FOLKER – Rezensionen

Rezensionen Nordamerika


ELIZABETH COOK
Balls

(Continental Song City CSCCD 1051/31 Tigers Records/Continental Record Service/In-akustik, go! www.in-akustik.com )
11 Tracks, 32:56, mit knappen engl. Infos

Typisch amerikanisch in einem Sinn, der vielen von uns Kulturmenschen in der Alten Welt sicherlich quer reingeht, sind das altmodisch weiblich schrille Organ der 37-jährigen Mainstream-Countrysängerin aus Florida, ihr glattpoliert biederes Barbie-Äußeres komplett mit großer Welladingsbums-Frisur und ihr Hochhalten längst überkommener Gute-Laune-Konventionen, selbst wenn davon gesungen wird, wie gerade alles, aber auch alles in Bruch geht. Typisch amerikanisch in einem Sinne, von dem immer wieder gesagt wird, dass ein bisschen mehr davon hierzulande kein bisschen schaden könnte, ist dagegen die hohe Professionalität in jeder Beziehung! Die fast ausnahmslos selbstgeschriebenen, knackig auf den Punkt und keinen Millimeter darüber hinaus formatierten Songs dieses vierten Cook-Albums verfügen allesamt über eingängige Melodien und nachvollziehbare und verständlich gesungene Texte, gern auch mit einem Schuss allgemeinverträglichem Humor. Produzent Rodney Crowell hat eine Vollprofiband amtlich produziert, mit gelegentlichen instrumentalen Farbtupfern, aber ohne jede Angeberei. Und mit „Sunday Morning“ von Velvet Underground auf Country ist selbst die Coverabteilung ein Volltreffer.

Christian Beck

 

ELIZABETH COOK – Balls


DANNY SANTOS
Say You Love Me Too

(Brambus Records Brambus 200949-2/H'Art Musik Vertrieb, go! www.hart.de )
13 Tracks, 41:15, mit engl. Texten

Manchmal ertappt man sich bei der Hoffnung, nach dem Starten eines Albums den neuen Townes van Zandt zu entdecken – was natürlich grober Unfug ist. Mit einem solchen Maßstab ließen sich Künstler wie der Texaner Danny Santos gar nicht gerecht beurteilen. Der direkte Vergleich zur Orientierung fördert einen Mangel an Tiefe und Bitterkeit zutage – der Texaner Santos liefert zumeist bekömmliche Kost, schon oft gehörte Geschichten vom Unterwegssein, betrogener Liebe und der Tragik des Lebens. Doch obwohl der letzte Biss und das raue Moment fehlen, bietet der Songschreiber und Gitarrist mit seinem vierten Album eine hörenswerte Sammlung, dezent instrumentiert mit Mandoline, Bass, Banjo, Keyboards und einmal einem Cello. Die musikalischen Stimmungen reichen von der einschmeichelnden Tex-Mex-Ballade „Say You Love Me Too“ im Opener über den düsteren Schleusersong „El Coyote“ bis zu Blues, Bluegrass und Western Swing. Der Klassiker „Sittin’ On Top Of The World“ beispielsweise wird bei Danny Santos zu einem beschwingten Mitwipper. Das alles bleibt nicht frei von textlichen und musikalischen Klischees. Aber zur Abwechslung ist auch mal gegen entspannte vierzig Minuten letztlich nichts einzuwenden.

Volker Dick

 

DANNY SANTOS – Say You Love Me Too


TINY VIPERS
Life On Earth

(Sub Pop SPCD 836/Cargo Records, go! www.cargo-records.de )
11 Tracks, 64:39, Booklet mit englischen Texten

Das zweite Album der US-Amerikanerin Jesy Fortino aka Tiny Vipers ist genau das Richtige für den Herbst. Minimalistischer Folk. Unbefleckt von technischem Schnickschnack, mythisch-schwermütig kommen die Lieder der 26-Jährigen daher. Nur sie und die Gitarre treten auf, geben sich einer fließenden Melancholie hin. Am Stück gehört ergibt sich ein extrem homogener Klangfluss, der wenige Hochs und Tiefs kennt. Das Tempo ist durchgehend adagio, langsam und ruhig. Die Stimme macht keine großen Sprünge, ist satt und tief, hält Töne auch gerne mal lange aus, kurze Phrasen werden wiederholt und leicht variiert erneut gespielt. Fast alles ist selbsterdacht – nur „Young God“ nicht -, handgemacht und zu Hause in Seattle eingespielt worden. Im texanischen Austin wurde es dann von Andrew Hernandez so pur und organisch wie möglich umgesetzt. Wie schon auf dem ersten Album Hands Across The Voids ist das Cover dunkel und nur durch Dämmerlicht und Lagerfeuer erleuchtet. In dieser Atmosphäre bewegt sich Tiny Vipers schwerelos. Dort gehört sie eindeutig hin.

Sarah Habegger

 

TINY VIPERS – Life On Earth

Update vom
09.02.2023
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