LABELPORTRÄT 41
Indies Scope
Avantgardistische Spielwiese für Folkcrossover in Tschechien
TEXT: HANS-JÜRGEN LENHART
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Sollte tatsächlich noch jemand glauben, aus Tschechien käme nur bierselige Blasmusik, dann sollte man ihm mit dem Musikangebot
des tschechischen Labels Indies Scope wohl für immer derartige Klischees aus den Ohren blasen. Das im mährischen Dolní Loucky
nahe Brno, dem ehemaligen Brünn, ansässige Unternehmen zeigt, dass in Tschechien nach 1989 nicht nur reale Grenzzäune, sondern
auch die musikalischen Grenzen von Folklore auf abenteuerlichste Weise eingerissen wurden.
„Wir starteten 1989 als Plattenladen und ließen ein Label namens Indies Records
zunächst nebenher laufen. Dann veröffentlichten die Gründer Milan Páleš und
Miloš Gruber 1995 darauf das erste Album der wohl wichtigsten Nonkonformisten
aus der Zeit vor dem Zusammenbruch des Kommunismus, der Gruppe U Jsme Doma.
Damit begann die Labelarbeit das Wichtigste zu werden“, weiß der heutige
Indies-Scope-Manager Premysl štepánek zu berichten. „Nach dem Ende des
Kommunismus gab es völlig neue Musiker und Festivals. Plötzlich kamen die
bekanntesten Acts der ganzen Welt zu uns. Dies wirkte als enormer Kick für die
Szene, und so dehnte sich unser Angebot in alle Stilrichtungen aus.“ Wegen
unterschiedlicher musikalischer Ansichten trennten sich die Gründer Ende 2006.
Milan Páleš und štepánek machten aus Indies Records dann Indies Scope.
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Mit dem Ende des Kommunismus bekamen insbesondere Folkloregruppen Auftrieb, die
entgegen den geschmäcklerischen Vorgaben des Regimes entweder mehr nach
ursprünglicher Folklore oder auch nach Verbindungen von Folk mit Rock und Jazz
suchten. Beide Tendenzen vereint bis heute das bei Indies Scope ansässige,
berühmte mährische Folk- und Tanzensemble Hradištan um den Geiger Jirí Pavlica,
das es bereits seit den Fünfzigerjahren gibt. Ihr Hauptinstrument ist das
Cimbalom. Mit dem Album
Chveni
schuf Pavlica ein dramatisches musikalisches Nationalepos über die Entwicklung
kultureller Identität und lud als Gäste das philharmonische Orchester Brno,
Trommler und Kehlkopfsänger ein. Derart engagierte Projekte in Verbindung mit
klassischen Orchestern hat das Label schon öfter, zum Beispiel mit den
verrückten Experimentalfolkern von Jablkon realisiert.
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