Was fällt Ihnen zuerst ein, wenn Sie an den Iran denken? Islamische Revolution? Mullahherrschaft? Wächterrat? Namen wie Khomeini, Khamene’i, Ahmadinejad, Mussawi? Staatsterror gegen die Opposition? Geheime Atomwaffenprojekte? Kopftuchpflicht für Frauen? Oder gar die Achse des Bösen? Oder wie steht es mit Namen wie Hafes, Rumi, al-Halladsch? Oder mit Mahsa und Marjan Vahdat? Text: Michael A. Schmiedel Wenn Ihnen die erstgenannten Namen und Begriffe vertraut sind, die letztgenannten fünf Namen aber nichts sagen, sind Sie wahrscheinlich ein aufmerksamer Nachrichtenverfolger oder eine am Zeitgeschehen interessierte Zeitungsleserin, aber es entgeht Ihnen doch die kulturelle Dimension dieses Landes, dessen Geschichte viel weiter zurückreicht als in das Revolutionsjahr 1979 oder auch in die Zeit des von der Revolution vertriebenen Schahs Pahlavi und dessen Kultur viel reichhaltiger ist, als die Nachrichtenbilder und Zeitungsartikel es uns vermitteln.
Botschafterinnen dieser tieferen Dimension ihrer Heimat sind die Schwestern Mahsa und Marjan Vahdat, zwei junge Frauen, geboren 1973 und 1976 in Teheran. Die Botschaft, die sie vermitteln hat wiederum zwei Dimensionen und zwei Zielgruppen. In einer Familie aufgewachsen, die der islamischen Revolution nicht anhing, erlebten sie das neue Regime als eines, das dem eigenen Leben enge Grenzen setzt, zu enge. Dass auch die Pahlavi-Herrschaft keine war, die die Menschenrechte achtete, soll hier nicht geleugnet werden, aber in mancher Hinsicht bot sie nach westlichem Vorbild seinen Bürgern Freiheiten, die ihnen die Mullahs wieder nahmen. Zu diesen Freiheiten gehörte nicht nur die Möglichkeit, sich als Frau ohne Kopftuch in der Öffentlichkeit zu bewegen, sondern auch, als Sängerin öffentlich aufzutreten. Letzteres hat sehr wohl eine lange Geschichte im Iran. Heute hingegen gilt die weibliche Stimme den Sittenwächtern als zu erotisch, um sie der Öffentlichkeit zuzumuten, ebenso wie das weibliche Haar. Auch für die Vahdat-Schwestern wird da keine Ausnahme gemacht. Das öffentliche Spielen von Instrumenten ist ihnen erlaubt, aber wenn sie im Iran singen, dann in privaten Räumen oder allenfalls in kleinen Sälen mit nur weiblicher Zuhörerschaft. „Ich denke nicht, dass wir dadurch irgendetwas Illegales tun. Wir treten nicht öffentlich auf im Iran, und so tun wir gar nichts gegen das Gesetz“, meint Mahsa Vahdat. Aber sie singen im Ausland, in Norwegen, in Italien oder in Deutschland, wo Marjan in Köln Musikwissenschaft studiert und wo beide in Rudolstadt auf dem TFF in der Stadtkirche ein Konzert gaben, begleitet von Mahsas Ehemann Atabak Elyasi an der Langhalslaute Setar, Pasha Hanjani an der Flöte Ney und Ali Rahimi an der Rahmentrommel Daf. ... mehr im Heft |
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