seit 1907 – seit zwei Jahren in einem neuen Gebäude – sein eigenes Museum hat, eröffnete das Jazzarchiv erst 1999 im Industriedenkmal Alte Mälzerei, das bereits seit 1988 auch dem Jazzclub als Bleibe dient. Heute beherbergt es mehr als achtzigtausend Schellack- und Vinylschallplatten, CDs, Tonbänder, Filme und Videos. Etwa sechzigtausend Fotografien, Programmhefte, Konzertplakate, Briefe und Musikinstrumente vervollständigen den Fundus. Noch ist lange nicht alles notiert und archiviert. Das Material stapelt sich in Kisten und Regalen. Die ersten Sammlungsstücke stammen aus dem Nachlass des Blues- und Jazzpioniers Günter Boas (1920-1993). Darüber hinaus beherbergt das Archiv Sammlungen unter anderem von Hazy Osterwald, Horst Lippmann und dem für viele Konzertposter verantwortlichen Designer Günther Kieser. ... mehr im Heft |
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